Bad Berleburg. Sie machen sich Sorgen um Wittgenstein. Mehrere namhafte Kritiker des Windkraftausbaus wollen gegen Robert Habecks Energiepolitik protestieren.

Marion Linde und weitere Windkraftgegner aus Bad Berleburg, Bad Laasphe und Erndtebrück wollen rund um den Besuch des Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Dienstag in Bad Berleburg Flagge zeigen, weil sich durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Wald das Landschaftsbild – vor allem in Bad Berleburg – in den nächsten Jahren stark verändere. Das geht aus einer gemeinsamen Stellungnahme hervor. Neben Marion und Horst-Günter Linde sowie Jürgen Weber und Hans-Günter Radenbach aus Berghausen haben auch der Ortsvorsteher von Benfe, Matthias Althaus, das Ehepaar Sonja und Michael Kuhn-Weber aus Arfeld und Lothar Hayo aus Fischelbach unterzeichnet. In ihrer Kritik am Windkraftausbau nehmen die Unterzeichner vor allem den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck aufs Korn.

Protest „gut gemeint, aber sinnlos“

„Viele Menschen resignieren gegenüber der politischen Obrigkeit. Mit den vielen Subventionen aus unseren Steuergeldern wird eine Planwirtschaft aufgezogen, die ihresgleichen sucht“, schreibt Marion Linde. Sie ist Fraktionsvorsitzende der UWG Bad Berleburg und Stellv. Vorsitzende der Freien Wähler NRW. Sie fordert die Windkraftgegner auf, „Flagge zu zeigen, wenn Bundeswirtschaftsminister Habeck kommt. Wer sich nicht zeigt, wird nicht gesehen. Wer nichts sagt, wird nicht gehört“. Die Gegner formieren sich am Dienstag, 6. Juni, mit Transparenten ab 13 Uhr am Laibach und hoffen auf Mitstreiter.

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Der ehemalige Beigeordnete der Stadt Bad Berleburg, Jürgen Weber, wird mit den Worten zitiert: „Nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage sind Äußerungen gut gemeint, aber absolut sinnlos. Auf uns rollt ein Tsunami zu und wir können ihn mit selbst gemalten Stopp-Schildern nicht mehr aufhalten. Ich habe längst resigniert! Es geht ausschließlich um schnöden Mammon und nur nachrangig um die Energie.“

Der Benfer Ortsvorsteher und Erndtebrücker UWG-Fraktionsvorsitzende, Matthias Althaus, ist zwiegespalten: „Ich überlege hinzugehen. Aber was bringt das noch? Die Würfel sind gefallen, wir haben verloren. Alles, was wir hatten, das einzige, was wir hatten und uns von vielen anderen Landschaften unterschieden hat: eine riesige unzerschnittene Natur. Und jetzt stellt sich ausgerechnet ein Grüner vor eine Industrieanlage mitten in dieser Natur und will uns, ausgerechnet uns, die den Wert dieser Einmaligkeit kennen, erklären, wie toll doch diese prima Technik ist. Wollen wir wetten? Er wird nichts davon erzählen, wer Profiteur des Ganzen ist.“

Speichertechnologie gefordert

Lothar Hayo, der seit Jahrzehnten gegen Windkraftanlagen im Bereich des Sohl bei Fischelbach kämpft, erneuert die Forderung nach Speichertechnologien. „Windräder werden weiterhin abgeschaltet, wenn zu viel Strom erzeugt wird und die Netze überlastet werden. Warum gibt es für neu zugelassene Windräder keine Speicherpflicht? Zudem ist es eine Farce, dass für nicht erzeugten Strom durch Abschaltung Ausgleichszahlungen fällig werden. Und was mich ja am meisten nervt, ist, dass das klimaschädigende SF-6-Gas weiterhin verbaut wird, obwohl es Alternativen gibt.“

„Es sind ja nicht nur die vier Windräder, die jetzt offiziell von Bundeswirtschaftsminister Habeck eingeweiht werden. Der Wittgen­steiner Boden wird mit Zuwegungen und Fundamente verdichtet und zubetoniert werden“, so Marion Linde. Und der ehemalige Bodendenkmalpfleger Hans Günter Radenbach fürchtet: „Die herausragende Zeugnisse einer archäologischen Kulturlandschaft laufen Gefahr, für alle Zeiten vernichtet zu werden.“

Familie Kuhn-Weber lädt Habeck zum Übernachten ein

Als direkte Anwohner der vier Anlagen auf dem Prenzenberger Kopf berichtet das Ehepaar Michael und Sonja Kuhn-Weber: „24 Stunden, sieben Tage die Woche Dauerbelastung, ein Leben hinter geschlossenen Fenstern und Rollos. Wenn im eigenen Haus kein erholsamer Schlaf mehr möglich ist. Es gibt Lkw- und Nachtflugverbote. Die Windkraftanlagen laufen 24 Stunden. Wir laden Herr Habeck ein, uns zu besuchen und bei uns zu übernachten. In unserem Garten Erholung zu suchen – und dann sind wir gespannt, ob er auch ein offenes Ohr für uns leidtragende Anwohner hat.“

Hohe Pacht als Lockmittel

Für Horst Günter Linde, UWG-Kreistagsmitglied und Kommissionsmitglied der Freien Wähler im Regionalrat Arnsberg, ist „Robert Habeck eine ,Persona non grata’, also eine unerwünschte Person“. Und Linde begründet dies so: „Wirtschaftsminister Habeck hat aus ideologischen Gründen die Büchse der Pandora geöffnet und heraus kam die Gier. Projektierer aus nah und fern sind die ersten, die sich darauf gestürzt haben und dann Landbesitzer erfolgreich damit locken. Na ja, bei bis zu 70.000 Euro Pacht pro Jahr und Windrad interessiert es schon nicht mehr, wie geht’s dem Nachbar oder den Menschen, die betroffen sind. Ich empfehle jedem Wittgensteiner, sich unser Heimatlied zu Gemüte zu führen“, so Horst Günter Linde.