Hagen. Butter kostet mehr als je zuvor. Wieso Experten einen weiteren Anstieg erwarten, und was das für heimische Erzeuger bedeutet.
Es geht steil bergauf, seit Monaten. Inzwischen hat der Butterpreis ein Rekordhoch erreicht. 2,39 Euro kostete ein 250-Gramm-Stück der Eigenmarken bei den Supermärkten und Discountern zuletzt. Markenbutter ist noch teurer. Innerhalb eines Jahres stieg der Butter-Preis um fast 30 Prozent, im Vergleich zu 2020 beträgt das Plus laut Statistischem Bundesamt sogar 41 Prozent. Trotzdem sagt Anna Bieker, Geschäftsführerin der Volle Kanne Hofmolkerei Sauerland in Drolshagen (Kreis Olpe), klipp und klar: „Butter zu produzieren lohnt sich hinten und vorne nicht für uns.“
Die Einschätzung mag überraschen, Bieker aber steht mit ihrer Haltung nicht alleine da unter kleineren Milch-Betrieben aus Südwestfalen, die auf eigene Rohstoffe und Produkte setzen. Obwohl Butter teuer wie nie ist und Experten weitere Preissprünge in den kommenden Monaten erwarten, winkt auch Philipp Henk ab. „Wir würden gerne Butter herstellen“, sagt der Chef der gleichnamigen Milcherei in Bad Berleburg, „aber es lohnt sich nicht.“
Für diese Haltung wie für die Butter-Preisexplosion gibt es vielschichtige Gründe.
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Blauzungenkrankheit als „i-Tüpfelchen“
Zunächst zu den Ursachen für den kräftigen Preisanstieg – der sich fortsetzen könnte, sagt beispielsweise Andreas Siegert, Betriebsleiter der Upländer Bauernmolkerei in Willingen: „Die Preise werden bis Weihnachten definitiv weiter steigen.“
Sven Lorenz, 1. Vorsitzender der Milcherzeugergemeinschaft, welche die Upländer Bauernmolkerei in Willingen betreibt, spricht vom Zusammentreffen dreier Probleme, welche die aktuelle Butter-Krise ausgelöst hätten.
Zum einen sei das Futter in diesem Jahr nicht von der üblichen Qualität. Das komme häufig in regenreichen Jahren vor. „Über die Sonne kommt Energie ins Futter“, sagt Lorenz. In diesem Jahr aber gab es weniger Sonne, in der Folge einen geringeren Fettanteil in der Milch. Dadurch steht weniger Milchfett für die Butterherstellung zur Verfügung.
„Die Preise werden bis Weihnachten definitiv weiter steigen.“
Als zweiten Grund führt der Bio-Bauer aus Waldeck im hessischen Sauerland das „Sterben der Milchviehbetriebe“ an. Alle zehn Jahre halbiere sich deren Zahl, aktuell gebe es in Deutschland noch 50.000 Milchviehbetriebe. Die jüngere Generation übernehme die Höfe nicht, weil die Milchpreise über Jahrzehnte zu niedrig gewesen seien. Das System sei zu stark auf Wirtschaftlichkeit getrimmt, daher blieben kaum Reserven, um für Krisen gewappnet zu sein. „Wir haben immer auf dieses strukturelle Problem aufmerksam gemacht, aber das wollte niemand hören“, sagt Lorenz.
Schließlich sei der dritte Grund – Lorenz spricht vom „i-Tüpfelchen“ – in diesem Jahr die Blauzungenkrankheit. Die grassiere vor allem in NRW, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. „Aus den Gebieten kommen große Mengen der deutschen Milch. Erkrankte Kühe aber geben weniger Milch“, so Lorenz.
Bio-Bauer: „Es kann zu Engpässen kommen“
Der Vorsitzende der Milcherzeugergemeinschaft, in der 105 Bio-Bauernhöfe organisiert sind, darunter etwa 35 aus Sauer- und Siegerland, sieht „keine Entspannung“. Bis März werde sich an der Situation nicht viel ändern. Die Milchleistung der Kühe gehe im Herbst und Winter zurück, erst im Frühjahr ändere sich das wieder, wenn die Tiere auf die Weiden zurückkehrten. Dem geringeren Angebot stehe eine saisonal steigende Nachfrage gegenüber, da man auf die Weihnachtszeit und damit auf die Gebäcksaison zugehe.
„Eben mal so Butter machen, das funktioniert nicht.“
„Es kann zu Engpässen kommen, allerdings ist die Entwicklung schwer vorherzusehen. Wenn der Butter-Preis steigt, geht die Nachfrage zurück, weil die Leute auf beispielsweise pflanzliche Alternativen umsteigen. Wie stark der Effekt sein wird, kann man noch nicht beziffern. Die weitere Entwicklung hängt auch von der Blauzungenkrankheit ab“, sagt Lorenz.
Anders als die Upländer Bauernmolkerei, die unter anderem Bio-Butter produziert (kostet beispielsweise im Hofladen Sauerland 3,79 Euro pro 250-Gramm-Päckchen) und 48 Millionen Liter Bio-Milch pro Jahr verarbeitet, ist ein Einstieg in die Butter-Produktion für die befragten kleineren Hofmolkereien trotz der Rekordpreise kein Thema.
Trotz Nachfrage nach Butter keine Produktion
„Eben mal so Butter machen, das funktioniert nicht“, sagt Philipp Henk und erklärt: „Wir arbeiten bei unseren Produkten mit einem natürlichen Fettgehalt. Wir entnehmen der Milch oder dem Joghurt kein Fett, das heißt, es bleibt kein Fett, kein Rahm übrig, um daraus Butter herzustellen.“
Wolle man Butter herstellen, müsse man aber eben erst Rahm herstellen, der 20 Prozent Fettkonzentration aufweise. Dafür seien zusätzliche Arbeitsschritte erforderlich. Bei den Mengen Milch, die sie verarbeiteten – pro Jahr etwa 200.000 Liter –, rede man am Ende über 20, 30 Päckchen Butter, die sie herstellen könnten. Das sei viel zu wenig. Also bleibe man bei Frischmilch, Käse, Quark, Joghurt.
„Ich müsste Riesenmengen Magermilchprodukte absetzen, damit es sich lohnt, Butter ins Sortiment aufzunehmen.“
Ähnlich äußert sich Anna Bieker von der Volle Kanne Hofmolkerei Sauerland in Drolshagen, in der 2023 gut 126.000 Liter Rohmilch zu Vollmilch, Joghurt, Schlagsahne oder Quark verarbeitet wurden. Für ein Kilo Butter, also vier Päckchen, brauche es ungefähr 18 Liter Milch. Die Milch, aus welcher der für die Butter-Herstellung notwendige Rahm gewonnen wird, kann für die Herstellung von Magermilchprodukten wie Magerquark oder fettarme Milch verwendet werden. Gefragt seien bei ihnen aber vor allem Erzeugnisse mit Vollfettstufe (mindestens 45 Prozent Fett).
„Wir haben relativ wenige Magerprodukte im Sortiment, und ich kann nur dann ausreichend Sahne abgreifen von der Milch, wenn ich auch die Magermilchprodukte wie beispielsweise Magerquark oder fettarme Milch loswerde. Ich müsste Riesenmengen Magermilchprodukte absetzen, damit es sich lohnt, Butter ins Sortiment aufzunehmen“, erklärt Anna Bieker. Zudem müsste eine Buttermaschine angeschafft werden.
Biekers Fazit: „Wir haben zwar eine Nachfrage nach Butter, aber ich habe gesagt, das können wir nicht machen.“