Harburg. Trotz Baukrise entstehen im Bezirk Harburg neue Wohnungen und Büroraum, auch 2024. Manch große Planung steht aber schon auf der Kippe.

Trotz schlechter Baukonjunktur und Insolvenzen in der Immobilienbranche wurden in fünf großen Bauprojekten in Harburg in diesem Jahr fast 500 Wohnungen bezugsfertig. Andere sind im aktuell in Bau. Und für weitere große Projekte ist der Baustart Anfang 2024 fest eingeplant.

Bereits zur Jahreswende 2022/23 wurden die 94 Saga-Wohnungen an der Knoopstraße bezogen. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft hat dort auch ein Quartiersbüro eingerichtet. Die größten Gewerberäume im Erdgeschoss an der Ecke zum Harburger Ring belegte das Sozialkontor und schuf dort den „Treffpunkt Hamburg Süd“ für Menschen mit körperlichen oder geistigen Handicaps. Der Fahrradspezialist Bakkie richtete an der Knoopstraße ein Ladengeschäft mit Werkstatt, Vermietung und Verkauf ein.

Neugraben: 84 Wohnungen am Quartierseingang zum Vogelkamp

Am Eingang zum neuen Wohnquartier Vogelkamp Neugraben sind im Frühjahr zwei achtgeschossige Wohntürme fertig geworden. Sie bieten jeweils 42 Wohneinheiten und Gewerbeflächen in den Erdgeschossen. Die Gebäude liegen direkt an der S-Bahn-Station und bilden das markante Entrée in das weitgehend fertig gestellte neue Wohnviertel. Nur direkt an der S-Bahn und etwas nördlich der Trasse wird derzeit noch ein letzter Bauabschnitt geplant: das Projekt Königswiesen mit 44 Wohnungen in Reihen- und 337 in Mehrfamilienhäusern.

Im Oktober wurden im Harburger Binnenhafen 174 kleine Studentenapartments bezugsfertig. Das Gabriel Riesser Haus an der Theodor-Yorck-Straße 29 wird von der gemeinnützigen Stiftung FDS betrieben, deren Hauptzweck es ist, bezahlbaren Wohnraum für Studierende zu schaffen. Die rund 20 Quadratmeter großen Mini-Wohnungen sind, inklusive aller Nebenkosten, für Monatsmieten von 635 Euro zu haben, geförderte, barrierefreie Zimmer ab 510 Euro.

Wohnbeispiel für die 174 Mini-Apartments des Gabriel Riesser Hauses an der Theodor-Yorck-Straße 29.
Wohnbeispiel für die 174 Mini-Apartments des Gabriel Riesser Hauses an der Theodor-Yorck-Straße 29. © Harburg | Florian Schlebusch

Wohnen in HafenCity-Qualität direkt am Wochenmarkt

Ebenfalls im Herbst sind die ersten Mieter in die 77 Seniorenwohnungen eingezogen, die am Harburger Wochenmarkt Sand entstanden sind. „Wir haben hier in HafenCity-Qualität gebaut“, sagt Edward T. Martens, Vorstand vom Bauherrn AVW Immobilien. Noch nicht alle Wohnungen sind vergeben – die Kaltmiete liegt zwischen 17,50 und 23,60 Euro pro Quadratmeter. Die Senioren haben im Haus einen Ansprechpartner für ambulante Pflegeleistungen, eine großzügige Dachterrasse und Gemeinschaftsräume.

Projekt des Eisenbahnbauvereins Harburg an der Bremer Straße: Die ersten 50 Wohnungen sind fertig, 95 weitere folgen im zweiten Bauabschnitt (Bild).
Projekt des Eisenbahnbauvereins Harburg an der Bremer Straße: Die ersten 50 Wohnungen sind fertig, 95 weitere folgen im zweiten Bauabschnitt (Bild). © Harburg | Gerber Architekten/EBV

Ebenfalls fertig geworden ist der erste Bauabschnitt des Projekts Bremer Straße vom Eisenbahnbauverein (EBV) Harburg. 50 Wohnungen in zwei Gebäuden werden gerade bezogen. Der zweite Bauabschnitt mit weiteren 95 Wohneinheiten soll im ersten Quartal 2024 folgen. Es sind fast ausschließlich geförderte Wohnungen, um das Mietniveau trotz gestiegener Baukosten und Zinsen für die Mitglieder der Genossenschaft bezahlbar zu halten.

Richtfest am Harburger Ring: Ende 2024 werden 234 Wohnungen bezugsfertig

Noch nicht bezugsfertig, aber in vollen Gange ist der Wohnungsbau auf der Fläche des ehemaligen Harburg Centers am Harburger Ring 6. Dort wurde im November Richtfest gefeiert. Bis Ende 2024 werden hier 234 Wohnungen entstehen, dazu ein Supermarkt und Freizeiteinrichtungen. Die Wohnungen werden unter dem Namen Canvas Living vermarktet.

Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen hält zum Richtfest eine Rede. Im Hintergrund: Greystone-Manager Marco Metge.
Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen hält zum Richtfest eine Rede. Im Hintergrund: Greystone-Manager Marco Metge. © Harburg | Lars Hansen

Der Eigentümer, der Immobilienkonzern Greystar hat als Zielgruppen junge Berufstätige, Paare und Studenten im Visier. Es wird recht hochwertig gebaut, inklusive gemeinschaftlich genutzten Dachterrassen, Waschraum, Yoga-Angebot und Fitnessstudio. Das hat seinen Preis: Für die Ein- bis Vier-Zimmer-Apartments sind Kaltmieten zwischen 18,90 und 33,50 Euro pro Quadratmeter zu zahlen.

Im Harburger Binnenhafen werden Anfang 2024 zwei große Projekte starten

Für zwei Projekte im Harburger Binnenhafen ist der Baustart sehr bald nach dem Jahreswechsel geplant. Beim Dock baut die Unternehmer-Familie Mönke (Paletten-Service Hamburg, PSH) auf dem eigenen Grundstück an der Blohmstraße ein Bürogebäude zur Vermietung mit rund 7700 Quadratmetern Fläche sowie gastronomischen Angeboten im Erdgeschoss. Nett gelegen an den Promenaden des Lotse- und des Ziegelwiesenkanals. Daneben entsteht ein Hotel des Hamburger Unternehmens Novum Hospitality. Das Mittelklasse-Hotel der Marke „the niu“ wird 146 Zimmer und 20 kleinere Apartments anbieten.

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Schräg gegenüber wird das Projekt Ankerplatz ein vier- bis sechsstöckiges Gebäudeensemble errichten, das von mehreren sozialen Institutionen angemietet werden wird. Geplant sind diverse Wohn- und Betreuungsangebote für Menschen mit Demenz oder anderen Hirnleistungsstörungen. Beide Binnenhafen-Projekte sollen 2024 und 2025 gebaut werden und in zwei Jahren bezugsfertig sein.

Hotelturm in Harburg lässt seit Jahren auf sich warten, Stillstand an der Winsener Straße

Doch auch in Harburg läuft natürlich nicht alles rund. Einige Bauprojekte lassen seit Jahren auf sich warten und sind bis heute nicht absehbar. Ein krasses Beispiel ist das Hotelprojekt am Veritaskai, für das im Herbst 2015 der Beachclub Veritas Beach weichen musste. Der prestigeträchtige Hotelturm sollte zunächst im Frühjahr 2019 eingeweiht werden. Dann wurde er noch einmal umgeplant. Auf der Homepage teilt die Lorenz Gruppe aktuell mit, dass ihr 60-Millionen-Euro-Projekt 2025 fertiggestellt sein wird. Doch auch dieses Datum ist überholt – auf der Brachfläche am Veritaskai tut sich weiterhin nichts.

Spektakulär geplant, aber bis heute nicht gebaut: Ansicht des Hotels am Veritaskai aus dem Jahr 2016.
Spektakulär geplant, aber bis heute nicht gebaut: Ansicht des Hotels am Veritaskai aus dem Jahr 2016. © Trautenhahn/BEST WESTERN Raphael Hotel Altona | Tautenhahn

In deutlich zentralerer Lage ist gerade das Projekt Winsener Straße 32–50 ins Schlingern geraten. Anfang November schloss der Rewe-Markt auf dem Areal. Der Nahversorger soll im Rahmen des Bauprojekts neue, größere Räumlichkeiten erhalten. Dazu sind ein Discounter, ein Drogeriemarkt und weitere kleine Geschäfte geplant, als Basis eines Komplexes mit stark ansteigendem Baugrund. Auf der zweiten, darüber liegenden Landschaftsebene sind 16 Mehrfamilienhäuser geplant. Aber mehr noch als die Topografie geriet der Bauherr, die Revitalis AG, in Schieflage.

Das Unternehmen ist in finanziellen Schwierigkeiten und befindet sich in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Der Ausgang des Sanierungsverfahrens werde entscheiden, ob und wann an der Winsener Straße gebaut wird, lautete kürzlich eine Stellungnahme der Revitalis AG auf Anfrage des Abendblatts. Völlig offen ist auch das Schicksal des prominentesten Harburger Leerstands: Was mit dem ehemaligen Karstadt-Gebäude im Herzen der City geschieht, wird sich bestenfalls 2024 zeigen.