Siegen. Lange haben Unternehmen Dienstleistungen outgesourct, um Geld zu sparen. Das Klinikum Siegen macht nun genau das Gegenteil. Das sind die Gründe.
Outsourcing galt lange als Wundermittel, um Kosten zu senken. Mit Gründung der Klinikservice Weidenau GmbH holt das Klinikum Siegen Dienstleistungen nun wieder in die eigenen Reihen zurück. Tatsächlich mache das die Sache allenfalls geringfügig teurer, sagt Silke Schaumlöffel, kaufmännische Leiterin der neuen 100-Prozent-Tochtergesellschaft. Dafür würden die Vorteile klar überwiegen.
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Vor allem geht es um den Reinigungsbereich. Etwa zwei Drittel der Reinigungsaufgaben im Haus würden derzeit von einem externen Dienstleister übernommen, der Rest von eigenem Personal. Zum 1. September 2023 soll komplett der Klinikservice zuständig sein, 60 Festkräfte würden dafür neu eingestellt, erklärt Silke Schaumlöffel. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben dadurch eine viel größere Nähe zum Haus. Und wir haben stärkeren Zugriff auf die Mitarbeitenden und damit mehr Einfluss auf die Zufriedenheit der Teams auf den Stationen und der Patienten. Wir versprechen uns davon nämlich eine Qualitätssteigerung.“
Klinikum Siegen: Outsourcing verschärft Arbeitsbedingungen, Insourcing erhöht Qualität
Deutlich wird in den Ausführungen der kaufmännischen Leiterin, dass die Reinigungsleistung im bisherigen Outsourcing-Modell nicht immer und überall vollste Zufriedenheit erntete. Den Reinigungskräften, meist seien es Frauen, sei aber in aller Regel kein Vorwurf zu machen. „In den seltensten Fällen liegt es an der Mitarbeiterin – sondern an den Vorgaben.“ Bei den regelmäßigen Ausschreibungen setze sich das Unternehmen durch, das das günstigste Angebot macht. Wie viel Zeit selbst eine versierte Kraft jedoch tatsächlich benötigt, um beispielsweise einen Flur, ein Patientenzimmer oder einen Büroraum adäquat zu reinigen, stimme mit der Zeit, die ihr zugestanden wird, nicht immer überein.
Nachteile auch für Unternehmen
Die Klinikservice Weidenau GmbH gibt es seit dem 1. Oktober 2022. Sie ist eine hundertprozentige Tochter des Klinikums Siegen und ausschließlich für dieses tätig.
Der Trend zum Outsourcing, also zur Vergabe von zuvor von eigenen Mitarbeitenden erledigten Aufgaben an externe Dienstleister, begann in den 1980ern, sagt Silke Schaumlöffel, kaufmännische Leiterin des Klinikservices. Der wesentliche Vorteil, den Unternehmen sich davon versprochen haben: Kostensenkung. Einerseits hätten die Auftraggeber sich mit dem jeweils outgesourcten Bereich viel weniger befassen müssen, andererseits seien beispielsweise Personalabteilungen entlastet worden.
Insgesamt steht Outsourcing seit vielen Jahren in der Kritik, weil solche Lösungen für die Arbeitskräfte in den betroffenen Bereichen oft schlechtere Bedingungen und geringere Bezahlung bedeuten.
Unternehmen wiederum hätten ebenfalls Nachteile, wie Silke Schaumlöffel betont, weil Mitarbeiter sich weniger ans Unternehmen gebunden fühlten und der Einfluss auf die Personalauswahl sehr begrenzt sei: „Man weiß nicht, wer im eigenen Haus arbeitet.“
Das liegt auch daran, dass Räume nun einmal verschieden sind. Lege eine Firma für ihr Angebot aber beispielsweise zugrunde, dass ein Quadratmeter Fläche in einer bestimmten (kurzen) Zeit sauber zu bekommen sein müsste, berücksichtige das nicht, wie dieser Quadratmeter geschnitten ist, ob Möbel mit Ecken und Nischen darauf stehen oder ob es sonstige Tücken und Besonderheiten gibt. Steuernd Eingreifen ist für das Krankenhaus aber ungleich schwieriger, wenn die eingesetzten Kräfte nicht zur eigenen Belegschaft gehören. Das soll sich dank der Servicegesellschaft ändern.
Insourcing am Klinikum Siegen: Stärkere Bindung ans Haus verbessert das Miteinander
Dabei geht es nicht darum, den Druck erhöhen und die Leute gängeln zu können, wie Silke Schaumlöffel klar macht. Direkter Zugriff auf die Mitarbeitenden bedeute nämlich auch, die Vorgaben so anpassen zu können, dass die Aufgaben besser zu bewältigen sind. Außerdem müssten die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr bei jeder neuen Ausschreibung fürchten, dass sich ihr Einsatzort künftig ändert. Eine intensivere Anbindung ans Haus schaffe darüber hinaus eine andere Basis für das Miteinander. Viele der Reinigungskräfte hätten einen Migrationshintergrund, erzählt Silke Schaumlöffel. Da komme es durchaus vor, dass sie beispielsweise das Gespräch suchten, wenn sie Hilfe mit Behördenpost oder ähnlichen Dokumenten bräuchten. Je kürzer der Dienstweg ist, umso einfacher fällt so etwas natürlich – und umso besser sind die Voraussetzungen für eine gute Mitarbeiterbindung auch in diesem Bereich.
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Der Klinikservice ist zudem für Bettenaufbereitung und Logistik – also etwa Warenannahme, Post- und Laborprobenverteilung – zuständig. Die Mitarbeitenden, die dafür zuvor beim Klinikum angestellt waren, seien zu gleichbleibenden Konditionen gewechselt. Darüber hinaus kümmert sich die GmbH, oft gemeinsam mit dem Marketing, um Feste und Aktionen, beispielsweise Examensfeiern oder das jährliche Betriebsfest. Gänzlich neu ist eine eigene Floristin, die die Blumendekoration im Haus gestaltet und Sträuße als Dank oder Glückwunsch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anfertigt. Dies sei ebenfalls ein Beitrag zur Mitarbeiterbindung, erläutert Silke Schaumlöffel: „wenn wir überlegen, wem wir mal etwas Gutes tun können“.
Klinikum Siegen: Auch andere Abteilungen holen Dienstleistungen ins Haus zurück
Welche Bereiche der Klinikservice in Zukunft noch mit eigenen Leuten besetzen wird, werde sich zeigen, sagt die kaufmännische Leiterin. Sollte es, wie zeitweise während der Pandemie, noch einmal erforderlich werden, Sicherheitskräfte am Eingang zu positionieren, käme dies beispielsweise infrage. Insourcing findet aber auch an anderen Stellen im Haus statt. So habe das Klinikum Siegen in jüngerer Vergangenheit unter anderem einen Elektriker und zwei Maler fest eingestellt, berichtet Pressesprecherin Lara Stockschläder. Bei bestimmten Arbeiten muss das Klinikum dann nämlich nicht warten, bis ein Handwerksbetrieb einen Termin frei hat, sondern kann direkt zur Tat schreiten lassen.
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