Warstein/Köln. Der expansionsfreudige japanische Bier-Konzern Asahi lässt seine Marke Tyskie bei Warsteiner brauen und abfüllen. Was das bedeutet.
Die polnische Biersorte Tyskie wird für den deutschen Markt ab sofort im Sauerland bei Warsteiner gebraut. Ab Ende Mai wird dann polnisches Bier Made in Sauerland im Handel zu bekommen sein. Dass die neue Kooperation die eigene Marke Warsteiner verwässern könnte, glauben die Brauerei-Verantwortlichen im Sauerland keineswegs. „Es ist so, als hätten wir noch eine weitere Marke“, sagt eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage dieser Zeitung. Und es sei auch längst nicht die erste Sorte, die in der Warsteiner Brauerei im Auftrag gebraut, abgefüllt und in den Handel gebracht werde. Die von Warsteiner in Haus Cramer Gruppe umbenannte Brauereigruppe möchte jetzt Getränkeunternehmen sein. Das Lohnbrauen wird damit zum Geschäftsmodell - sicher auch, um die riesigen Kapazitäten am Standort in Warstein besser auszulasten.
Nicht die einzige Fremdmarke, die in Warstein gebraut wird
Dort wurden schließlich Mitte der 1990er Jahre satte sechs Millionen Hektoliter Warsteiner Bier gebraut und abgefüllt. Heute liegt der Gesamtausstoß der Brauereigruppe nach eigenen Angaben bei rund zwei Millionen Hektolitern - mit den „Tochtermarken“ Herforder, Paderborner, Frankenheim Alt. Im Süden braut die Gruppe auch noch König Ludwig. Wieviel Ausstoß heute schon aufs Konto von Fremdmarken geht, lässt das Unternehmen offen. Dass bei Herforder bereits vor Jahren die Edeka-Gruppe brauen und abfüllen ließ, ist längst kein Geheimnis mehr. Wer allerdings am Stammsitz brauen lässt, bleibt vorzugsweise unterm Deckel.
Japanischem Bier-Konzern gehören renommierte europäische Marken
Ausnahme: Tyskie. Die Marke gehört zur Asahi Brands Germany GmbH mit Sitz in Köln. Das Unternehmen vertritt eine ganze Reihe internationaler Biermarken in Deutschland. Dazu gehören Pilsner Urquell (Tschechien), Grolsch (Niederlande), Peroni (Italien), Asahi (Japan) und weitere, darunter auch das polnische Tyskie, das sich in Deutschland offenbar zunehmender Beliebtheit erfreut. Laut Asahi habe sich die Marke Tyskie in den vergangenen Jahren mehr und mehr zu einem Szenebier in „urbanen Communities“, sprich Städten, in Deutschland entwickelt. Rund 300.000 Hektoliter Tyskie sollen laut Branchenmedium Inside jährlich hier bereits verkauft werden. Ob diese Menge oder mehr in Zukunft in Warstein gebraut werden wird, ließen Warsteiner und Asahi auf Nachfrage offen. Vieles spricht dafür.
Warsteiner sieht in Kooperation eine Chance
Die Kooperation mit Warsteiner ist für die Marke Tyskie eine absolute Premiere. Erstmals wurde das Rezept für das Tyskie Gronie (ein Lagerbier nach Pilsner Art) an eine deutsche Brauerei weitergereicht. Darauf sind die Verantwortlichen im Sauerland ebenso stolz wie der neue Partner: „Wir freuen uns sehr, über das große Vertrauen von Asahi Brands Germany GmbH und die Chance, die sich daraus für die Weiterentwicklung unsere Getränkegruppe bietet.“
Jan Krafka, Direktor bei Asahi, gibt sich ebenso euphorisch: „Es ist ein Novum in unserer Unternehmensgeschichte, dass wir unser Tyskie Gronie zusammen mit einem deutschen Partner brauen. Wir freuen uns auf einen neuen Abschnitt in der Geschichte von Asahi Brands Germany GmbH. Mit der Haus Cramer Gruppe und ihrer H. C. Drinks Solutions haben wir den idealen Partner gefunden und können auch dem Tyskie-Rezept und unserer Marke treu bleiben.“
Biergigant hatte aktuell keine Brau-Kapazitäten an eigenen Standorten
Abgefüllt werden soll das Produkt in 0,33 Liter-Flaschen, mit denen Asahi glaubt, den Bedürfnissen der Kunden auf dem deutschen Markt näher zu kommen als mit der 0,5-Liter-Flasche. „Wir sehen ein großes Potenzial, denn Verbrauchertests haben uns gezeigt, dass die Nachfrage nach einem Kleingebinde in der Tyskie Zielgruppe sehr hoch und ungebrochen ist. Sixpacks regen zu Impuls- und Testkäufen an, bedienen ein verändertes Konsumverhalten und attraktieren eine urbane sowie einkommensstarke Zielgruppe“, sagt Krafka.
Dass man mit der Warsteiner Brauerei zusammengekommen sei, liege daran, dass die Sauerländer die Kriterien für Qualität und Nachhaltigkeit in der Lieferkette erfüllten. Und dass der Bierkonzern an seinen Braustandorten aktuell nicht über entsprechende eigene Möglichkeiten verfüge. „Deshalb reifte seit einiger Zeit die Überlegung über eine Partnerschaft, um unser erfolgreiches Tyskie Gronie in einer 0,33-Liter-Flasche einzuführen“, erklärt Krafka - am Braustandort Warstein gibt es schließlich reichlich freie Kapazitäten.
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Ab Ende Mai soll das im Sauerland gebraute und abgefüllte Tyskie im Sechserpack ab „Rampe Warstein“ in den Handel gebracht werden. Die im vergangenen Jahr von Cramer gegründete H.C. Drinks Solutions bietet für Kunden wie Asahi den Vorteil, dass vom Brauen, Abfüllen, dem Verpacken und der Lagerung bis zur Bereitstellung für die Getränkelogistiker eine umfassende Dienstleistung aus Warstein angeboten wird.
Nach fast 400 Jahren Tradition verkauft
Die polnische Brauerei Tyskie im oberschlesischen Tychy hat eine fast 400-jährige Tradition, ist aber bereits seit 25 Jahren nicht mehr selbstständig. Zwischenzeitlich gehörte die Marke zur SAB Miller Group. 2017 kaufte dann der offensichtlich expansionsfreudige japanische Bierkonzern Asahi dem Wettbewerber SAB Miller neben Peroni und Grolsch auch Tyskie ab.
Die H. C. Drinks Solutions GmbH wurde von der Haus Cramer Gruppe im Februar 2023 gegründet. Sie soll nachhaltiges Wachstum des Unternehmens durch vielfältige Geschäftsaktivitäten sichern und Kooperationen wie jetzt mit Asahi ermöglichen, erklärte Solutions-Chef Adriano Leo im vergangenen Jahr. Man habe vom Start weg Kunden gehabt, erklärte eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage, ohne Namen nennen zu wollen. Der japanische Bierkonzern dürfte aber der mit Abstand größte Kunde des neuen Dienstleisters aus Warstein sein - und der bislang einzige, der damit auch noch offensiv wirbt.