Hagen/Lüdenscheid. 77 Zimmer gefällig? Da kann Matthias Helzel helfen. Schlösser, Burgen und Ruinen hat er im Angebot. Für eine ganz spezielle Klientel.

Es gibt Menschen, die möchten gerne eine Flintenschussweite Abstand zu ihren Nachbarn haben. Denen kann geholfen werden. Mit einem eigenen Herrenhaus. 34 Hektar Wald und Wiesen umgeben zum Beispiel Schloss Oedenthal im Volmetal. Das Anwesen mit 1800 Quadratmetern Wohnfläche ist verkauft. Schloss Eringerfeld in Geseke ist dagegen noch zu haben. Ein Schnäppchen. 2,8 Millionen Euro soll der Käufer für die 77 Zimmer ausgeben.

Wer möchte nicht gerne wie Prinz und Prinzessin auf dem Schloss residieren? Solche Träume werden öfter wahr, als man denkt. Denn auch im Sauerland trennen sich adelige und bürgerliche Vorbesitzer von ihren historischen Gemäuern. „Der Markt ist sehr speziell“, weiß Matthias Helzel, der hauptberuflich Schlösser verkauft. Er ist Geschäftsführer der Firma Vermittlung historischer Immobilien OHG mit Sitz im oberbayerischen Bruckmühl (www.schloss-burg-verkauf.de). Helzel hat Schloss Oedenthal erfolgreich vermittelt und kümmert sich derzeit um Schloss Eringerfeld. „Es kommt immer etwas auf den Markt“, sagt er.

Wer sind die Käufer?

Ohne Fachkenntnisse kann man Türme und Zugbrücken nicht an den Mann oder die Frau bringen. Helzel ist Burgenforscher, er kennt die meisten Burgen und Schlösser in Deutschland, gerade auch im Sauerland. Auf YouTube informiert er über besondere Baudenkmäler - und wird angefragt, wenn sich ein Burgherr trennen will oder jemand wie Dornröschen leben möchte.

Schloss Oedenthal
Schloss Oedenthal, malerisch im Volmetal auf Lüdenscheider Stadtgebiet gelegen, hat erfolgreich den Besitzer gewechselt. © Matthias Helzel / Vermittlung historischer Immobilien | Matthias Helzel / Vermittlung historischer Immobilien

„Die Verkäufer sind oft alteingesessene Familien, die merken, dass die Erben kein Interesse an dem Ding auf dem Berg in der Einöde haben. Geld lässt sich leichter aufteilen als Immobilien“, verrät Helzel. Und wer kauft? Die Russen? Die Chinesen? Schließlich geht die Sage, dass die Chinesen es aktuell besonders auf sauerländische Adelssitze abgesehen hätten. Matthias Helzel winkt ab. Er weiß nichts von Burgverkäufen an asiatische Interessenten, und er hätte das mitbekommen. „Asiatische Käufer haben ganz andere Vorstellungen, als dann die Gegebenheiten sind. Denkmalschutz ist dort völlig unbekannt.“

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Tatsächlich sind 80 Prozent der Käufer Deutsche, und unter den ausländischen Interessenten gibt es erstaunlich viele Niederländer. „Die Käufer möchten etwas Historisches erwerben, das auf flexible Art und Weise Rendite erzielen soll“, erläutert der Burgenexperte. Eher selten wollen die neuen Schlossherren selbst in dem Objekt leben. Überwiegend geht es um die Umwandlung in Seminarhäuser, Internate oder exklusive Seniorenresidenzen. „Wir haben aber auch einen Kunden, der sucht immer wieder eine Burg, der hat ein Faible dafür, in diesen historischen Gebäuden zu wohnen, wenn er in Deutschland ist.“

Der Faktor Mensch

Hinter einer Burg steckt berechenbare Bauphysik: Wie hoch ist der Sanierungsbedarf? Was haben die Voreigentümer bereits geleistet? Frisst die Heizung dem Burgherren die Haare vom Kopf? „Kompliziert sind immer die Fenster“, sagt Helzel. „Es gibt zwar Lösungen, wie man historische Fenster nachdämmen kann. Grundsätzlich muss man aber aufpassen. Bei einem Gebäude, das über Jahrhunderte in Wind und Wetter existiert hat, da kann man nicht einfach Styropor draufsetzen, dann geht die Bausubstanz schneller kaputt, als wenn es kein Dach hat.“ Und bei der Sache mit der Heizung gebe es auch viele Gerüchte. „Bei Wänden, die einen Meter dick sind, braucht man keine Angst vor dem Thermostat zu haben.“

