Schwarzenbek. Schwarzenbeker will seinen Beitrag zu Energiewende leisten und verzweifelt an den Regeln. Warum seine PV-Anlage schuld sein soll.
- Schwarzenbeker rüstet Eigenheim mit Solarzellen und Balkonkraftwerk auf und speist Energie in öffentliches Stromnetz ein – das versprochene Geld dafür bleibt aber aus.
- Stattdessen soll Balkonkraftwerk plötzlich wieder vom Netz genommen werden.
- Was der Gesetzgeber mit seiner Situation zu tun hat.
Schwarzenbek. „Als ich mein Balkonkraftwerk im August 2022 installiert habe, wollte ich meinen Teil zur Energiewende beitragen“, sagt Jürgen Werner. Mit zwei Solarpanels auf der Garage hat für den Schwarzenbeker alles angefangen. Es habe ihm Spaß gemacht, selbst Strom zu produzieren und so weniger auf fossile Brennstoffe zurückgreifen zu müssen. Daher habe er im vergangenen Jahr 30.000 Euro in die Hand genommen und das Dach seines Hauses mit Solarzellen ausgestattet sowie einen Energiespeicher installiert. Eine Förderung hat er dafür nicht in Anspruch genommen. Seitdem ist aber aus dem Spaß in erster Linie Verärgerung geworden. „Was ich seitdem erlebe, ist der reine Irrsinn“, sagt Werner.
Er habe im Sommer 2023 die Solaranlage auf dem Hausdach gesetzeskonform angemeldet, berichtet Werner. Das Balkonkraftwerk erzeugte in den zwölf Monaten zuvor circa 565 Kilowattstunden Solarstrom – rund ein Siebtel des Bedarfs von Jürgen Werner. Daher nutzt er auch Strom aus seiner Photovoltaikanlage und speist zudem einen Teil der erzeugten Energie in das öffentliche Stromnetz. Eigentlich soll er dafür rund acht Cent von der Schleswig-Holstein Netz AG (SH Netz) erhalten. Das ist aber so nicht passiert.
Energiewende: Schwarzenbeker soll Balkonkraftwerk abschalten – wegen 0,26 Cent
„In einem Telefonat mit zwei Mitarbeitern habe ich gesagt bekommen, dass ich mein Balkonkraftwerk wieder vom Netz nehmen muss. Sonst bekomme ich den eingespeisten Strom aus der anderen Anlage nicht vergütet“, so Werner. Dies sei nötig, da es sonst zu einer Vermischung von förderfähigen und nicht förderfähigen Strommengen komme und die Quellen nicht differenziert werden könnten. Aber: Jürgen Werner hat nie eine Förderung in Anspruch genommen, wie er betont. Auf Nachfrage sei ihm gesagt worden, dass das nun mal so vorgeschrieben sei. „Ein entsprechendes Gesetz wurde mir trotz Nachfrage aber nicht gezeigt“, sagt der Schwarzenbeker.
Wie Christine Hansen, Pressesprecherin von SH Netz, gegenüber unserer Zeitung erklärt, sei hier der Begriff „förderfähig“ falsch interpretiert worden. „Förderung ist hier nicht mit Fördermitteln gleichzusetzen“, sagt Hansen. Stattdessen verstehe man unter Förderung die Vergütung des Stroms aus privaten Solaranlagen. Und genau hier liegt das Problem: Gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) werden Strom aus Balkonanlagen und PV-Anlagen auf Dächern unterschiedlich vergütet. Für Strom von Balkonanlagen sind 8,6 Cent pro Kilowattstunde fällig, für Energie aus PV-Dachanlagen 8,34 Cent – ein Unterschied von 0,26 Cent.
Energiewende: Aufrüstung von Balkonkraftwerk würde weitere Kosten verursachen
Dass es sich hier um eine extrem niedrige Differenz handelt, sieht auch Christine Hansen. Sie betont jedoch, dass bei älteren PV-Anlagen die Vergütung bei über 30 Cent pro Kilowattstunde liegen kann. „Hier ist der Unterschied jedoch erheblich und der Gesetzgeber beabsichtigt, Mauscheleien vorzubeugen, indem eine gut vergütete ältere PV-Anlage physikalisch durch ein Balkonkraftwerk erweitert wird.“
Und wie sieht die Lösung aus? Wie die Pressesprecherin erklärt, bräuchte Jürgen Werner einen weiteren Zähler für sein Balkonkraftwerk, der von einem Fachmann installiert werden müsste. Aber, räumt sie ein: „Das wäre nicht wirtschaftlich, da allein für den zusätzlichen Zähler ein zusätzliches Messstellenentgelt anfallen würde, das die Einspeisevergütung übersteigen würde.“ Andernfalls könne das Balkonkraftwerk auch elektrotechnisch in die PV-Dachanlage integriert und dort fest mit angeschlossen werden. Ein Schritt, der jedoch auch mit Kosten verbunden wäre.
Gesetzgeber bremst Energiewende aus
Sollte Jürgen Werner sich gegen diese beiden Optionen entscheiden, müsse er die Anmeldung seines Balkonkraftwerks stornieren. Das bedeutet, dass diese komplett vom Netz genommen werden muss. Da aus Sicherheitsgründen die Grundspannung des öffentlichen Netzes benötigt wird, erlaubt der Gesetzgeber keine sogenannten Insellösungen, bei denen die Anlage autark nur für den Eigenbedarf genutzt wird.
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Für Jürgen Werner ist das Vorgehen des Gesetzgebers nicht nachvollziehbar. „Die wollen, dass man mit voller Kraft Solarstrom erzeugt, aber ich soll meine Anlage vom Netz nehmen“, sagt er. Dabei ärgere ihn besonders, dass die Probleme nur entstanden seien, da es sich um zwei separate Anlagen handelt. „Wenn meine Anlage auf dem Dach zwei Panels mehr hätte, wäre das kein Problem“, sagt er.
Seitdem Jürgen Werner seine Solaranlage ans Netz angeschlossen hat, hat diese 1,58 Megawatt Strom erzeugt. Davon seien 1,1 Megawatt in das Netz geflossen. Bei einer Vergütung von acht Cent pro Kilowattstunde ergibt das rund 88 Euro. „Doch um das Geld geht es mir nicht wirklich“, sagt er. „Vielmehr geht es darum, dass es bei der Förderung von erneuerbaren Energien nicht gerecht zugeht.“ Wie Sprecherin Christine Hansen sagt, gebe es verschiedene Überlegungen der Politik, um die Nutzung von Solaranlagen zu vereinfachen. „Das EEG wird stetig weiterentwickelt. In Zukunft könnten also durchaus auch andere Regeln gelten“, sagt sie.