Paderborn/Dortmund. Nach Ryanair kappt Eurowings Verbindungen. Warum Paderborns Flughafenchef die Reaktion der Fluggesellschaften für nachvollziehbar hält.

Das Angebot an Flugverbindungen von deutschen Airports schrumpft weiter. Nach der Airline Ryanair, die am Donnerstag angekündigt hatte, sich von den Standorten Dortmund, Dresden und Leipzig ab Sommer 2025 vorerst zu verabschieden und das Angebot in Hamburg und Berlin deutlich zu verringern, kündigte am Freitag auch die deutsche Lufthansa-Tochter Eurowings mit Sitz in Köln an, das Angebot für 2025 ab Hamburg um mehr als 1000 Flüge zu kappen.

Am Flughafen Dortmund hat Eurowings bisher zwei Flieger fest stationiert, auch ab Paderborn/Lippstadt fliegen die Kölner zu Urlaubszielen. „Wir prüfen regelmäßig alle Strecken auf Wirtschaftlichkeit“, sagt ein Sprecher der Eurowings gegenüber der Westfalenpost. Und weiter: „Es ist ein Warnschuss an Hamburg, aber den Luftsog spüren alle.“ Die Branche klagt seit Jahren, dass Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Standorten zu teuer sei. Dass Eurowings die Strecke Dortmund nach München ab April aus dem Programm nehme, habe mit geringer Nachfrage zu tun, heißt es von der Airline. Laut Flughafenbetreibergesellschaft werde Eurowings auch eines der beiden fest stationierten Flugzeuge abziehen. Derzeit bediene Eurowings zehn Ziele ab Dortmund und trage zwölf Prozent zum Gesamt-Passagieraufkommen bei.

Im Bild: Jens Bischof, CEO von Eurowings.

„ Die Leidtragenden sind jetzt Urlaubs- und Geschäftsreisende aus der Region.“

Jens Bischof
Chef der Airline Eurowings über die Streichungen ab Hamburg

In Deutschland schlagen bei den Kosten mehrere Faktoren im Vergleich zum Ausland extra zu Buche: Zum einen die Luftverkehrssteuer, die laut Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) im Mai dieses Jahres um 25 Prozent erhöht worden sei und die es so in anderen Ländern nicht oder nur in geringem Maße gebe. Dann die Luftsicherheitsgebühren, die bislang auf zehn Euro pro Passagier gedeckelt waren. Diese Grenze werde ab Januar 2025 auf 15 Euro angehoben. Dazu kommen noch die Kosten an den jeweiligen Standorten, die unterschiedlich hoch sind. Ohne dass ein Ferienflieger in der Größenordnung eines Airbus A320 auch nur ein Rad auf dem Rollfeld Richtung Start gedreht habe, seien schon rund 4000 Euro an Gebühren an deutschen Flughäfen weg, erklärt Eurowings. Eine Rechnung, die der Bundesverband der Luftverkehrswirtschaft (BDL) bestätigt.

Eurowings-Chef: Fliegen ab Hamburg wird teuer

„Das reduzierte Angebot wird die direkte Anbindung Hamburgs deutlich schwächen und Fliegen aus der Hansestadt spürbar verteuern“, sagt Eurowings-Chef Jens Bischof, der aktuell auch BDL-Präsident ist. „Diese Entwicklung wäre vermeidbar gewesen. Aber die Pläne des Flughafens für eine völlig unverhältnismäßige Erhöhung der Entgelte lassen uns keine Wahl. Es ist sehr bedauerlich, dass hier keine tragfähigen Lösungen angeboten worden sind. Die Leidtragenden sind jetzt Urlaubs- und Geschäftsreisende aus der Region.“

Der BDL kritisiert die Standortnachteile in Deutschland seit langem. Staatliche Gebühren in Deutschland hätten sich seit 2020 annähernd verdoppelt: Steuern und Abgaben summierten sich bei einem typischen Mittelstreckenflug innerhalb Europas inzwischen auf ein neues Rekordhoch. Umgerechnet auf einen Passagier fielen bei einem One-Way-Flug ab Deutschland mit Ziel innerhalb Europas rund 30 Euro staatliche Steuern und Gebühren an. Bei einem durchschnittlichen Ticketpreis der Airlines wie Ryanair, Easyjet, Eurowings und Co. von 66 bis 110 Euro kämen Fluggesellschaften zunehmend zu der Ansicht, dass es sich betriebswirtschaftlich nicht lohne, von und nach Deutschland zu fliegen. In der Folge falle Deutschland bei der Entwicklung des Luftverkehrs nach der Corona-Pandemie immer weiter zurück. Zum Vergleich: In Spanien fallen staatliche Standortkosten von rund vier Euro pro Passagier an.

