Siegen. Siegens Krankenhäuser sollen mehr mit- und weniger nebeneinander arbeiten. Das Land will deshalb einige Abteilungen schließen und andere stärken.
Die Siegener Krankenhäuser müssen sich teilweise von Abteilungen trennen, dafür in anderen Bereichen ihre Spezialisierung ausbauen. Das nordrhein-westfälische Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Mags) hat am Montag die Übersicht veröffentlicht, welche Schwerpunkte die Krankenhäuser künftig anbieten und aus welchen Fachrichtungen sie sich zurückziehen sollen. Die Reaktionen darauf fallen unterschiedlich aus.
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Noch läuft das Anhörungsverfahren. Endgültige Entscheidungen sollen auf Grundlage der Rückmeldungen bis zum Jahresende erfolgen und zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. Das St. Marien-Krankenhaus erhält nach derzeitigen Stand die Schwerpunkte Kardiologie, Onkologie und Orthopädie, das Diakonie Klinikum Jung-Stilling die Gefäßmedizin und das Klinikum Siegen die Neurologie. Die grundlegenden Leistungsgruppen Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie und Intensivmedizin bleiben an allen Standorten erhalten, für Geriatrie erhielten Klinikum Siegen und Jung-Stilling den Zuschlag. Intensivmedizin ist außerdem weiterhin auch für die DRK-Kinderklinik vorgesehen.
Siegener Krankenhäuser: Krankenhausplan soll Mehrfachvorhaltungen beenden
Mit der Reform will das Mags nach eigenem Bekunden die Qualität der stationären Versorgung verbessern, Zusammenarbeit und Kooperationen stärken und dem Konkurrenzdruck entgegenwirken. In Siegen bestehe mit insgesamt vier Leistungsträgern „in etlichen Leistungsbereichen eine Doppelt- und Mehrfachvorhaltung“, heißt es in den Ausführungen und „trotz intensiver Bemühungen im Rahmen vorausgegangener Verfahren zur Krankenhausplanung hat sich in den letzten Jahren eine für die Beteiligten ruinöse Wettbewerbssituation eingestellt.“ Die Mehrfachvorhaltung medizinischer Fachabteilungen sei auch an den Anträgen zur aktuellen Planung ablesbar „und lässt eine Schwerpunktbildung und Absprache zwischen den Leistungsträgern vermissen“.
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Positiv reagieren Klinikum Siegen und St. Marien-Krankenhaus auf die nun vorgestellte Planung. In einer gemeinsamen Pressemitteilung attestieren die Geschäftsführer dem Ministerium den „klaren Willen, echte Strukturveränderungen zur Verbesserung der Versorgung in den Regionen Nordrhein-Westfalens zu realisieren“. Die Reform habe „für die Grundversorgung der Bevölkerung keine Auswirkungen“, betont Hans-Jürgen Winkelmann, Hauptgeschäftsführer der Marien Gesellschaft Siegen, im Gespräch mit dieser Zeitung. Das „eigentliche Thema“ der Planung seien nicht die Bereiche der Grundversorgung, die „Fundament eines jeden Krankenhauses“ seien, sondern „komplexere Leistungsgruppen“. Dass Leistungsgruppen und damit verbunden die jeweilige Expertise im Vordergrund stünden - und nicht beispielsweise Betten- und Fallzahlen - „hat es in dieser Form noch nicht in Krankenhausplanungen gegeben“. Von daher sei es „ein sehr revolutionärer Prozess“, mit dem Nordrhein-Westfalen „eine Vorbildfunktion für andere Bundesländer“ haben könnte.
Siegen: Krankenhäuser sollen sich stärker auf ihre Schwerpunkte spezialisieren
Das von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann vorangetriebene Verfahren zielt darauf ab, dass bei mehreren Krankenhäusern vor Ort - etwas überspitzt formuliert - nicht mehr jedes alles anbieten und beherrschen muss. Stattdessen sollen gemessen am jeweiligen zahlenmäßigen Bedarf spezialisierte Zentren übernehmen. Übersteigt der Bedarf die Kapazitäten, die eine einzelne Einrichtung abdecken kann, bleiben Abteilungen an mehreren Krankenhäusern erhalten. Die Bedarfszahlen, von denen das Ministerium ausgeht, und die Fallzahlen, die die Kliniken beantragt haben, gehen dabei oft deutlich auseinander. Beispiel Hüftprothese: Das Klinikum Siegen beantragte, 150 solcher Eingriffe jährlich vornehmen zu dürfen, das Jung-Stilling-Krankenhaus 30, das St. Marien-Krankenhaus 800. Das Ministerium ordnet letzterem nun 600 Fälle pro Jahr zu, den anderen beiden jeweils Null. Im Siegerland sind darüber hinaus aber noch 150 solcher Behandlungen für das Diakonie Klinikum Bethesda in Freudenberg vorgesehen. Beantragt waren hier 130.
