Büren/Arnsberg. Was eine private Initiative nach dem Lufthansa-Aus am Airport Paderborn-Lippstadt plant. Diskussionen um den Sinn innerdeutscher Flüge.

Einmal schütteln und dann nach Lösungen suchen. Die Lufthansa hat soeben verkündet, dass es - im negativen Sinne - am Flughafen Paderborn-Lippstadt den Abflug macht, sprich: die Verbindung nach München kappt. Und doch steckt man rund um Büren-Ahden nicht den Kopf in den Sand. „Was gerade passiert, ist ein Spiegelbild der Mentalität in Ostwestfalen und im Sauerland. Man sagt sich: Jetzt erst recht und nimmt die Dinge selbst in die Hand.“ Was Flughafensprecher Matthias Hack meint, ist eine bislang bundesweit einmalige private Initiative: Unternehmer und private Investoren wollen eine Flugbetriebsgesellschaft gründen, die nach dem Lufthansa-Aus im Sommer 2025 die Verbindung nach München selbst unterhält.

Derzeit gebe es einen Kreis von mehr als einem Dutzend Menschen aus dem Einzugsgebiet des Flughafens, die mit „veritablen Geldbeträgen“ eine solche Gesellschaft unterstützen wollten. „Täglich werden es mehr. “ Man müsse sich die Sache wie ein Schneeball-System vorstellen, so Hack weiter: „Der eine spricht mit dem anderen, der mit dem nächsten und so weiter. Viele profitieren von der Strecke nach München und wollen sie gerne weiter nutzen.“

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Auf Betreiben des Paderborner Computer-Unternehmers Heinz Nixdorf wurde vor mehr als 40 Jahren die Flugverbindung nach Bayern gegründet. Der Flughafen München-Riem - und später der im Erdinger Moos - wurde für Westfalen zum Tor zur Welt.

Nachfrage nicht das Problem

Nicht nur Geschäftsreisende nutzen den zweitgrößten Airport in Deutschland als internationales Drehkreuz, auch Urlauber sind auf der Strecke unterwegs: „Die Entscheidung der Lufthansa hat nicht mit Nachfrageproblemen zu tun“, betont Matthias Hack, „die Verbindung ist gut bis sehr gut ausgelastet.“

Thomas Frye von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Arnsberg Hellweg-Sauerland

„Wir werden heimische Unternehmen gezielt auf das Projekt aufmerksam machen. Wir unterstützen es ausdrücklich. Der Flughafen Paderborn-Lippstadt hat eine zentrale Bedeutung für das Sauerland.“

Thomas Frye
Industrie- und Handelskammer Arnsberg Hellweg-Sauerland

Bei der Kranich-Linie verweist man auf hohe staatliche Abgaben und Gebühren für Fluggesellschaften in Deutschland, die den wirtschaftlichen Betrieb einer Regionalverbindung kaum noch ermöglichten. Zudem machten sich veränderte Arbeitsgewohnheiten seit der Pandemie - virtuelle Konferenzen statt Geschäftsreisen - bemerkbar.

Auch andere Regionalflughäfen spüren ein Ausdünnen innerdeutscher Verbindungen. So wird die Lufthansa-Tochter Eurowings ab April 2025 die Strecke von Dortmund nach München nicht mehr bedienen. Mit Beginn des Winterflugplans hat die Lufthansa die Verbindung vom Flughafen Münster-Osnabrück zum Drehkreuz Frankfurt gestrichen.

In Gesprächen mit der Lufthansa

Zurück zur privaten Initiative in Westfalen für die München-Verbindung. Diese sei, so heißt es am Flughafen-Standort in Büren-Ahden, auf Betreiben des Paderborner CDU-Bundestagsabgeordneten und Generalsekretärs der Bundes-Partei, Carsten Linnemann, zustande gekommen.

Derzeit seien die Macher unter anderem dabei, weiteres Kapital zu sammeln, in Gesprächen mit der Lufthansa sicherzustellen, dass bei künftigen Flügen von Paderborn-Lippstadt in die weite Welt am Drehkreuz München das Gepäck weiterbefördert wird und dass nur eine Buchung notwendig ist. Zudem müsse man eine Airline finden, die den operativen Teil übernimmt, sprich: die Flüge im Auftrag der Betreibergesellschaft durchführt. Flughafensprecher Hack: „Man ist in diesen Punkten in positiven Gesprächen. Finale Ergebnisse gibt es allerdings noch nicht.“

Kritik von Umweltschützern

Die emsigen Bemühungen um die Flugverbindung von Westfalen nach München fallen in eine Zeit, in der sich die Stimmen mehren, die Inlandsflüge als Auslaufmodell bezeichnen. Umweltschutzorganisationen wie der BUND machen mit der Formel „Züge statt Flüge“ Stimmung. Der Flugverkehr sei die „klimaschädlichste Form der Mobilität“, heißt es von dieser Seite.

Matthias Hack kennt von Berufs wegen solche Aussagen und berichtet von „vielfältigen Initiativen“ in der Luftverkehrsbranche, „das Fliegen ökologischer zu machen“. Eines Tages werde es klimaneutrale Antriebe geben, „dann wird das Flugzeug die ökologischste Fortbewegung sein. Aber so weit sind wir noch nicht.“ Und überhaupt, so der Flughafensprecher: „Fahren Sie mal mit der Bahn aus dem Sauerland oder aus Ostwestfalen nach München. Viel Vergnügen.“

Lange Zugfahrt aus dem Sauerland

Geschäftsleute aus der Region nutzen den Flughafen München als Drehkreuz zum Weiterflug zu Terminen im Ausland. Beispiel 8. Januar 2025: Die erste Zugverbindung vom Bahnhof Brilon-Stadt zum Flughafen München startet um 5:43 Uhr. Wenn es planmäßig läuft und die Anschlusszüge bei den zwei bis vier Umstiegen pünktlich abfahren, benötigt der Geschäftsreisende (siehe Grafik) sieben bis fast neun Stunden. Zwar könnte er bei Abfahrt um 10.06 Uhr in 6,09 Stunden mit dem Zug am Flughafen München sein. Das nutzt ihm aber im Zweifel nichts, weil er wegen der fortgeschrittenen Zeit an dem Tag keinen Geschäftstermin mehr erledigen könnte. Mit Anfahrt zum Flughafen Paderborn-Lippstadt, Aufenthalt im Terminal und Flug (ab 6:25 Uhr) wäre er in gut zwei Stunden am Münchner Airport. „Für Unternehmen gilt: Zeit ist Geld“, so Flughafensprecher Hack, „auf einer Geschäftsreise zählt jede Stunde. Abgesehen davon, dass die Bahn in puncto Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit einen gewissen Nachholbedarf hat.“

In die gleiche Kerbe schlägt Thomas Frye von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Arnsberg Hellweg-Sauerland: „Aufgrund der Verbindungsqualität ist die Bahn in Richtung Süden nicht die Alternative für Unternehmen aus unserer Region.“ Der IHK, so Frye weiter, sei die private Initiative für die München-Verbindung bereits inoffiziell bekannt gewesen. „Jetzt, so das Thema in der Öffentlichkeit ist, werden wir heimische Unternehmen gezielt auf das Projekt aufmerksam machen. Wir unterstützen es ausdrücklich. Der Flughafen Paderborn-Lippstadt hat eine zentrale Bedeutung für das Sauerland.“

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