Bad Berleburg. Vor dem Besuch von Vizekanzler Robert Habeck in Arfeld gibt es viel Kritik. Bestimmte Personen sind nicht eingeladen. Andere wollen gar nicht hin.

Das grüne Spitzenduo Robert Habeck und Mona Neubaur darf sich auf einiges gefasst machen, wenn es am Dienstag, 6. Juni, den Windpark Arfeld besucht, um ein deutliches Signal für die Energiewende zu setzen. Am nächsten dran an den Vizekanzler und die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin kommen an diesem Tag vor allem lokale Politiker und Wirtschaftsmanager. Aber nicht alle folgen der Einladung der Wittgenstein New Energy Holding. Und manche haben sogar gar keine bekommen.

Bad Berleburgs CDU-Chef wird nicht zum Empfang gehen

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Martin Schneider beispielsweise wird nicht auf dem Prenzenberger Kopf kommen, „Obwohl ich schon gerne mit Herrn Habeck gesprochen hätte und auch gerne hören möchte, was er zu sagen hat.“ Aber Schneider hat als Kommunalpolitiker und Vorsitzender des Bad Berleburger Bauausschusses seine Grundsätze: „Wir befinden uns in einem politischen Prozess der Ausweisung von Vorrangzonen. Deswegen kann ich nicht zu einer Veranstaltung eines Projektierers gehen.“ Dass es zwischen der Wittgenstein New Energy und der Stadt Bad Berleburg juristischen Auseinandersetzungen um die Errichtung des Windparks gab, sei aber nicht maßgeblich. „Ich würde auch nicht zu anderen Unternehmen wie beispielsweise Westfalenwind gehen“, betont Schneider.

Atomstrom versusu Windkraft

Mit Blick auf die Politprominenz macht Schneider auch seine Kritik deutlich: „Mit der Arbeit des Wirtschaftsministers Habeck bin ich überhaupt nicht zufrieden. Sie ist viel zu ideologisch geprägt“, sagt der Wunderthäuser und kritisiert beispielsweise auch die Energiewende: „Dass wir eine Energiewende brauchen, ist unstrittig und ich unterstütze das. Aber dass Windkraft jetzt alle anderen Energieformen ersetzen soll…?“ Schneider kritisiert den „überhasteten Atomausstieg“ und verweist darauf, dass auch Norwegen und Schweden in diesem Punkt zurückgerudert seien. „Wir bauen unsere Anlagen ab und kaufen den Strom dann in anderen Ländern mit Atomkraft wieder ein“, malt Schneider ein Szenario an die Wand. Und auch in einem weiteren Punkt übt der Kommunalpolitiker Kritik an den Grünen: der seit Jahren nicht gebauten Route 57. Aber genau die „brauchen wir für die heimische Wirtschaft“.

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In dieses Horn stößt auch die Bad Berleburger SPD-Fraktionsvorsitzende Iris Gerstmann. Die hat sich – anders als Martin Schneider – den Termin im Kalender bereits angestrichen und kommt nach Arfeld. Und dem Bundeswirtschaftsminister Habeck würde sie gerne etwas mit auf den Weg nach Berlin geben: „Ich möchte ihm sagen, dass seine Fraktionskollegin im Bundestag, Laura Kraft, die Route 57 als ,Monsterplanung’ bezeichnet, weil so viel Beton in die Landschaft gegossen werden soll. Und von Robert Habeck möchte ich diese Monsterplanung in Relation zu dem Beton gesetzt sehen, der für die Windkraftanlagen in Wittgenstein in den Waldboden gegossen werden muss. Man darf mich nicht falsch verstehen: Ich weiß, dass wir die Windkraft brauchen, aber wir sind ein Industriestandort ohne echte Verkehrsanbindung.“

Ortsvorsteher von Arfeld ist nicht eingeladen

Der Ortsvorsteher von Arfeld – dem Ortsteil von Bad Berleburg, in dem sich die vier Windräder drehen – ist nicht eigenladen worden. „Wenn ich eine Einladung bekommen hätte, wäre ich sicher hingegangen. Ich werde aber auch nicht darum betteln“, sagt Kai-Uwe Jochims. Er vermutet aber, dass er für Wittgenstein New Energy wegen seiner kritischen Haltung gegenüber dem Projekt als „Windkraftverhinderer“ gewertet werde und aus eben diesem Grunde nicht dabei sein solle.

„Ich bin aber ein absoluter Befürworter regenerativer Energien und der Elektromobilität. Nur setze ich mich damit kritisch auseinander“, sagt Jochims. Er kritisiert aber auch heute noch, dass „für zwei der vier Windräder wertvoller alter Buchenbestand abgeholzt worden ist und man deshalb auch nicht zu 100 Prozent von Windkraft auf Kalamitätsflächen sprechen kann“.

Grundfehler der Energiewende

Wenn er die Chance auf ein Gespräch mit Robert Habeck gehabt hätte, so Jochims weiter, hätte er einen „Grundfehler der Energiewende“ moniert: „Die Anzahl Windkraft ist auf Spitzenlast ausgelegt statt auf den Bedarf. Spitzenlasten sollte man mit Speichertechnologie abfedern. Außerdem müsste die Förderung so ausgelegt sein, dass Investoren ein Interesse daran haben, dass ihre Windkraftanlagen rund um die Uhr Strom liefern.“

Susanne Bald (Bündnis90/Die Grünen) hat zwei Einladungen bekommen - für die erste Einweihungsfeier am 2. Juni und auch für die mit der Politprominenz. Und die Kommunalpolitikerin geht auch hin. Gemeinsam mit Ex-NRW-Umweltminister Johannes Remmel gehört sie zu einem Kreis, der sich speziell mit dem Klimaschutz auseinandersetzt und hätte da auch ein ganz drängendes Thema: „Wir schaffen es einfach nicht der Bevölkerung den Sinn des ‘Heizungsgesetzes’ zu vermitteln. Da gibt es ein echtes Kommunikationsdefizit“, sagt Bald, die aber auch über inhaltliche Fragen mit Robert Habeck sprechen würde: „Die Wärmepumpenfrage überlagert meiner Meinung nach alles. Dabei müsste die die Kommunale Wärmeplanung in den Vordergrund gerückt werden“. Bald plädiert für den Ausbau von Wärmenetzen - auch in den kleinen Ortschaften. Wärmegewinnung aus regenerativen Energien oder auch Rückgewinnung von Wärme aus Abwasser sind ihre Themen. „Einzelheizungen dürfte es künftig nur noch da geben, wo ein Wärmenetz nicht möglich ist“, sagt Bald.