„Eine Umverteilung, mit der jeder leben kann.“
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Überraschungen habe es nicht gegeben, sagt Hans-Jürgen Winkelmann, das Verfahren sei langwierig „und war sehr transparent.“ Das St. Marien-Krankenhaus hätte zwar gerne eine Gefäßchirurgie behalten, räumt er ein, doch insgesamt bedeute der Plan „eine Umverteilung, mit der jeder leben kann“. Die Gefäßchirurgie geht ans Jung-Stilling-Krankenhaus. „Es ist ein Geben und Nehmen und durchaus ausgewogen.“ Die Festlegungen hätten zudem den Vorteil, dass sie Planungssicherheit brächten, „und die ist auch ein Wert“. Die bisherige Krankenhausplanung, merkt der Marien-Chef an, „hat zu viele Freiheiten gelassen. Und die Ergebnisse haben wir jetzt eben.“ Die so entstandene Mehrfachvorhaltung von Fachrichtungen sei dabei nicht nur wegen der Konkurrenz kritisch zu sehen, sondern auch unter finanziellen Gesichtspunkten: Gebe es innerhalb von wenigen Kilometern Radius drei Fachabteilungen einer aufgrund von erforderlichen Geräten und Räumen sehr kostenintensiven Disziplin, werde es für alle Beteiligten entsprechend teuer.
Krankenhausplan für Siegen soll Versorgungsqualität in der Region steigern
Wie die Marien-Gesellschaft sich in dem Prozess weiter verhält, soll nun erörtert werden. „Wir müssen das jetzt bewerten und genau gucken: Können wir damit leben? Haben wir damit eine gesicherte Zukunft?“, erklärt Hans-Jürgen-Winkelmann. Dabei soll es auch darum gehen, wie Kooperationen mit den anderen Häusern vor Ort aussehen können. Wenn Abteilungen geschlossen werden müssen, stellt sich natürlich außerdem die Frage, ob aufgrund der Schwerpunktsetzungen für die betroffenen Fachkräfte Bedarf an anderen Kliniken entsteht. „Ich halte das nicht für unlösbar.“
„Uns ist wichtig, dass wir auch in den jüngst aufgebauten Bereichen Thoraxchirurgie und Bariatrische Chirurgie durch das Land NRW bestätigt worden sind.“
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Ingo Fölsing, Geschäftsführer des Klinikums Siegen, hebt in den neuen Planungen die „erhebliche Konzentration von Leistungsgruppen“ hervor, die „der Versorgungsqualität und der besseren Ressourcennutzung insgesamt zugutekommt“. Die Kliniken seien in ihren jeweiligen, langjährig aufgebauten Spezialisierungen bestätigt worden. Er unterstreicht, wie relevant die Planungssicherheit gerade für das Zentrum für Neurologie und die Stroke Unit (Schlaganfallstation) am Klinikum Siegen seien. Darüber hinaus sei auch für jüngere Leistungsbereiche erfreulicherweise Klarheit geschaffen worden: „Uns ist wichtig, dass wir auch in den jüngst aufgebauten Bereichen Thoraxchirurgie und Bariatrische Chirurgie durch das Land NRW bestätigt worden sind.“
Siegen: Diakonie Klinikum sieht Krankenhausplanung des Landes kritisch
Deutlich skeptischer äußert sich die Diakonie in Südwestfalen. „Wir sind dabei, die Vorschläge des Ministeriums zu sichten, zu analysieren und zu bewerten. In der Folge werden wir zeitnah auch in unseren Gremien intensiv beraten, wie wir uns im nun beginnenden Anhörungsverfahren dazu verhalten werden“, kommentiert Pressesprecher Stefan Nitz auf Anfrage der Redaktion. „Sich übereilt zu einzelnen Leistungsgruppen zu äußern, macht keinen Sinn und ist nicht zielführend.“ Das Thema sei dafür „zu komplex und die medizinische Versorgung der Menschen in der Region zu wichtig“. Klar wird allerdings, dass die Diakonie nicht mit allen Vorschlägen einverstanden ist. „Natürlich können wir nicht verhehlen, dass uns als das Notfallkrankenhaus der höchsten Versorgungsstufe in der Region nach erster Einschätzung einige Passagen in dem Vorschlag weder schlüssig noch für die Menschen sinnvoll erscheinen.“
„Sich übereilt zu einzelnen Leistungsgruppen zu äußern, macht keinen Sinn.“
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Eine gewisse Sonderrolle in der Krankenhausplanung nimmt aufgrund ihrer grundlegenden Ausrichtung die DRK-Kinderklinik ein. 3760 Fälle jährlich wurden hier im Bereich Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin beantragt, 3776 weist das Mags zu.
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