Hagen. Can Palta hat eine seltene Krankheit, als Baby fällt er plötzlich ins Koma. Wie die Familie aus Hohenlimburg zusammenhält und den Alltag stemmt.
Er hätte vermutlich nicht mehr lange zu leben, haben die Ärzte Celiha Palta damals gesagt. Sie war junge 18, gerade Mutter geworden, alleinerziehend - und als wäre das alles nicht genug, fiel ihr Sohn Can dann sechs Tage nach der Geburt urplötzlich ins Koma. Die Ärzte stellten einen seltenen Gen-Defekt bei ihm fest, der zu schweren Stoffwechselentgleisungen führt - in Fachsprache heißt das: multipler Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel. Häufiges Erbrechen, Durchfälle oder auch Koma können bei diesen Entgleisungen die Folge sein.
Jetzt ist Can 17 Jahre alt. Er liebt die Feuerwehr. Er spielt gerne mit seinem Bruder am PC oder zieht los zum Schulhof in Hohenlimburg. Can ist fröhlich, und so langsam packt ihn die Pubertät, erzählt seine Mutter mit einem Zwinkern - „jeden Tag, wenn er nach Hause kommt, spielt er bei den Nachbarn im Haus Klingelstreiche. Alle sollen wissen, dass er wieder da ist“, sagt sie und lacht. Sie haben viel durchgemacht in den letzten Jahren - die Familie, zu der noch Tochter Eflin (7) und Sohn Ayaz (10) gehören, hält zusammen und stemmt den Alltag gemeinsam.
Drei Wochen lang im Koma
Drei Wochen lang wurde das Koma von Can damals, als er noch ein Baby war, künstlich aufrechterhalten. Es ging auch darum, auszutesten, welche Nahrung er verträgt und den Körper über eine Dialyse zu entgiften. Denn bedingt durch die Erkrankung kommt es unter anderem zum Anstieg von Fettsäuren/Ammoniak. Und durch die Fettsäuren-Abbaustörung können beispielsweise bei falscher Ernährung gleich mehrere schwerwiegende Probleme auftreten.
„Die Gefühle, die ich hatte, kann ich gar nicht beschreiben. Ich wollte alles tun, damit mein Baby weiterlebt.“
„Can kann bis heute nicht selbstständig essen und wird über eine Magensonde ernährt. Ich habe es lange versucht, aber es klappte einfach nicht. Jetzt haben wir uns gut arrangiert“, sagt Celiha Palta. Für sie war die Nachricht über den Gen-Defekt zunächst ein Schock. „Die Gefühle, die ich hatte, kann ich gar nicht beschreiben. Ich wollte alles tun, damit mein Baby weiterlebt“, erzählt die Mutter rückblickend. „Aber ich kam schnell rein in meine neue Rolle. Es ging ja auch gar nicht anders, Can brauchte mich.“
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Ein allererster Urlaub
Das ganze erste Lebensjahr verbrachten die beiden damals im Krankenhaus. Can ist entwicklungsverzögert, sitzt seit er drei Jahre alt ist im Rollstuhl und ist in vielen Punkten auf fremde Hilfe angewiesen. „Seit Oktober waren wir jetzt nicht mehr im Krankenhaus. Das ist schon ein echter Gewinn. Manche Monate sind wir fast Dauergäste“, sagt Celiha Palta. Er muss etliche Medikamente nehmen und besondere künstliche Nahrung, die seine Mutter ihm jeden Tag aus verschiedenen Pulvern anmischt. Er braucht kohlenhydratreiche, gleichzeitig aber fett- und proteinarme Ernährung.
„Letztes Jahr waren wir zum ersten Mal zusammen weg in Paris, unter anderem auch im Disneyland.“
Das Haus verlassen für Ausflüge oder Urlaube können sie kaum. Die ganzen Medikamente, die künstliche Ernährung. „Letztes Jahr waren wir zum ersten Mal zusammen weg in Paris, unter anderem auch im Disneyland“, erzählt Mama Celiha Palta. Ein Erinnerungsfoto hängt groß an der Wand im Wohnzimmer. „Es war toll, mal zusammen wegzufahren.“
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Arbeiten gehen könne sie nicht, sie sei Vollzeit eingebunden in Cans Pflege: die ganzen Arztbesuche, die Insulin-Spritzen (seit Oktober hat er auch noch Diabetes), das Kochen, Anziehen, Waschen, Putzen - und dazu kommen ihre beiden anderen Kinder Ayaz und Eflin, für die auch bei all dem Trubel genügend Zeit bleiben soll. „Ich bin total stolz auf Ayaz - er kümmert sich sehr um seinen Bruder und hilft immer, macht seinen Rollstuhl fertig, zieht ihm Schuhe oder Jacke an“, sagt Celiha Palta.
Unterstützung im Alltag
In einer besonders schwierigen Phase, wo Can viele Stoffwechselentgleisungen hatte und an der Uniklinik Münster in Behandlung war, wurde die Familie an den Bunten Kreis verwiesen. Auch von dort bekamen sie Unterstützung im Alltag - Daniela Pohl begleitete die Familie über mehrere Monate. Can war da 14 Jahre alt. Zuletzt kam Daniela Pohl einmal mit ihrem Hund zu Besuch. „Ich liebe Hunde, und spiele gerne Fortnite oder Fifa“, sagt Can und lacht. Er besucht aktuell die Förderschule in Volmarstein und geht dort in die 10. Klasse, „ich bin nächstes Jahr fertig“, sagt der 17-Jährige. Dann wird er in den St.-Laurentius-Werkstätten im Lennetal anfangen. Er freut sich schon jetzt auf seine neue Aufgabe. Sein Lieblingsfach ist übrigens Kunst.
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