Hagen. Hagener Karnevalisten starten mit Wolfgang II. und Gabriela I. in die neue Session. Das Herz des Rathauses wird zur Party-Zone der Narretei.
Wenn an einem 11.11. die schweren Flügeltüren des Hagener Ratssaals zum Start in eine neue Session traditionell schon vor 9 Uhr aufschwingen, gibt es im Vergleich zu den klassischen Sitzungswochen des Jahres einen ganz wesentlichen Vorteil: Die Narren sind durch knallbunte Kappen und entsprechenden Ordensbehang eindeutig und unmissverständlich markiert.
Und sie haben seit Montagvormittag 11.11 Uhr zudem eine neue Lichtgestalt an ihrer Spitze: Prinz Wolfgang II. (Zabel) wird mit seiner Ehefrau Gabriela I. die Hagener Karnevalisten in der diesmal sehr langen Session 2024/25 anführen. Dekoriert mit Zepter, Prinzenkappe und Pfauenfedern hat der Fürst des Frohsinns jetzt bis zum Rosenmontag am 3. März 2025 reichlich Zeit, die Botschaft des Jeckentums in die Säle und natürlich alle Welt zu tragen.
Bei seinem Premieren-Auftritt auf der Bühne im Ratssaal ließ der sichtlich nervöse Prinz jedoch ein wenig die humorig-launige Leichtigkeit vermissen. Mit einem eher vorsichtigen „Hallo erstmal“ – angelehnt an den Comedian Rüdiger Hoffmann, der die Paderborner Lahmarschigkeit einst als Kult zelebrierte – gelang es Wolfgang II. trotz wochenlanger Vorbereitungszeit nicht auf Anhieb, die etwa 300 Klatsch- und Feierwilligen im Saal mit frecher Rhetorik für sich zu begeistern.
Fotostrecke: Sessionseröffnung im Hagener Karneval
Stattdessen sah das strenge Drehbuch – Karneval ist eben kein Spaß - eine eher zähe Vorstellungsrunde seiner Entourage vor, die ebenso wie die versammelte Bürgermeisterriege prompt mit dem neuen Sessionsorden dekoriert wurde. Diese zum Höhepunkt um 11.11 Uhr eher entbehrliche Zeremonie zog sich arg in die Länge und legte zugleich den Schluss nahe, bei kommenden Auftritten gegen das Lampenfieber lieber die Baldrian-Dosierung nachzujustieren.
Närrische Gesetze mit Esprit
Erst als der 45. Prinz der Stadt Hagen, dessen etwas mutiger ins Mikrofon sprechende Lieblichkeit ein DRK-Seniorenheim leitet, als Ruheständler mit seinem Lebensalter von 66 Jahren kokettierte und der dazugehörige Klassiker von Udo Jürgens aus den Lautsprechern schallte, taute die Stimmung im Saal allmählich auf.
Passend dazu die elf närrischen Gesetze, bei denen Wolfgang und Gabriela klare und kecke Ansagen machten: So solle beispielsweise der Oberbürgermeister endlich mal dafür sorgen, dass sämtliche Fuß- und Radwege in Hagen einer Grundreinigung unterzogen werden, aus dem Hause Eversbusch soll ein eigener Prinzen-Wachholder beigesteuert werden, die Hasper Wolkenschieber sollen von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch die bösen Regen-Geister vom Himmel vertreiben und die Polizeipräsidentin endlich den Prinzenempfang wiederbeleben, damit der Schlachtruf „Tatütata!“ wieder über der Stadt erklingen kann.
