Bad Berleburg. Der Naturschutzbund bekämpft die Pläne für 59 Windkraftanlagen von WestfalenWind in Erndtebrück und Bad Berleburg mit diesen Argumenten.

Der Naturschutzbund Siegen-Wittgenstein (NABU) will verhindern, dass WestfalenWind GmbH Co. KG eine große Zahl von Windkraftanlagen in Erndtebrück und Bad Berleburg errichten kann. In einer 21 Seiten umfassenden Einwendung haben die NABU-Kreisverbands-Vorsitzende Prof. Dr. Klaudia Witte und Michael Düben als Verfahrensbearbeiter des NABU NRW im Landesbüro der Naturschutzverbände sowie Julia Schneider als Sachbearbeiterin Naturschutzrecht im NABU Kreisverband Siegen-Wittgenstein Gründe ausformuliert, die aus Sicht des NABU gegen die Windkraftanlagen sprechen oder doch zumindest aus Sicht des Verbandes Nachbesserungen bei der Planung erfordern, bevor diese in eine Genehmigungsverfahren gehen könnten. Wir haben einen Teil der Argumente zusammengefasst.

Bad Berleburg 17 neue Windkraftanlagen
Bad Berleburg 17 neue Windkraftanlagen © Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Salamitaktik

Am schärfsten kritisiert der NABU die Aufteilung in mehrere Antragspakete. „Die hier vorgenommene künstliche Aufspaltung der einheitlich geplanten Windfarm durch die zeitlich gestaffelte Antragstellung verhindert eine umfassende Betrachtung der Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens.“ Die insgesamt 59 geplanten Anlagen waren in ein erstes Paket mit 42 Windkraftanlagen und ein zweites mit weiteren 17 Anlagen (Siehe Grafik oben) aufgeteilt worden.

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Der NABU unterstellt dabei eine „Salamitaktik“. Für den NABU gibt es dafür auch eine Erklärung: WestfalenWind wolle die weiteren 17 Anlagen durch eine „Vorbelastung“ mit den 42 Anlagen durchdrücken. „Eine ‘Salamitaktik’, die nicht hingenommen werden kann“, wettern die Naturschützer. Aber der NABU hat noch viele weitere Kritikpunkte unter anderem zum Planungsverfahren und auch zu möglichen negativen Auswirkungen auf Pflanzen, Tiere und deren Lebensraum zusammengetragen.

Bad Berleburg Windkraft
Bad Berleburg Windkraft © Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Erschließung

Für eine Erschließung der Standorte müssten „vorhandenen Wege signifikant auf mindestens sechs Meter verbreitert und wahrscheinlich dauerhaft asphaltiert werden. Dies führt zu einer signifikanten Versiegelung des Waldbodens an diesem Standort und wird das Mikrobiom des Bodens negativ beeinträchtigen“.

Baugrundgutachten fehlen

Für alle fünf Plangebiete und alle 42 Anlagen lägen keine Baugrundgutachten vor. Laut Unterlagen werde „das Baugrundgutachten vor Baubeginn nachgereicht“. Die Prüfung des Baugrunds sei grundsätzlich der erste Schritt für die Planung eines neuen Gewerbegebietes, eines neuen Wohngebietes etc. Ein positives Baugrundgutachten sei die Voraussetzung für alle weiteren Planungsschritte, kritisiert der NABU.

SF6

Für alle 42 Anlagen gelte, dass in den elektrischen Einrichtungen das Schutzgas SF6 eingesetzt werde. „Dieses Gas ist nicht mehr zulässig. SF6 ist das stärkste aller Treibhausgase“, kritisiert der NABU und fordert: „Es müssen daher in dieser Planung bereits Alternativen zum SF6 genutzt werden.“

Biologische Baubegleitung

Für den Bau der 42 Anlagen sei eine umfassende biologische/ökologische Baubegleitung zwingend notwendig. Diese könne nur von einem großen Team an Fachpersonen und nicht von einer Einzelperson geleistet werden.

Flächenverbrauch

Pro Anlage werde eine Fläche von fast 12.000 Quadratmetern temporär oder permanent in Anspruch genommen. Dies seien für 42 Anlagen in Summe 504.000 Quadratmeter.

Schallgutachten

Die Schallgutachten zu allen fünf Plangebieten gingen davon aus, dass „in der näheren Umgebung bereits weitere Windenergieanlagen in Betrieb und/oder im Genehmigungsverfahren seien und „diese werden als Vorbelastung in den Berechnungen berücksichtigt“. Dies sei sachlich falsch. „Es gibt zurzeit keine WEAs (Windenergieanlagen/die Red.) in Birkefehl, Kilbe Nord etc. Daher kann von einer „Vorbelastung“ durch WEAs nicht ausgegangen werden. Die in allen fünf Projektanträgen dargestellte Karte spiegelt nicht die Realität und auch nicht den Planungsstatus wider. Die Schlussfolgerungen aus dem Gutachten halten damit einer rechtlichen Prüfung nicht stand.“

Brandschutzkonzept

Das Konzept beschreibe nur den Fall eines Brandes bei Arbeiten in der Gondel oder im Turm: „Sowohl in der Gondel als auch im Turm sind Feuerlöscher vorhanden, damit sichergestellt ist, dass ein versehentlich bei Arbeiten in der WEA ausgelöster Brand unverzüglich gelöscht werden kann. Was ist jedoch, wenn die Gondel brennt, ohne dass Personen vor Ort sind. Wie wird dann der Brand gelöscht? Und wie wird verhindert, dass über Funkenflug weite Teile des Umlandes in Brand geraten? Ein standortspezifisches Brandschutzkonzept liegt somit nicht vor. Die Unterlagen sind daher unvollständig und halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.“

Landschaftsbild

Es befänden sich zwar keine Wohngebäude innerhalb der dreifachen Gesamthöhe der hier beantragten Windenergieanlagen, jedoch sei dieses Gebiet ein Kerngebiet des Wandertourismus und somit ein wichtiger ökonomischer Baustein der Region. Eine Umfrage des Tourismusverbandes habe ergeben, „dass viele Urlauber nicht mehr in diese Region kommen werden, sollten auf den Höhenzügen viele WEAs stehen. Die Plangebiete gehören als Teil des Rothaarsteigs zu einem der bedeutendsten Erholungsräume für Anwohner und hat eine hohe Bedeutung für den regionalen und überregionalen Tourismus.“

Artenschutz

Vor allem bei den Vögeln gibt es Kritik: „Hinsichtlich der durchgeführten Vogelkartierungen sind schwere Mängel sichtbar. Die Existenz bedeutender windenergiesensibler Arten wird negiert, die eindeutig im Untersuchungsgebiet als Brutvögel beheimatet sind.“ Der Nabu berichtet über Schwarzstorchvorkommen, Lebensräume der Waldschnepfe, Durchzugsgebiete von Zugvögeln, aber auch über Fledermausvorkommen. Auch Haselmaus, Wildkatze und die Wisente seien massiv beeinträchtigt.

Der NABU wird diese Bedenken bei einem Erörterungstermin am Mittwoch mit WestfalenWind diskutieren.