Brilon. In Brilon droht die akute hausärztliche Unterversorgung. Diese Strategien sollen nun helfen, Ärzte in die Region zu holen.

In Brilon herrscht ein Engpass: Seit März kämpft die Stadt gegen die hausärztliche Unterversorgung an. Nicht nur Renteneintritte haben dafür gesorgt, dass es weniger Hausärzte in der Stadt gibt, auch ein unerwarteter Todesfall hat die Situation noch einmal verschärft. Mit dem Projekt „Komm aufs Land. Arzt“ versucht die Stadt selbst, Ärzte für Brilon zu gewinnen und auch der Hochsauerlandkreis und das Land NRW bietet Anreize. Kommt es zu lokalen Engpässen, setzt sich allerdings auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) für die Erteilung eines Sonderbedarfs ein und stellt finanzielle Anreize zur Verfügung. Es gibt verschiedene Maßnahmen und Angebote zur Sicherstellung der ambulanten Versorgung. Ein Überblick:

Das Frühwarnsystem der KVWL

Das Förderverzeichnis ist eine Art Frühwarnsystem, mit dem die KVWL aufzeigen kann, in welchen Gemeinden sich in naher Zukunft Probleme bei der ärztlichen Versorgung entwickeln könnten. Wichtige Indikatoren dafür sind die Altersstruktur und der Versorgungsgrad der Mediziner vor Ort. Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für Westfalen-Lippe hat im Mai 2023 für Brilon eine drohende Unterversorgung festgestellt, die weiterhin akut ist. Es werden Sicherstellungszuschläge an alle Hausärztinnen und Hausärzte gezahlt. Darüber hinaus sind die Fördermöglichkeiten erweitert auf ein Praxisdarlehen über 80.000 Euro. Brilon ist schon weit vor dem Beschluss des Landesausschusses in die Förderung aufgenommen worden, denn Brilon steht seit 2015 ununterbrochen auf dem Förderverzeichnis. Bisher gab es hierüber acht Förderungen (6 Praxisdarlehen, 1 Umsatzgarantie und 1 Kostenzuschuss).

Stefan Kuster, Sprecher der KVWL, erklärt: „Ärzte, die sich in den auf dem Förderverzeichnis geführten Städten und Gemeinden niederlassen möchten, können beim Vorstand der KVWL einen Antrag auf besondere Unterstützungsmaßnahmen stellen.“ Hierzu zählt beispielsweise die Gewährung von Darlehen zum Praxisaufbau oder zur Praxisübernahme. Diese müssen nur zu einem geringen Teil zurückgezahlt werden, wenn die Förderempfänger mindestens drei Jahre in der ärztlichen Versorgung tätig sind. Die Übernahme von Kosten (Einrichtungskosten) und die Gewährung von Umsatzgarantien sind weitere Beispiele der Förderung. Mit dieser Maßnahme soll eine mögliche Unterversorgung frühzeitig vermieden, die Altersstruktur verbessert und der Versorgungsgrad in den betroffenen Gebieten erhöht werden.

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Finanzielle Unterstützung

Insgesamt hat der KVWL-Vorstand bereits mehr als 300 Förderungen über das Förderverzeichnis genehmigt. Allein im Jahr 2023 wurden so rund 3,1 Millionen Euro zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Versorgung investiert. Durch die ergriffenen Maßnahmen zur Förderung des hausärztlichen Nachwuchses ist es nachweislich gelungen, die Versorgungssituation in verschiedenen Städten und Gemeinden in Westfalen-Lippe zu verbessern. Finanziell werden Landarzt-Anwärter auch durch den Hochsauerlandkreis unterstützt. Dieser bietet Medizinstudenten die Möglichkeit eines Stipendiums von monatlich bis zu 500 Euro, wenn der Wunsch in der Region zu praktizieren vorhanden ist.

Hilfe beim Praxisstart

Die KVWL engagiert sich mit der Kampagne PRAXISSTART bereits seit 2014 für die Nachwuchsgewinnung in der ambulanten Versorgung. „Ziel ist es, sie stärker in den Fokus von Klinikärzt*Innen, Weiterbildungsassistent*innen und Medizinstudierenden zu rücken. Getreu dem Motto „Nach der Theorie kommt die Praxis“ bietet die KVWL beispielsweise finanzielle Fördermöglichkeiten sowie Informations- und Beratungsangebote für den ärztlichen Nachwuchs an – vom persönlichen Beratungsgespräch bis zum Praxisdarlehen“, erklärt Kuster. Die Experten der KVWL informieren angehende Mediziner zudem bereits an den Universitäten in der Region über ihre beruflichen Perspektiven im ambulanten Sektor und beantworten Fragen rund um die Niederlassung. Die Kampagne wurde im Herbst 2023 neuaufgelegt. Mit vier Lebenswegen – direkt aus der Ärzteschaft – wirbt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) seit dem für die Niederlassung. Auch die Stadt wirbt immer wieder für den Niederlassungsstandort, im Rahmen des Projektes „Komm aufs Land. Arzt“ wird beispielsweise auch Kinowerbung geschaltet, in der junge Ärztinnen und Ärzte angesprochen werden. Außerdem bietet das Projekt zum Praxisstart eine schnelle Vernetzung mit den anderen Ärzten vor Ort an, um die medizinische Versorgung aktiv mitgestalten zu können. Auch Beratung in allen Belangen rund um die Niederlassung wird angeboten, für Partnerinnen oder Partner bietet das Projekt „Komm aufs Land.Arzt“ auch eine Jobvermittlung sowie eine Immobilien- und Kindergarten- oder Schulvermittlung an.

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Weiterbildungsmöglichkeiten

Nach dem Medizinstudium schließt sich die Weiterbildung zur Fachärztin bzw. zum Facharzt an. Auf der Grundlage der Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern können die dazu notwendigen Kompetenzen in weiterbildungsbefugten Arztpraxen erworben werden. Das Projekt „Komm aufs Land.Arzt“ hält für Anwärter einen aktiven Weiterbildungsverbund vor, sei es eine Weiterbildung zum Facharzt oder zum Allgemeinmediziner. Auch das Land NRW fördert Weiterbildungen. Die ambulante Weiterbildung im Fach Allgemeinmedizin wird finanziell durch die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gefördert. Die Beschäftigung von Assistenten in Weiterbildung in Vertragsarztpraxen sei laut Kuster attraktiv: „Der Förderbetrag liegt bei 5400 Euro pro Monat für eine Vollzeitstelle und kann für Quereinsteiger*innen oder in Regionen mit einer geringen Arztdichte noch erhöht werden.“ Im Fach Allgemeinmedizin werden bis zu 48 Monate ambulant gefördert. Auch Quereinsteiger werden gefördert: Durch die entsprechende Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin können die Quereinsteiger die sonst vorgeschriebene Weiterbildungszeit deutlich verkürzen. Die Teilnehmenden erhalten 7500 Euro monatlich.