„Die weitere drastische Reduzierung des Angebots von Ryanair an deutschen Flughäfen ist ein Alarmzeichen: Die Kostenschraube für den Luftverkehr in Deutschland ist überdreht. Bei der Erholung des Angebots nach der Corona-Pandemie verliert der Standort zunehmend Anschluss an die Entwicklung in den anderen europäischen Ländern“, sagt Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Während der Luftverkehr in Deutschland im kommenden Winterflugplan nur 83 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreichen werde, steige das Angebot im restlichen Europa auf 110 Prozent. Das sei ein fatales Signal für Reisende und den Wirtschaftsstandort, warnt BDL-Hauptgeschäftsführer Lang: „Unsere exportorientierte Wirtschaft ist auf eine gute internationale Vernetzung angewiesen. Dem fortlaufenden Anstieg der staatlichen Standortkosten für Luftverkehr in Deutschland muss daher dringend ein Riegel vorgeschoben werden.“

Eine Einschätzung, die Eurowings teilt: „Es lohnt sich einfach nicht mehr. Hier geht es um den Luftverkehrsstandort Deutschland insgesamt“, heißt es vom Eurowings-Sprecher, der betonte, „es gibt keine Entscheidung, morgen in Dortmund zu räubern“, sprich die Anzahl der Flüge, abgesehen von der wenig genutzten Strecke Dortmund-München, zu reduzieren oder gar die Basis aufzugeben. Von Dortmund aus startete regelmäßig auch die Fußball-Profimannschaft von Borussia Dortmund mit einem Eurowingsflieger zu Auswärtsspielen.

Geschäftsführer Roland Hüser, Chef des Flughafens Paderborn/Lippstadt.

„Die Streichung von Flügen ist die logische Konsequenz. Das würde jedes andere Unternehmen auch so tun.“

Roland Hüser
Geschäftsführer der Flughafengesellschaft Paderborn/Lippstadt zu den hohen Kosten am Standort Deutschland

Einer Überprüfung muss sich auch der Flughafen Paderborn/Lippstadt stellen trägt. Ryanair wolle das Angebot von Paderborn erst einmal nicht reduzieren, auch Eurowings nicht, wie Roland Hüser, Chef des Paderborner-Flughafens, versichert: „Beide Fluggesellschaften sind bei uns sehr zufrieden.“ Ryanair fliegt ab Paderborn überwiegend das spanische Festland und Mallorca an, ebenso wie Eurowings. Geschäftsführer Hüser ist von der Streicharie der Airlines wenig überrascht. „Aktuell haben wir neben den Kosten eine Situation, in der sowohl Personal als auch Flugzeuge knapp sind, weil die Asiaten sehr viele bestellen. Die Airlines haben also knappe Ressourcen und setzen sie dort ein, wo die Rendite besser ist“, erklärt der Flughafenchef.

Der Standort Deutschland lahmt also auch in der Luft. „Die Streichung von Flügen ist die logische Konsequenz. Das würde jedes andere Unternehmen auch so tun“, wirbt Roland Hüser um Verständnis - aus einer Position heraus, in der der Flughafen „Heinz Nixdorf“ weiter wächst. Die Verknappung des Angebots von Ryanair und Eurowings werde sowohl Geschäftsreisende als auch Urlauber treffen, die von deutschen Flughäfen starten wollen. Auch andere Airlines dürften scharf rechnen. Ein knapperes Angebot bedeutet, dass Flüge ab Deutschland teurer werden dürften. Selbst die Gleichung, weniger Flüge von deutschen Airports bedeuten auch weniger CO₂-Fußabdruck, ist eine Milchmädchenrechnung. Die Gesellschaften verlagern ihre Kapazitäten schließlich nur ins nahe Ausland.

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