Schloss Oedenthal / Nordseite / Haupteingang
Der Haupteingang von Schloss Oedenthal auf der Nordseite © Matthias Helzel / Vermittlung historischer Immobilien | Matthias Helzel / Vermittlung historischer Immobilien

Was die Sache kompliziert und faszinierend macht, ist allerdings der Faktor Mensch. Da gibt es die Geschichte von dem Käufer, der sich im Dorf beim Schützenfest als neuer Schlossherr vorstellte, Freibier orderte und verschwunden war, als es ans Bezahlen ging. Da gibt es Verkäufer, die einen Tag vor dem Notartermin absagen, weil sie es doch nicht übers Herz bringen, das Haus ihrer Väter wegzugeben. Und es gibt natürlich auch in der Burgenbranche Trends. „Früher hat man das so gemacht, dass man den alten Kasten loswird und das Land behält. Man steckt nie drin. Manche Käufer wollen viel Land dabeihaben, für die Holzheizung oder für die Pferde.“ Mindestens ein Hektar Fläche sollte also noch zum Gebäude gehören, um es gut verkaufen zu können. „Als neuer Schlossherr träumt man von einem großen Grundstück mit Abstand zu den Nachbarn.“

Wer es gerne klein und schnuckelig mag, ist in der Burgenszene falsch. „Manche Käufer haben schon den Drang, auf mehreren 1000 Quadratmetern zu wohnen“, bilanziert Matthias Helzel. „Mit bis zu 1500 Quadratmetern Wohnfläche kann ich mehr Interessenten ansprechen als mit 10.000 Quadratmetern Wohnfläche. Schloss Oedenthal vermittelten wir an einen Geschäftsmann aus Hessen, der die Anlage als privaten Wohnsitz nutzt.“

„Mit bis zu 1500 Quadratmetern Wohnfläche kann ich mehr Interessenten ansprechen als mit 10.000 Quadratmetern Wohnfläche. “

Matthias Helzel, vermittelt historische Immobilien

Doch was ist, wenn ein neuer Schlossbesitzer mit dem Objekt wenigstens einen Teil der Unterhaltskosten wieder reinholen will? Der Burgenforscher weiß Rat: „Hochzeiten gehen immer, und Ferienwohnungen sind für solche Objekte interessanter als ein Hotelbetrieb mit nur fünf Gästezimmern. Die Sanierungskosten sind natürlich ein immenser Faktor, aber ich bekomme auch Fördergelder aus den verschiedenen Töpfen.“ Die Verkaufspreise sind nach oben offen. „Man tut sich leichter, wenn man höhere Summen investiert, weil man dann ein Objekt erhält, wo wenigstens einige Zimmer bewohnbar sind.“

Auch im Angebot: Schloss Eringerfeld in Geseke.
Auch im Angebot: Schloss Eringerfeld in Geseke. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Auf dem YouTube-Kanal vermittelt der 51-jährige „Burgenmeister“ Helzel sein Wissen. Die Faszination für historische Bauwerke begleitet ihn schon ein Leben lang. „Ich kann gar nicht sagen, wann ich nicht über Burgen und Schlösser nachgedacht hätte. Es kommt immer wieder vor, dass ich um Rat gefragt werde.“ Geschäftlich läuft der Verkauf von herrschaftlichen Immobilien eher durch Briefe ab als über das Internet. Die Klientel ist halt speziell.

Daher sind auch folgende Szenen nicht selten. „Ich frage mich oft, ob die Erben denn wirklich verkaufen wollen. Es kommt auch vor, dass die Nachfahren das Schloss nach 50 Jahren zurückkaufen wollen. Einmal haben wir ein schönes Schloss an einen in den USA lebenden Verwandten verkauft, der das Baudenkmal für die Familie erhalten wollte. Die Suche nach dem Käufer in den USA war nicht einfach.“