Warstein. Erstmals ist das polnische Tyskie in Warstein gebraut und abgefüllt worden. Warum dies der Anfang einer Neuausrichtung sein dürfte.

Die Warsteiner Brauerei geht neue Wege. Vor ein paar Tagen wurde erstmals im Sauerland bei Warsteiner nach Originalrezept gebrautes polnisches Bier der Marke Tyskie abgefüllt. Anfang Mai hatte man die Kooperation mit dem japanischen Braukonzern Asahi bekanntgegeben, zu dem die Marke Tyskie seit 2017 gehört. Der Premiere, am Standort Warstein offiziell eine Fremdmarke zu brauen und abzufüllen, könnten bald weitere Braukooperationen folgen. Aus gutem Grund.

Alkoholfreies zum Testsieger gekürt

In den 1990er Jahren wurden am Standort im Sauerland in der Spitze sechs Millionen Hektoliter pro Jahr gebraut, abgefüllt und unter das Volk gebracht. Heute ist man davon weit entfernt. Der deutsche Biermarkt schrumpft seit Jahren. Allein mit Pils, dem gerade von der Stiftung Warentest in einem Vergleich unter 20 Bieren zum Sieger gekürten Alkoholfreien und Mixgetränken lässt sich die Brauerei nicht annähernd auslasten. Kürzlich hat sich die vor gut einem Jahr in „Haus Cramer Gruppe“ umbenannte Großbrauerei mit „El Puro“ aus dem Bergischen Land (Haan) eine eigene Wassermarke gegönnt. In Gastronomien werde mittlerweile schließlich ähnlich viel Mineralwasser getrunken wie Bier, heißt es von den Experten im Hause Warsteiner.

Das Rückgrat ist das Bier und wird es bleiben.
Jens Hoffmann - Geschäftsführer Technik und Logisitik Haus Cramer Gruppe

Die Namensänderung in Haus Cramer Gruppe verdeutlicht, dass nicht mehr allein das Warsteiner im Fokus des Managements und der Inhaberin Catharina Cramer stehen soll. Zur Gruppe gehören eben noch zahlreiche weitere Marken wie Herforder, Paderborner, Weissenburg oder Frankenheim sowie eine kleine Craft Beer-Marke in Irland – nicht zuletzt auch König Ludwig und Oberbräu aus Bayern. Auch die wollen gehegt und gepflegt werden. Zudem wachse das Standbein Logistik. In Warstein verfügt die Brauerei über einen eigenen Gleisanschluss, über den aus dem Sauerland Güter nach Norden in Richtung Hamburger Hafen und gen Süden nach München und Verona (Italien) geschickt werden.

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24 Jahre bei einem der größten Bierkonzerne der Welt

„Das Rückgrat ist das Bier und das wird es bleiben“, versichert Jens Hoffmann. Der gebürtige Westerwälder ist seit November 2022 bei Warsteiner, pardon, bei der Haus Cramer Gruppe, als Geschäftsführer für Technik und Logistik verantwortlich. „Ich bin ein Kind der Brauindustrie“, sagt der 49-Jährige von sich selbst. Erste Hopfen- und Malz-Luft schnupperte Hoffmann in seiner Jugend in der Westerwälder Brauerei in Hachenburg. Nach der Lehre in Luxemburg wechselte der Braumeister zu einem der größten Brauereikonzerne der Welt: Anheuser Busch-InBev. 24 Jahre arbeitete Hoffmann für den belgischen Konzern, kümmerte sich als verantwortlicher Direktor um den deutschen Markt mit Marken wie Beck‘s und Co., ist nach eigener Aussage verantwortlich für mehr als 2500 Beschäftigte gewesen – nur vom Brauen selbst war er ziemlich weit abgekommen.

Seit 2022 Technikchef bei Warsteiner

2020 machte Hoffmann den Deckel auf die Konzernkarriere und den Wettlauf um Gewinnsteigerungen. „Das kann für eine Marke auch schädlich sein.“ Er machte sich selbstständig als Prozess-Berater für die Branche, unter anderem für die Hamburger Ratsherren-Brauerei, aber auch für die Warsteiner Gruppe (die damals noch so hieß). „Als ich das erste Mal den Standort Warstein gesehen habe, war ich total überwältigt“, schwärmt der Manager. Mehr als 400 Brauereien, erzählt Hoffmann, habe er in seinem Leben schon gesehen. Keine sei so nach vorne gedacht konzipiert worden wie die Warsteiner Brauerei im Sauerland. Was Hoffmann damit meint, erläutert der Technikchef. In der riesigen Warsteiner Brauerei sei nicht nur der nötige Spielraum, weil sie mit der Eigenmarke allenfalls zu einem Drittel ausgelastet wäre. Es sei auch die Anordnung der Technik, die es zulasse, neben Warsteiner parallel andere Marken zu brauen und abzufüllen, wie beispielsweise nun das Tyskie, das in 0,33 Liter-Flaschen gefüllt wird und in Sechserpacks an die Rampe kommt.

Limo in Lizenz - nichts ist unmöglich

„Für uns ist es Weltklasse zu zeigen, dass wir das können. Wir haben die Möglichkeiten, die Strukturen und die Kapazitäten“, sagt Hoffmann. Für Warsteiner bedeutet dies Standortsicherung. Hoffmann ist zuversichtlich, dass in nächster Zeit noch weitere Partner dazukommen werden: „Noch in diesem Jahr werden wir ein weiteres Fremdprodukt brauen, definitiv.“ Um die Auslastung zu verbessern, sei die Haus Cramer Gruppe auch offen, Limonaden oder Bitter Lemon in Lizenz im Sauerland abzufüllen. Letztlich werde das Warsteiner aber immer das wichtigste Produkt bleiben. Mit Fremdprodukten wie Tyskie werde das Unternehmen wachsen, aber eher im einstelligen Prozentbereich, schätzt der Technik- und Logistikgeschäftsführer.

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