Bochum. Überraschende Wende im Nervenkrieg um Opel. Der amerikanische Mutterkonzern General Motors ist bereit, die Mehrheit des Autobauers an den Zulieferer Magna zu verkaufen. Gerettet ist Opel damit aber noch nicht. Das Wichtigste auf einen Blick.
Der amerikanische Mutterkonzern General Motors (GM) hat am Donnerstag den Weg grundsätzlich freigemacht für einen Verkauf an den kanadisch-österreichischen Automobilzulieferer Magna. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich „außerordentlich” erfreut. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sprach von einem „guten Tag für Opel und für die Menschen bei Opel”.
Gerettet ist der angeschlagene Autobauer damit aber noch nicht. NRW-IG-Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard: „Auch mit Magna wird das kein Spaziergang.”
Das Wichtigste auf einen Blick:
Was bedeutet die Entscheidung für das Werk in Bochum?
Zunächst: Standortsicherung. „Die Schließungspläne sind vom Tisch”, sagt Betriebsratschef Rainer Einenkel. „Die richtigen Verhandlungen beginnen jetzt erst. ” Es wird Stellenabbau geben. Wie hoch, ist noch unklar. Derzeit arbeiten 4900 Opelaner in Bochum. Zuletzt sprach viel dafür, das GM Opel behält oder an den Finanzinvestor RHJI verkauft.
Warum jetzt doch Magna?
Bundeskanzlerin Merkel führte „Geduld, Zielstrebigkeit und Klarheit” der Bundesregierung als Gründe an. Fred Irwin, Chef der Opel-Treuhand, sagte, alle Beteiligten seien „flexibel” gewesen und hätten ihre Angebote „erheblich verbessert”. Details nannte er nicht. GM-Verhandlungsführer John Smith sagte pauschal, er halte die Lösung Magna „für die beste für alle Beteiligten”.
Noch sind „Schlüsselfragen” offen. Welche?
Die Amerikaner wollen ein Vetorecht bei der technologischen Nutzung. Außerdem ein „definitives Finanzierungspaket der Regierungen von Bund und Ländern”. Und die Zusage, dass die Gewerkschaften anstehende Sparprogramme nicht torpedieren.
Werden die Gewerkschaften mitspielen?
Solange Werke nicht geschlossen werden und betriebsbedingte Kündigungen ausbleiben – ja, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz.
Ist die Entscheidung nun endgültig?
Nein. Die Opel-Treuhand, die 65 Prozent der Opel-Anteile verwaltet, hat zwar gestern Nachmittag mit knapper Mehrheit grünes Licht gegeben. Aber ein Vertragsabschluss wird frühestens in einigen Monaten erwartet. Kanzlerin Merkel hält die noch zu lösenden Detailfragen für „beherrschbar”.
Wie sieht in Zukunft die Eigentümerseite bei Opel aus?
Magna und der russische Partner, die Sberbank, kaufen 55 Prozent von GM. Die Amerikaner behalten 35 Prozent. Opel-Mitarbeiter sollen sich mit 10 Prozent an „New Opel” beteiligen. Magna übernimmt die unternehmerische Führung und strebt gemeinsam mit dem russischen Autobauer Gaz auf den russischen Markt. „New Opel” soll ab 2011 wieder schwarze Zahlen schreiben.
Wird GM noch mehr Geld von der Bundesregierung verlangen?
Das Kanzleramt betonte gestern: keine weiteren Zugeständnisse! Das hieße, es bleibt dabei: 1,5 Milliarden Euro Überbrückungskredit und drei Milliarden Euro Bürgschaften von Bund und den Ländern mit Opel-Standorten. Magna selbst will 500 Millionen Euro in das Projekt stecken.
Werden bei Magna alle Opel-Werke in Europa langfristig überleben?
Eher nicht. Antwerpen (Belgien) und Luton (England) wackeln. Der Konzern will europaweit rund 10 500 Stellen streichen, in Deutschland rund 3000. Aber: Alle deutschen Standorte – Eisenach, Rüsselsheim, Bochum und Kaiserslautern – bleiben zunächst erhalten.
Wer freut sich am meisten, außer den Opelanern?
Angela Merkel. Die Kanzlerin hatte Opel zur Chefin-Sache gemacht und mit Macht für Magna geworben. Wäre ihr Bewerber durchgefallen, Merkel (und mit ihr die gesamte Bundesregierung) hätte im Regen gestanden.
Werden die Parteien Opel im Wahlkampf benutzen?
Klar. Hessens CDU-Ministerpräsident Roland Koch rühmte bereits gestern Merkels „Klugheit und Nervenstärke”, die sich nach hartem Ringen ausgezahlt hätten. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sagte, er sei froh darüber, dass jene, die Opel in die Insolvenz schicken wollten, „nicht die Oberhand gewonnen haben”. Ein Seitenhieb auf Wirtschaftsminister zu Guttenberg (CSU). FDP-Chef Guido Westerwelle sagte voraus, dass der Magna-Deal für den Steuerzahler noch „sehr teuer wird”.