Weitere spannende Themen aus Hagen
- Gesperrte Straße vor Hochbrücke in Hagen könnte Parkplatz werden
- Neuer Versuch: Kampf gegen die Kloake am Bahnhofsvorplatz
- Hohenlimburger Eltern kämpfen für den Erhalt ihrer Grundschule
- Tagesmutter aus Hagen hat ihre berufliche Erfüllung gefunden
- 3-Türme-Weg: Viele Fotos vom Trailrun in Hagen
- Motorroller-Fahrer in Hagen schwer verletzt
- Filmhelden: Alle Fotos vom Cosplay-Event in Hagen
Bis dahin haben die Hagener Karnevalisten die Chance, sich mit einem neuen Prinzenlied aus der Rhythmus-Maschine des singenden Blau-Weiße-Funken-Präsidenten Marcus Magnus in Stimmung zu schunkeln: Als der Gute-Laune-Barde in stilecht-blauen Lackschuhen live die Zeilen „Ja so ein Prinz hat ein Leben, so ein Prinz hat es gut – Jaaal-la-la!“ im feinsten Rumtata-Sound anstimmte, hielt es auch die größten „Ich-bleibe-den-ganzen-Vormittag-sitzen“-Fanatiker nicht mehr an den Tischen. Der Mann hätte wahrhaftig einen Orden verdient gehabt – bekam ihn aber (noch) nicht.
Ein Orden voller Symbolik
Dabei bietet das neue Exemplar ein Design voller Symbolik: Die dort vereinigten Wappen von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg stehen für die Herkunftsländer der beiden Tollitäten, Schloss Rheinsberg für einen ehemaligen Lebensmittelpunkt, Radfahrer spiegeln das liebste Hobby der Eheleute wider und dazu natürlich die Hagener Wappen-Eiche. Fehlt noch das aktuelle Sessionsmotto von Wolfgang II. und Gabriela I.: „Von der Ostsee / übers Brandenburger Land / bis an den Hagener Lennestrand / egal wie weit der Weg auch war / jetzt grüßen wir als Hagener Prinzenpaar.“ Ein eher individuelles Versmaß, das von Literaturkritikern für Lyrikpreise erst noch entdeckt werden müsste, dafür aber umso persönlicher wirkt.
Als der neue Prinz mit den Insignien der Narretei die Bühne wieder verließ, hatten zu diesem Zeitpunkt die Hagener Brauchtumsfreunde bereits zwei fordernde Frohsinn-Stunden im Blut. Dabei entpuppte es sich als eine gute Idee, auch die kulinarische Versorgung im Ratssaal zu etablieren, sodass die gesellige Enge – von den zum Balkon pendelnden Rauchern mal abgesehen – stets gewahrt blieb.
Ein Marathon an Ein- und Ausmärschen, ein Potpourri der Namen und Tusch-Folgen sowie Verabschiedungen und Neupräsentationen der jeweiligen Symbolfiguren der einzelnen Vereine an der Spitze brachte die klatschwillige Brauchtumsfamilie, garniert mit rasanten Tanzeinlagen, schrittweise auf Betriebstemperatur. Dabei entpuppte sich die Verabschiedung des scheidenden Prinzen- und Bald-Ehepaares Detlef II. und Simone II. als besonders sentimentaler Moment, bei dem Prinzenkoordinator Bernd Besares mit zitternder Stimme sich durchaus gerührt zeigte.
Ähnlich anrührend die Verabschiedung von Manfred Schützler, der über 14 Jahre hinweg als Standartenträger die Hagener Prinzenpaare begleitete. Diese Rolle wird künftig Heidefreund Daniel Brendel ausfüllen und dabei immer wieder die Zeile zu hören bekommen: „Ach wär´ ich nur ein einzig Mal´ ein schmucker Prinz im Karneval!“
Wolfgang II., der im Jahr 2003 bereits als Stukenförster eine Symbolfigurenrolle auf dem jecken Parkett übernahm, und Gabriela I. werden diese Session als Brückenbauer zwischen den Vereinen interpretieren, um das Miteinander in Hagen zu stärken: Dass der Erlös des Prinzenpaar-Stickers diesmal dem Kinderhospiz „Sternentreppe“ zugutekommt, darf hier durchaus als Fingerzeig für den gesellschaftlichen Kitt verstanden werden, der den Karnevalisten stets ein Anliegen ist.