Dortmund. Im Prozess gegen drei mutmaßliche Mafiosi aus Siegen berichtet ein Ermittler von einer Hausdurchsuchung. Was die Polizei dabei fand.

Im Prozess um eine Eisdiele in Siegen, die der kalabrischen Mafia-Organisation ’Ndrangheta als Stützpunkt gedient haben soll, ist die Verteidigung mit einem Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter gescheitert. Der Antrag von Verteidigerin Denise Gerull sei als unbegründet zurückwiesen worden, verkündete der Vorsitzende Richter Dirk Kienitz am Dienstagvormittag.

Damit wurde der Prozess, in dem sich drei italienische Staatsbürger wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer ausländischen kriminellen Vereinigung und der banden- und gewerbsmäßigen Geldwäsche verantworten müssen, mit dem dritten Verhandlungstag vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Dortmund fortgesetzt. Diesmal stand die Aussage eines weiteren Ermittlers des Landeskriminalamts NRW im Fokus. Der Beamte berichtete von den Ermittlungen italienischer Behörden gegen die Mafia, die auch zu der Eisdiele nach Siegen geführt hätten, von der Zusammenarbeit mit den Carabinieri und von der Durchsuchung eines Wohnhauses in der mutmaßlichen `Ndrangheta-Hochburg im kalabrischen San Luca, aus welcher die drei Angeklagten stammen sollen. In dem Gebäude, in dem mindestens ein Angeklagter zumindest temporär und Familienangehörige von allen Dreien dauerhaft gewohnt haben sollen, sollen Hinweise auf eine Verbindung der Männer nach Siegen gefunden worden seien.

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Aschenbecher von Versace

So habe man in dem dreigeschossigen Mehrfamilienhaus, das der Beamte als von außen „relativ unscheinbar“ und in einem teils „nicht zu Ende gebrachten Bauzustand“ beschrieb, nicht nur „viele Luxus-Accessoires“ – etwa Kleidungsstücke oder „Reihen von Schuhkartons namhafter Hersteller“ – sichergestellt, deren Kaufbelege zum Teil auf den Angeklagten Antonio G. ausgestellt gewesen seien. Sondern unter anderem habe sich unter den Fundstücken auch eine Gehaltsabrechnung des 25-Jährigen befunden, der in der Eisdiele in Siegen Angestellter seiner beiden Mitangeklagten gewesen sein soll. Der Lohnzettel habe eine monatliche Netto-Vergütung von 1200 Euro gelistet – und „stand im Widerspruch dazu, dass die Wohnung auffällig viele Mode- und Kleidungsaccessoires teurer Hersteller aufwies“, betonte der Ermittler; beim vorherigen Verhandlungstermin hatte bereits der Ermittlungsführer beim LKA, Oliver Huth, berichtet, dass der angeklagte Eisverkäufer sich eine 18.000 Euro teure Rolex zugelegt habe. Bar bezahlt. Mit dem Lohn aus seiner Tätigkeit als Eisverkäufer.

Huths Kollege erklärte nun am Dienstag, dass man bei der Durchsuchung des Hauses in San Luca des Weiteren auch auf die Kassenbons von Einkäufen in einem Supermarkt und einer Elektrotechnik-Kette in Siegen oder, vor dem Haus, auf einen Pkw mit Siegener Kennzeichen gestoßen sei – zugelassen auf Antonio G. Zudem berichtete der LKA-Ermittler von der Inneneinrichtung des Hauses, etwa von hochwertig verzierten Möbeln, Marmorböden, einem Aschenbecher von Versace auf einem Marmortisch oder von vergoldeten Wasserhähnen. Die Einrichtung eines Wohnzimmers habe „teuer, hochwertig, einzigartig“ gewirkt.

Gold oder goldfarben?

Hier bohrten die Verteidiger der Angeklagten penibel nach. Das offensichtliche Ziel: die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Zweifel zu ziehen, ähnlich wie bereits vor zwei Wochen bei der Aussage von LKA-Ermittlungsführer Oliver Huth. Diesmal ging es beispielsweise darum, ob der Ermittler wisse, wie alt das durchsuchte Wohnhaus sei, wer es erworben habe, ob die gefundenen, mutmaßlichen Luxus-Artikel gebraucht oder neu, echt oder gefälscht gewesen seien. Verteidigerin Gerull wollte wissen, wie viel Karat die goldenen Wasserhähne gehabt hätten. Wisse er nicht, die Hähne seien möglicherweise nicht aus Gold, wie zunächst von ihm erklärt, aber in jedem Fall „goldfarben“, antwortete der Beamte, der zu den anderen Detailfragen teils angab, keine konkreten Angaben machen zu können. Er sei ja „kein Spezialist“, weder für Mode, Möbel oder Einrichtungsgegenstände, habe „persönliche Beschreibungen“ widergegeben.

Verteidigerin Gerull betonte daher in einer Erklärung, dass es sich wie bereits bei der vorherhigen Aussage des Ermittlungsführer Huth nicht um Feststellungen handele. „Hoffentlich“, sagte die Kölner Juristin an die Adresse der Kammer gerichtet, „berücksichtigt das das Gericht.“

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