Hagen. Hagener Buchhandelsriese schielt auf E-Book-Geschäft der insolventen Weltbild GmbH - und übernimmt großes Kinderkaufhaus in Münster.
Thalia, Deutschlands größtes Buchhandelsunternehmen, scheint die Kassen weiter gut gefüllt zu haben für Akquisitionen. Wie der Branchenriese mit Sitz in Hagen bestätigt, soll aus der insolventen Weltbild GmbH aus Augsburg des Investors Droege das Geschäft mit Büchern, elektronischen Büchern und e-Readern übernommen werden. „Wir haben unsere Bereitschaft am Erwerb von Vermögenswerten der Weltbild GmbH & Co. KG signalisiert und in den vergangenen Wochen die Gespräche mit dem zuständigen Insolvenzverwalter vorangetrieben. Aus diesem Grund haben wir nun einen Antrag auf Prüfung beim Kartellamt eingereicht“, erklärt eine Thalia-Sprecherin knapp. Auf der Seite des Bundeskartellamt werden die zu prüfenden Geschäftsbereiche bereits aufgeführt.
Für die Weltbild GmbH Deutschland mit Sitz in Augsburg wurde am 10. Juni dieses Jahres ein Insolvenzantrag gestellt. Die renommierte Kanzlei Schneider Geiwitz & Partner (SGP) übernahm die Insolvenzverwaltung. Vergangene Woche schließlich wurde von SGP das endgültige Aus für die Weltbild GmbH zum Ende dieses Monats bekanntgegeben. Nach Auskunft von SGP sei man mit mehreren Investoren in Verhandlungen über Verkäufe der Insolvenzmasse.
Nach Weltbild-Angaben wurden zuletzt noch 14 Filialen betrieben, darunter eine in Menden. Das Hauptgeschäft war allerdings ein umfangreiches Katalog-basiertes Versandhandelsgeschäft. Die Weltbild GmbH ist das Überbleibsel der bis zu Beginn dieses Jahrtausends führenden Buchhandelskette, die sich damals noch in Besitz der katholischen Kirche befunden hatte, rund 6000 Menschen beschäftigte und in mehr als 300 Filialen einen Milliardenumsatz erzielt hatte.
Drei Jahre nach der ersten Insolvenz 2014 stieg der Investor Droege ein. Zu dessen WB D2C Group gehört neben der Weltbild Deutschland GmbH ein Konglomerat an Marken wie buecher.de, Gärtner Pötschke oder auch die zu Beginn des Jahres aus der Insolvenz übernommene Marke Westfalia, ein Hagener Versandhandel für Werkzeuge und Gartengeräte. Inwieweit diese Tochterfirmen - ohne das Kerngeschäft, den Weltbild Buch-Versandhandel - eine Zukunft haben, scheint offen. Zu diesen Marken gehört auch die Beteiligung an Tolino (eReading), einer Marke, die 2013 von Weltbild, Thalia, Hugendubel, Bertelsmann und Telekom als Konkurrenz zum Kindle von Amazon gegründet wurde.
Hörbücher und E-Books bis Ende August sichern
Der Kauf von E-Books und Hörbüchern für den Tolino lief aber bis zuletzt über die Weltbild GmbH, die nun Ende des Monats abgewickelt wird. Wer also bei Weltbild E-Books oder Hörbücher für den Tolino gekauft hat, sollte sie bis zum 31. August herunterladen und sichern, um weiter Zugriff darauf zu haben. Darauf weist das insolvente Unternehmen auf seiner Internetseite www.weltbild.de hin.
Thalias Einkaufskasse offenbar weiter gut gefüllt
Die Geschäftsmodelle der Hagener Buchhandelskette Thalia laufen im Gegensatz zu Weltbild offenkundig sehr erfolgreich. Wie das Geschäftsjahr, das bei Thalia turnusmäßig am 30. September endet, im Zeitraum 2023/24 bei Umsatz und Ertrag genau gelaufen ist, werde erst im Herbst bekanntgegeben, heißt es von einer Thalia-Sprecherin auf Anfrage. Ganz schlecht dürfte es nicht gewesen sein. Jedenfalls scheint die Kasse für Zukäufe gut gefüllt zu sein. Der systematische Ankauf von Buchhandlungen ohne Nachfolger ist zum erfolgreichen Geschäftsmodell entwickelt worden. Mit knapp 500 stationären Buchhandlungen ist Thalia ein Riese, der immer größer wird. Damit wächst bei manchem Buchhändler wohl auch die Sorge, in Thalias Schatten nicht mehr sichtbar bleiben zu können.
Deutschlands größtes Kinderkaufhaus gehört nun auch Thalia
Thalia beschränkt sich längst nicht mehr allein auf das Thema Buch. Die Übernahme der MuKK Kinderwelt GmbH rückwirkend zum 1. Juli dieses Jahres unterstreicht, wie breit die Hagener aufgestellt sein wollen. MuKK ist nach eigenen Angaben mit rund 3200 Quadratmetern Fläche Deutschlands größtes Kinderkaufhaus und eine Einkaufsattraktion in Münster.
Neues Geschäftsmodell mit neuem Logistik- und Druckzentrum in Marl
Mit dem Bau eines großen Logistik- und Druckzentrums in Marl eröffnet Thalia nicht nur eine effiziente Distribution, sondern auch den Einstieg ins „Print on demand“-Geschäft, also das Drucken von Büchern nach Bestelleingang. Rund 100 Millionen Euro investiert Thalia in Marl. Rund 1000 Arbeitsplätze sollen dort entstehen. Laut Plan soll das Logistik- und Druckzentrum in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres bereits in Betrieb gehen.
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