Hagen/Augsburg. Neue Entwicklung bei insolventem Versandhandel aus Hagen. Was der neue Besitzer tatsächlich gekauft hat und was er mit der Marke plant.
Die Weltbild Gruppe mit Sitz in Augsburg hat die Marke Westfalia, das Onlinegeschäft des insolventen Hagener Unternehmens sowie Teile des Warenbestandes übernommen. „Bauen, Renovieren und Gestalten in Wohnung, Haus und Garten – für diese Freizeit-Aktivitäten besteht bei den Zielgruppen der Weltbild D2C Group immer Bedarf. Deswegen passt Westfalia mit seinen bekannten und gut eingeführten Eigenmarken ,Westfalia‘ und ,Gartenmeister‘ gut in unsere Gruppe und schafft neue Wachstumsperspektiven“, erklärt Christian Sailer, Vorstandsvorsitzender (CEO) der Weltbild D2C Group, der auch die Geschäftsführung bei Westfalia übernehmen werde. Westfalia bediene mit Werkzeugen für Garten, Küche, Haushalt und Landwirtschaft die Megatrends rund ums Heimwerken.
In Kürze wolle man unter der Domain westfalia.de den neuen Webshop präsentieren, teilt eine Sprecherin von Weltbild mit. Zudem werde das Sortiment von Westfalia.de um das grüne Angebot von Gärtner Pötschke (Sämereien, lebende Pflanzen, Düngemittel u.a.), sowie um Gesundheitsprodukte der Marke Orbisana, wie z.B. Alltagshelfer, erweitert, die bereits zu Weltbild gehören. Die ursprünglich katholische Buchhandelsgruppe Weltbild ist 2017 vom Düsseldorfer Investor Droege übernommen worden. Inzwischen ist die Weltbild Group im Onlinegeschäft weit über Buchhandel („bücher.de“) hinausgewachsen.
Rund 500 Millionen Euro Umsatz und 20 Millionen Kunden
Ende Februar war das Onlinegeschäft von Westfalia eingestellt worden. Unter der Internetadresse westfalia.de landen Kunden bereits auf einer Weltbildseite. Dort wirbt das Unternehmen mit Sitz in Augsburg bereits um die Gunst der Stammkunden und potenziell neuer Kundschaft. „Weltbild und Westfalia – in Zukunft zwei starke Partner!“, heißt es dort. Bereits jetzt findet man Westfalia-Produkte im Internet bei Weltbild, bevor „in Kürze dann unter www.westfalia.de die gewohnt riesige Auswahl an Werkzeug, Technik und Gartenbedarf – in bewährter Westfalia-Qualität“ zu finden sei. Die Weltbild Gruppe hat mit ihren Onlineangeboten nach eigenen Angaben rund 20 Millionen Kunden. 2022 sei mit 1500 Mitarbeitenden ein Umsatz von rund 500 Millionen Euro erzielt worden.
Zähe Verhandlungen
Im Oktober vergangenen Jahres hatte das Hagener Unternehmen Westfalia für verschiedene Gesellschaften mit rund 250 Beschäftigten einen Insolvenzantrag gestellt. Das Verfahren wurde von der Kanzlei Görg durch die Insolvenzverwalter Mike Westkamp und Jan Janßen, der aktuell auch die Insolvenz des Arnsberger Markenunternehmens Wesco betreut, aus Hagen bearbeitet. Seit längerem war klar, dass der stationäre Handel, der aus einem einzigen Fachmarkt am Standort Hagen besteht, geschlossen werden wird - und zwar in zwei Tagen am kommenden Mittwoch. Im Herbst vergangenen Jahres waren hier noch 20 Mitarbeiter beschäftigt.
Die Insolvenzverwalter haben die Suche nach neuen Investoren für die finanziell angeschlagenen Westfalia Gesellschaften an die Unternehmensberatung Saxenhammer in Berlin vergeben. Nach Informationen unserer Redaktion gab es verschiedene Bieter, von denen einer nach eigenen Aussagen auch den Standort des Fachmarktes in Hagen erhalten wollte. Im Bieterverfahren war von Beginn an die Weltbild Gruppe im Rennen. Im Rücken haben die Augsburger die Investgesellschaft Droege Group AG aus Düsseldorf. Die Insolvenzverwalter Westkamp und Janßen sehen den Verkauf der Markenrechte an Weltbild positiv: „Das ist eine gute Nachricht für die Kunden von Westfalia. Wir freuen uns, dass durch diese Transaktion die treuen Kunden unter der Marke Westfalia weiterhin hochwertige Produkte im Bereich Garten, Haushalt, Küche und Landwirtschaft erhalten werden“, lassen sie mitteilen.
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Offenbar sind die Verhandlungen zäher als erwartet verlaufen. Insolvenzanwalt Mike Westkamp war im Dezember bereits optimistisch, dass die Marke Westfalia ab Januar unter neuer Flagge geführt werden würde. Zu diesem Zeitpunkt soll Weltbild bereits der Favorit für die Übernahme gewesenen sein. Tatsächlich hat es zwei Monate länger bis zu einer Einigung gebraucht, die offenbar im Sinne der neuen Besitzer verlaufen ist, die laut Insidern lediglich Interesse an der Traditionsmarke sowie am umfangreichen Kundenstamm und einem Teil des Sortiments aus dem Warenlager gehabt hätten. Hinter den Kulissen gab es Kritik am Verfahren. Nicht alle potenziellen Bieter seien von Saxenhammer angeblich ausreichend mit Informationen versorgt worden.
Keien Transfergesellschaft für die Westfalia-Belegschaft
Mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren bei Westfalia zum Zeitpunkt der Insolvenzbeantragung in den Bereichen Logistik und Lager in gesonderten Gesellschaften der verschachtelten Westfalia Gruppe beschäftigt. „Die Insolvenzverfahren sind noch nicht abgeschlossen. Die weiteren Abwicklungsarbeiten in den Verfahren werden noch geraume Zeit in Anspruch nehmen“, heißt es von Insolvenzverwalter Westkamp. Eine Transfergesellschaft, die von Kündigung bedrohte Beschäftigte bei der Suche nach einem neuen Job und gegebenenfalls notwendiger Qualifizierungen helfen würde, sei nicht eingerichtet worden - möglicherweise, weil die Insolvenzmasse dies nicht hergibt.