Hagen. Anila (8) kann kaum laufen und sprechen, doch kämpft sich mit Hilfe ihrer Familie und des Bunten Kreis Hagen durchs Leben. Ihre Geschichte:
Bewundernswert, diese Familie. . . „Die Grunderkrankung, also der Gen-Defekt, ist schon schlimm. Aber dass dann auch noch regelmäßig ein Rattenschwanz an Folgeerkrankungen kommt, nimmt mir manchmal die Kraft. Aber ich darf nicht aufgeben. Das hat Anila nicht verdient.“ Tanja Frerichmann nimmt ihre Tochter Anila hoch, die Achtjährige wirkt abwesend, als sei sie in ihrer eigenen Welt.
Kein Klagen und Stöhnen
Sie wolle nicht klagen und stöhnen, sie hätte schließlich ihre älteren Kinder - Anilas Geschwister - die ihr und dem Mädchen täglich zur Seite stünden, betont die 46-Jährige fast ein wenig schuldbewusst, „und ich hab‘ Larissa vom ,Bunten Kreis‘, die mir gute Ratschläge gibt und immer ein offenes Ohr für mich hat“.
Larissa Burgdorf lächelt, „ach was, was ihr hier stemmt, das ist enorm. Und euer Familienzusammenhalt ist einfach Wahnsinn“. Kinderkrankenschwester Larissa (37) ist beim „Bunten Kreis Hagen beschäftigt“, „ich gebe Tanja und den älteren Geschwistern Anleitungen. Da Anila häufig über eine Magensonde ernährt werden muss, sind bei ihr zum Beispiel Hautpflege und das Achten auf Wundanzeichen ganz wichtig. Und wir besprechen Ängste und Sorgen“.
Anila ist müde, sie hatte einen anstrengenden Tag, „hinzukommt, dass sie nachts kaum schläft“, sagt ihre Mutter und legt das Mädchen in ihr Pflegebett mit gepolsterten Schutzwänden. Anila stutzt, hört Musik, kommt sichtlich zur Ruhe, schließt die Augen.
Muskeln haben sich zurückgebildet
Apropos anstrengend: Das schwerstbehinderte Kind konnte nach einer Operation vor ein paar Monaten nicht mehr laufen, da sich ihre Muskeln zurückgebildet hatten. Jetzt muss das Mädchen das Laufen praktisch wieder neu erlernen. Dreimal in der Woche bekommt sie Physiotherapie, „und täglich stellen wir sie in einen Stehtrainer“, erklärt ihre Mutter. Anilas Füße werden in dem Gerät festgeschnallt und sie trainiert, ihre Knie durchzustrecken. Das ist sehr anstrengend, aber wir merken, dass sie unbedingt wieder laufen will. Sie arbeitet super mit“.
„Dreimal in der Woche bekommt Anila Physiotherapie, und täglich stellen wir sie in einen Stehtrainer. Anilas Füße werden in dem Gerät festgeschnallt und Anila trainiert, ihre Knie durchzustrecken. Das ist sehr anstrengend für sie, aber sie arbeitet super mit. “
Beate Sternberg nickt. Sie ist Anilas medizinische Begleitung in der Förderschule in Volmarstein, „und ich bin die Freundin der Familie. Anila hat mein Herz am ersten Tag, als ich sie kennengelernt habe, erobert. Sie ist mir unheimlich ans Herz gewachsen“. Beate Sternberg fährt gemeinsam mit dem Mädchen im Schulbus, betreut sie im Klassenzimmer, „die Kleine hat einen langen Tag, der Bus kommt um 7 Uhr, und erst um 15 Uhr sind wir wieder zu Hause“.
Rückblick: Vor acht Jahren wurde das Mädchen „normal und gesund“ geboren. Nach einigen Wochen bekam sie dann ihren ersten schweren Fieberkrampf; es folgten etliche weitere. Nach mehreren Untersuchungen stellte sich heraus, dass Anila das Dravet-Syndrom hat. Es handelt sich um einen seltenen Gen-Defekt, der einhergeht mit einer therapieresistenten Form der Epilepsie.
Die Epilepsie-Anfälle seien das Schlimmste, „für Anila und für uns alle“, sagt Tanja Frerichmann traurig, „daran gewöhnt man sich nie“. Die Mutter richtet sich auf, zieht ihre Schultern nach hinten, „aber Anila ist unser Sonnenschein, sie gehört zu uns“.
WP-Aktion „Starthilfe für kleine Kämpfer”
Im Rahmen ihrer diesjährigen Weihnachtsaktion berichtet die Stadtredaktion Hagen unter dem Motto „Bunter Kreis - Starthilfe für kleine Kämpfer” über Familien mit schwerstkranken Kindern und bittet Leser um finanzielle Unterstützung für die wichtige Arbeit der Organisation „Bunter Kreis Hagen“. Einige Spenden sind auf dem Spendenkonto bereits eingegangen.
Etwa 150 Familien werden pro Jahr von dem 22-köpfigen Team betreut. Pro Familie werden 20 Stunden für insgesamt drei Monate von der Krankenkasse gewährt.
„Fahrzeiten, Spritkosten, Sachkosten und die ganze Organisation im Hintergrund müssen wir selbst stemmen. Die Kostendeckung des Vereins liegt bei ca. 75 Prozent, den Rest - etwa 30.000 Euro - müssen wir durch Spenden hereinholen. Ein dauernder Kampf“, erklärt Marion Keßler vom Bunten Kreis, warum dringend Unterstützung benötigt wird.
Die einjährige Finya krabbelt im Kinderzimmer über den Boden, schaut in Richtung von Anilas Pflegebett. „Die beiden lieben sich unheimlich. Finya besorgt ihrer großen Schwester oft einen Keks“, lacht Tanja Frerichmann, „und auch Henrik hat eine ganz besondere Antenne zu Anila“. Der 18-Jährige macht gerade sein Fach-Abi im Bereich Gesundheit und Soziales, möchte mal Notfallsanitäter werden.
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Henrik streichelt der schlafenden Anila sanft über die Hand, „wenn sie wach ist, dann ist Musik für sie immer gut. Und alles, was blinkt und leuchtet“. So fände seine Schwester ein Weihnachtsgeschenk kaum interessant, „dafür aber das knisternde und glänzende Geschenkpapier umso mehr“.
Tanja Frerichmann schaut liebevoll zu Anila, dann zu Henrik, Larissa Burgdorf und Beate Sternberg, „wir wissen alle, dass Rückschläge in Anilas Leben dazugehören. Und deshalb sind wir dankbar über jeden Tag mit ihr“.