Hagen. Die Bundespolizei nimmt am Flughafen einen Ex-Spielhallenbesitzer aus Hagen fest. Er wurde mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Der Kopf der legendären „Hagener Spielhallenfamilie“ konnte am Düsseldorfer Flughafen festgenommen werden. Der 48-Jährige wurde seit mehr als vier Jahren mit internationalem Haftbefehl gesucht. Was zunächst nach einem großen Fahndungserfolg der Bundespolizei klingt, war jedoch gar keiner.
Als am Freitagmorgen das Flugzeug aus Istanbul auf deutschem Boden landete, war klar: An Bord saß ein Passagier, der eigentlich schon seit Jahren hinter Gittern sitzen müsste. In Hagen hatte er einst ein Stück Kriminalgeschichte geschrieben. Stichwort: „Hagener Spielhallen-Familie“. Der 48-Jährige war im Dezember 2019 vom Landgericht Hagen wegen Manipulation von Geldspielgeräten, Steuer- und Abgabenvergehen in mehr als 660 Fällen zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Doch noch vor Haftantritt kam die angeblich schwere Erkrankung seiner Mutter in der Türkei dazwischen. Die gutgläubigen Richter erlaubten ihm eine 12-tägige Auslandsreise nach Istanbul. Die Reise dauerte jedoch vier Jahre und zwei Monate - er kehrte nicht mehr zurück. Bis vergangenen Freitag.
Die bekannten Kennzeichen
Rückblende: In eher ärmlichen Verhältnissen in einem kurdischen Bergdorf aufgewachsen, gelang es dem Familienoberhaupt, von Hagen aus innerhalb weniger Jahre ein millionenschweres Imperium von 16 Spielcasinos in ganz Nordrhein-Westfalen aufzubauen. Zwei Brüder, eine Schwester und ein Schwager waren daran beteiligt. Zum Vermögen der Großfamilie gehörten damals neben mehreren Luxuslimousinen (ein Ferrari für 230.000 Euro, ein Lamborghini für 328.000 Euro und drei Mercedes der Kompaktklasse) auch Häuser und Grundstücke in Hagen, Gevelsberg und Langenfeld. In der Öffentlichkeit fielen die Familienmitglieder vor allem dadurch auf, dass sie mit ihren bunten Luxuslimousinen, die alle ein Hagener „XS“-Kennzeichen trugen, protzig durch die Gegend kutschierten.
Bilder gingen durch Deutschland
Doch im September 2018 platzte der Knoten. Eine spektakuläre Großrazzia der Steuerbehörden. Zahlreiche Geldspielgeräte der Großfamilie waren technisch manipuliert worden, um das Finanzamt auszutricksen. Ein gigantischer Steuerschaden von 48 Millionen stand im Raum. Die Bilder flimmerten bundesweit über die Bildschirme: Elitepolizisten sichern mit Maschinenpistolen einen Geldtransporter. Riesige Geldkisten, die aus den Reihenhäusern der Spielhallenbetreiberfamilie geschleppt werden, fast fünf Millionen Euro allein in Münzen. Unvergessen: Der goldene Mercedes, der am Abschlepphaken des Finanzamtes hängt. Das Bild hat sich unauslöschlich ins Gedächtnis eingebrannt.
Gesuchter stellt sich freiwillig
Letztlich konnte das Gericht nur rund 20 Millionen Euro Steuerschaden feststellen. Doch die zu verbüßenden fünfeinhalb Jahre Gefängnis lagen dem stolzen Familienoberhaupt so schwer im Magen, dass es sich in die Türkei absetzte. Warum jetzt die Rückkehr nach Deutschland, obwohl ihm bekannt war, dass ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vorlag? Sein Anwalt Andreas Trode: „Es war eine geplante Ausreise. Er hat sich freiwillig gestellt. Das war keine Überraschung für die Behörde.“ Der Staatsanwaltschaft Hagen sei die beabsichtigte Rückkehr tatsächlich bekannt gewesen, bestätigt Oberstaatsanwalt Michael Burggräf: „Irgendwelche Forderungen wurden nicht gestellt. Sie wären mit uns auch nicht verhandelbar“, bekräftigt er.
Der Festgenommene wurde in die JVA Bielefeld überstellt. Verteidiger Trode: „Er will die Strafe jetzt absitzen und dann ein neues Leben anfangen.“
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