Hagen. Hagener Unternehmerrat fühlt den Bewerbern für den Posten des Verwaltungschefs zehn Monate vor der Wahl auf den Zahn.
Sieben auf einen Streich: Bei der bestens besuchten Unternehmer-Arena des Unternehmerrats Hagen kamen, so die Veranstalter in ihrer Rückschau, erstmals alle bis zum Einladungstermin feststehenden Bewerberinnen und Bewerber um das Amt des Hagener Oberbürgermeisters auf einem Podium zusammen, um sich den Fragen der Hagener Wirtschaft zu stellen.
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Bereits in der Begrüßungsrede von Jörg Bachmann, Geschäftsführer des gastgebenden Hotels Arcadeon, wurden die hohen Erwartungen der Unternehmerschaft an Dennis Rehbein (CDU), Thomas Köhler (SPD), Jörg Fritzsche (Grüne), Josef Bücker (Hagen Aktiv), Katja Graf (FDP), Michael Tropp (Hagener Aktivistenkreis/HAK) und Philipp Jung (parteilos) deutlich: Bachmann machte klar, dass es angesichts der schwierigen Lage Hagens kein „Weiter-so“ geben könne.
Diese Forderung untermauerte Winfried Bahn, Initiator des Unternehmerrats, im Anschluss mit einem Faktencheck zur Situation Hagens, den er mit den Worten „Dunkle Wolken in den letzten zehn Jahren“ einleitete: Ob Verkehrsinfrastruktur, Zustand der Innenstadt, Arbeitslosigkeit, Entwicklung des Einzelhandels, hohe Transferleistungen oder sinkende Gewerbesteuereinnahmen – anhand verschiedener Beispiele demonstrierte er, dass auf verschiedenen Gebieten jahrelanger Stillstand herrscht, sodass auf den künftigen Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin große Herausforderungen zukämen: „Es muss alles dafür getan werden, dass sich die Wolken durch zielfokussiertes Handeln wieder auflösen“, betonte Bahn.
Ergebnisse aus dem Denklabor
Nachdem die Kandidaten in einer ersten Fragerunde die Gelegenheit bekamen, ihre fünf Schwerpunktthemen darzulegen, richtete sich der Fokus auf die Perspektive junger Hagener. Diese hatte der Unternehmerrat zusammen mit der Hagener Fernuniversität in einer Online-Umfrage und einem Workshop im Rahmen des Projekts „Hagener Denklabor für die Zukunft“ nach ihrer Sicht auf Hagen befragt. Denn die Förderung junger Menschen sei schon immer eine wichtige Aufgabe des Unternehmerrats Hagen gewesen, wie Lars Immerthal erläuterte, der mit Bahn das Moderatoren-Duo bildete und zunächst die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage vorstellte.
Zwei Aspekte ließen dabei besonders aufhorchen: Knapp 60 Prozent der Befragten können sich nicht vorstellen, dass ihre berufliche Zukunft in Hagen liegt, so die Analyse der Wirtschaftsvertretung. 80 Prozent der jungen Menschen sehen in Hagen kaum Möglichkeiten, etwas politisch verändern zu können. Hier liege also großer Handlungsbedarf für die Parteien, junge Bürger über politische Mitbestimmungsmöglichkeiten aufzuklären.
Dass junge Hagenerinnen und Hagener durchaus politisch engagiert sind, bewiesen im Anschluss vier Teilnehmer des Workshops zum Hagener Denklabor eindrucksvoll. Befragt von Vertretern aus dem Unternehmerrat und Wissenschaftlern der Fernuniversität stellten sie ihre Ideen zur Zukunftsgestaltung der Stadt vor. Vorgeschlagen wurden zum Beispiel eine interaktive zentrale Karte, die alle Freizeitangebote und Veranstaltungen in Hagen bündelt, mehr Beleuchtung zur Verbesserung des Sicherheitsempfindens sowie spezielle Schul-AGs, um junge Menschen auf eine Unternehmensgründung vorzubereiten. Denn knapp 50 Prozent der jungen Menschen können sich vorstellen, ein Unternehmen zu gründen, allerdings wünschen sie sich oftmals mehr Unterstützung auf dem Weg in die Selbstständigkeit.
Einigkeit bei den Altschulden
Weiter ging es mit den sieben Oberbürgermeister-Kandidaten, die sich nacheinander vertiefenden Fragen zu den Themenfeldern Wirtschaftsförderung, Zukunft der Innenstadt, Unternehmensansiedlung und Arbeitsplatzsicherung, Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit, Haushaltskonsolidierung und Mobilitätsförderung stellten. Aber auch fehlende Bürgernähe und Transparenz seitens des Rathauses, die Qualitäten eines OB-Beraterteams und das Hagener Zukunftsbild wurden thematisiert.
Einig war man sich zumindest in dem Punkt, dass eine Haushaltskonsolidierung nicht ohne Altschuldenerlass möglich sei. Winfried Bahn bemerkte hierzu am Rande: „Der miserablen Haushaltslage hätte man in den letzten zehn Jahren durch eine gezielte Unternehmensansiedlung etwas entgegensetzen können und müssen. So hätte man für höhere Gewerbesteuereinnahmen sorgen können“, kritisierte er mit Blick auf die Wirtschaftsförderung. „Es liegt jetzt in der Verantwortung des neuen Oberbürgermeisters und des Rates, für Wachstumsimpulse zu sorgen. Es darf nicht der Anschein erweckt werden, dass Ratssitzungen zu Schlafsitzungen werden“, forderte Bahn.
Insgesamt, so die Bilanz des Unternehmerrates, sei es ein hochinteressanter Abend gewesen, wenn auch einige Gäste mehr Aufbruchstimmung von den Kandidaten erwartet hätten. Wie einige Unternehmer im Anschluss an die Podiumsrunde äußerten, wünschten sie sich bei vielen Bewerbern eine klarere Zukunftsvision für Hagen.
Auch Lars Immerthal sprach sich für eine stärkere Zielfokussierung aus, diese erwarten die Unternehmer bei einer nächsten Runde. Zum Abschied wurden allen Bewerbern symbolisch Kaminhölzer überreicht – mit der Erwartung, dass lichte Momente zu neuen Ufern führen, so der Hagener Unternehmerrat.