Düsseldorf/Hagen. Laut Innenminister Herbert Reul war die Tatverdächtige des Angriffs in Siegen nicht nur wegen Drogendelikten polizeibekannt.
Sechs Tage nach der Messerattacke am Rande des Stadtfestes in Siegen hat NRW-Innenminister Herbert Reul weitere Informationen zum Ablauf und den Hintergründen der Tat gegeben. So präzisierte der CDU-Politiker am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags die Vorwürfe gegen die 32 Jahre alte deutsche Tatverdächtige. Bisher war in den Verlautbarungen von Staatsanwaltschaft und Polizei allgemein von einem „versuchten Tötungsdelikt“ die Rede. Am Donnerstag erklärte Reul, dass die Tatverdächtige „wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft“ sitze (in der JVA Köln).
Zudem berichtete der 72-Jährige, dass sich die mutmaßliche Täterin, bei der laut Reul Hinweise auf eine psychische Erkrankung vorliegen, in den Vernehmungen geäußert habe. Demnach habe die Frau erklärt, dass „die Polizeibeamten das Motiv – Zitat – ‚eh nicht verstehen‘ würden“. Dies sei die „einzige Aussage“ der Tatverdächtigen gewesen. Hintergründe und Motiv der Tat seien „völlig unklar“. Es gebe aber keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund. Der Anwalt der Tatverdächtigen äußerte sich bislang nicht auf Anfrage dieser Redaktion.
Reul berichtete des Weiteren im Innenausschuss, dass die Tatverdächtige nicht nur wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz polizeibekannt gewesen sei, sondern auch gegen das Straßenverkehrsgesetz verstoßen habe. Nähere Angaben dazu machte der Minister im öffentlichen Teil der Sitzung nicht. Nach Informationen der WESTFALENPOST soll die Frau, die im Kreis Olpe wohnte, unter Drogeneinfluss gefahren sein.
Die zuständige Staatsanwältin Tabea Schneider bestätigte auf Anfrage Verstöße der Beschuldigten gegen das Betäubungsmittel- und Straßenverkehrsgesetz, ohne nähere Angaben zu machen, ebenso Reuls Bericht über die Aussage der Beschuldigten zum Motiv.
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Reul dankt „mutigen“ Passagieren
Reul schilderte in seinem siebenminütigen Vortrag im Innenausschuss, auf den keine Fragen der anwesenden Innenpolitiker von Regierungs- und Oppositionsfraktionen folgten, wie sich die Tat am vergangenen Freitag auf der Anfahrt eines Sonderbusses in die Siegener Innenstadt abgespielt haben soll, die sechs Verletzte, darunter drei Schwerverletzte, gefordert hatte.
Um 19:41 Uhr sei die Polizei per Notruf von mehreren Anrufern alarmiert worden, dass eine Frau in dem Bus Fahrgäste durch Messerstiche verletzt habe und die mutmaßliche Täterin bereits durch Fahrgäste überwältigt worden sei. Der erste Streifenwagen sei acht Minuten nach Eingang des Notrufs am Tatort in Siegen-Eiserfeld eingetroffen. Die schnelle Reaktionszeit bezeichnete Reul als „gute Leistung“. Die Einsatzkräfte hätten die mutmaßliche Täterin „alleine vorne im Bus“ angetroffen, die Frau habe sich „widerstandslos“ festnehmen lassen. Im Bus seien mehrere Messer gefunden worden, einige Messer hätten Fahrgäste „geistesgegenwärtig“ an sich genommen. Die 35 Passagiere und der Busfahrer hätten sich beim Eintreffen der Polizei am Tatort außerhalb des Busses befunden.
„Vielen Dank an die selbstlosen und mutigen Fahrgäste, die durch Zivilcourage Schlimmeres verhindert haben.“
Der Vorfall sei zunächst als „Amoklauf“ eingestuft worden, weshalb „sofort umfangreiche Mechanismen“ gegriffen hätten. Unter anderem seien Spezialeinheiten und Bereitschaftspolizei alarmiert worden. In der Spitze wären 120 Polizeikräfte im Einsatz gewesen, auch ein Hubschrauber. „Da schnell feststand, dass keine Gefahr mehr bestand, war eine Alarmierung weiterer Kräfte nicht mehr erforderlich“, so Reul.
Der Innenminister bezeichnete es als „wichtigste Botschaft“, dass alle Verletzten inzwischen außer Lebensgefahr seien. „Die zweite gute Nachricht ist, dass sich Menschen eingemischt haben“, so Reul weiter: „Vielen Dank an die selbstlosen und mutigen Fahrgäste, die durch Zivilcourage Schlimmeres verhindert haben.“ Laut Siegens Bürgermeister Steffen Mues (CDU) hatten sich drei Mütter mit Migrationshintergrund auf die mutmaßliche Täterin gestürzt und sie so gestoppt.
NRW-Innenminister Reul, der bereits am Tag nach der Tat bei seinem Besuch in Siegen angekündigt hatte, die Einführung von Taschenkontrollen bei großen Volksfesten prüfen zu lassen, erklärte am Donnerstag auch noch, dass die Präsenz auf Volksfesten „relativ schnell per Erlass“ erhöht werden solle.
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