Siegen. Finanzieller Druck auf Krankenhäuser steigt, auch aufs Klinikum Siegen. Sparen ist angesagt, dennoch gehen zwei neue Fachabteilungen an den Start

Das Klinikum Siegen rechnet für 2023 mit einem finanziellen Defizit. „Wir gehen davon aus, dass wir kein ausgeglichenes Jahr mehr haben“, sagte Geschäftsführer Ingo Fölsing am Donnerstag, 14. März, beim Jahrespressegespräch. Der Jahresabschluss sei zwar noch nicht abschließend geprüft, doch vor allem der fehlende Inflationsausgleich mache sich bemerkbar. Gleichwohl stehen einige Neuerungen an, unter anderem die Eröffnung zweier Fachkliniken am Standort Weidenau.

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Die finanziell angegespannte Lage betreffe die Branche insgesamt. In Siegen sei es „noch relativ ruhig“, doch wenn er den Blick in einen weiteren Umkreis richte, „sehe ich eine Klinik nach der anderen, die in die Bredouille kommt“, sagt Ingo Fölsing. Weil (fast) alles teurer wird, „geht die Schere zwischen laufenden Kosten und Erstattungen der Sozialleistungsträger auseinander“. Die Forderung, mittels Abbau von Leistungen zu sparen, hält der Geschäftsführer für nicht tragfähig. „Bei einer Belegung von teilweise mehr als 100 Prozent: Wo sollen wir da denn abbauen?“

Klinikum Siegen: 100-Prozent-Belegung ist keine Seltenheit

Die 100-Prozent-Belegung sei auch im laufenden Jahr bereits mehrfach wieder erreicht worden. Das sei natürlich auch Ausdruck des Vertrauens, das Patientinnen und Patienten dem Haus entgegenbringen, hänge mit den diversen Maßnahmen und Aktionen der vergangenen Jahre zusammen und spreche für die Belegschaft, wie Ingo Fölsing betont: „Das gelingt nur im Team.“ Die finanziellen Rahmenbedingungen müssten aber nun einmal auch stimmen.

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Sein Wunsch an die Politik: Krankenhäuser besser im Blick haben. Und sein Wunsch an die Gesellschaft insgesamt: „Wir müssen uns vor Augen führen, was für ein gutes Gesundheitssystem wir in Deutschland haben – und es erhalten.“ Landrat Andreas Müller, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung, verweist auf Landkreise, die bereits heute zweistellige Millionenbeträge wegen der Defizite ihrer kommunalen Krankenhäuser aufbringen müssten. Davon dürfte das Klinikum Siegen zwar deutlich entfernt sein; dennoch, „fällt es manchmal schwer, da motiviert zu sein – besonders, wenn Sie weiter investieren müssen“, merkt Ingo Fölsing an.

Klinikum Siegen eröffnet Lungenklinik und Plastische Chirurgie

Noch ist im Pressegespräch aber nichts von Motivationstiefs zu spüren: Es gibt diverse Neuerungen. Im Januar startete ein neues Leitungsteam an der Klinik für Radiologie und Neurologie, als leitender Chefarzt kam Privatdozent (PD) Dr. Sebastian Fischer aus Bochum. Damit konnte „die Expertise für die hochspezialisierte Behandlung bei Gefäßerkrankungen des Gehirns und Rückenmarks weiter ausgebaut werden“, wie das Klinikum mitteilt. Außerdem gehen am 1. April zwei neue Fachkliniken an den Start, womit deren Zahl auf insgesamt 15 steigt.

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Neu ist die Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie unter Chefarzt PD Dr. Thomas C. Pech wird ihren Schwerpunkt im rekonstrukitven Bereich haben, wie Dr. Martin Grond, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Klinik für Neurologie und Neurogeriatrie am Klinikum Siegen, erläutert. Es werde eine enge Zusammenarbeit mit der im Haus ansässigen Adipositas-Chirurgie geben, da es nach deren Eingriffen in aller Regel überschüssige Haut zu entfernen gibt. Doch – unter anderem – auch nach Verbrennungen, bei Lipödem oder nach Unfällen wird die neue Abteilung helfen. Rein ästhetische Eingriffe und Behandlungen ohne unmittelbare Indikation sind allerdings ebenfalls möglich.

Klinikum Siegen will Lungenkrebszentrum in Weidenau etablieren

Auch die Lungenklinik Siegen nimmt am 1. April den Betrieb auf und soll sich dann zu einem Lungenkrebszentrum entwickeln. Um als solches zertifiziert zu werden, sei es erforderlich, „Kompetenzen zu bündeln“ und eine gewisse Größe zu erreichen, wie Martin Grond erklärt. Die Größe bemisst sich nach Erstdiagnosen, die vor Ort gestellt werden; 100 müssten es pro Jahr sein, ergänzt Ingo Fölsing. Am Klinikum Siegen werden nun mit Prof. Dr. Karl-Josef Franke, Paul Fiedler und Dr. Ulirch Laskowski drei Chefärzte beginnen, die zuvor am Klinikum Lüdenscheid tätig waren.

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Die Kollegen seien sehr renommiert, wie Martin Grond hervorhebt. Wichtig für Aufbau und Erhalt einer Einrichtung wie dem Lungenkrebszentrum sei, „dass man Akteure hat, denen die Zuweiser vertrauen“. Das sei bei den drei Lüdenscheidern der Fall, bei überweisenden Ärtzinnen und Ärzten in der weiteren Region hätten sie einen guten Ruf. Die Lungenklinik, die eng mit der Onkologie des St. Marien-Krankenhauses zusammenarbeiten wird, ersetzt dabei nicht die ebenfalls mit Lungenerkrankungen befassten Abteilungen in Weidenau: Die Klinik für Thoraxchirurgie und thorakale Endoskopie und die Klinik für Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin (inklusive Weaningzentrum) bleiben bestehen.

Klinikum Siegen: Mehr Operartionssäle und ein neues Café

Das Klinikum Siegen arbeitet außerdem an der Erweiterung der OP-Kapazitäten von fünf auf sieben Säle. Sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich sei seit einigen Jahren eine „starke Zunahme an operativen Leistungen“ zu verzeichnen, wie Ausführungen des Klinikums zu entnehmen ist. Bei lediglich fünf Sälen sei eine Konsequnez, „dass teilweise bis in die Nacht operiert werden muss. Das macht einen nicht zu einem attraktiven Arbeitgeber“, sagt Ingo Fölsing. Längst müssen sich angesichts des Fachkräftemangels aber auch Krankenhäuser im Wettbewerb um Personal als solche aufstellen. Die Ausschreibung der OP-Erweiterung ist für April angestrebt, Spatenstich könnte im Dezember sein. Kostenschätzung: zehn Millionen Euro für die Baumaßnahmen plus zwei Millionen Euro für Medizintechnik.

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Deutlich früher soll bereits das Café „Goldstück“ eröffnen, nämlich im kommenden Sommer. Der Umbau der Cafeteria, früher das Café Sohler, läuft. Bei der Gestaltung der Räumlichkeiten und des Speisenangebots wurden Mitarbeitende über Umfragen einbezogen. Das Café wird sich gleichermaßen an Belegschaft, Patientinnen und Patienten und Besucher richten.

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