Siegen. Mädchen, das Kind von Stiefvater zur Welt brachte, will sich in Missbrauchs-Prozess nun doch äußern. Welche Zweifel ihre Anwältin hat.
Es war eine unerwartete Wendung beim Auftakt in diesen Missbrauchs-Prozess: Die heute Zwölfjährige, die von ihrem Stiefvater geschwängert worden sein soll und im vergangenen Jahr per Kaiserschnitt ein Kind zur Welt gebracht hat, will nun doch in dem Verfahren vor dem Landgericht Siegen aussagen. Wie es zu diesem Sinneswandel kam, konnte die Anwältin des Mädchens beim Prozess-Auftakt am Dienstag nicht erklären. Sie habe noch nie mit der Zwölfjährigen, welche unter Vormundschaft des Kreis-Jugendamtes steht, gesprochen, sagte Jennifer Sauer. Eine inhaltliche Vorbereitung des Mädchens durch ihre Anwältin auf die für den 23. Januar angekündigte Befragung vor Gericht soll es nicht geben.
„Ich werde nicht mit ihr über ihre Aussage sprechen“, sagte Sauer der Westfalenpost nach dem Prozess-Auftakt, „weil ich die Aussage dann angreifbar machen würde durch die Verteidigung des Angeklagten.“ Das Mädchen als Hauptbelastungszeugin für die Vorwürfe gegen den Stiefvater soll demnach nicht durch seine Anwältin beeinflusst werden können, um sich nicht einem „Suggestionsvorwurf“ (Sauer) auszusetzen und nicht die Beweiskraft der Aussage zu schmälern.
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Mädchen sei „schwer traumatisiert“
Das Mädchen ist an dem Verfahren als Zeugin und als (mutmaßlich geschädigte) Nebenklägerin beteiligt. Sauer vertritt die Zwölfjährige (beziehungsweise den Kreis als Vormund des Mädchens). Im Ermittlungsverfahren soll die Zwölfjährige zunächst erklärt haben, dass sie sich mittels eines gebrauchten Kondoms selbst geschwängert habe. Später soll sie diese Aussage geändert und ihren Stiefvater beschuldigt haben. Der 38-Jährige ist ausweislich eines DNA-Abgleichs biologischer Vater des Babys, bestreitet aber die Missbrauchs-Vorwürfe. Sein Verteidiger zweifelt an der Glaubwürdigkeit des Mädchens, weil das seine Aussage geändert habe.
„Ich weiß nicht, ob sie in der Lage sein wird, ausführlich aussagen zu können, oder ob sie sich aufgrund der psychischen Belastung zurückzieht.“
Anwältin Sauer hält ihre Mandantin für glaubwürdig, der Wechsel der Aussage des Mädchens habe damit zu tun, dass es „schwer traumatisiert“ sei. Ob die Zwölfjährige nun beim nächsten Verhandlungstermin tatsächlich aussagt, bleibt abzuwarten.
Das Mädchen sei derzeit in der psychischen Verfassung, eine Aussage in dem Prozess gegen ihren Stiefvater zu tätigen. Ob das aber am 23. Januar vor Gericht ebenso der Fall sei, müsse man sehen. „Ich weiß nicht, ob sie in der Lage sein wird, ausführlich aussagen zu können, oder ob sie sich aufgrund der psychischen Belastung zurückzieht“, erklärte Sauer.
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