Witten. Mark Daniel hat ein Buch über Witten geschrieben. Wer in der Ruhrstadt lebt, wird in seinen launigen Geschichten auf viele alte Bekannte treffen.
Seit gut 30 Jahren lebt der Journalist und Autor Mark Daniel nicht mehr in Witten, sondern in Leipzig. Trotzdem hat er jetzt ein Buch über die Ruhrstadt geschrieben – und damit eine einzige große Liebeserklärung an seine Heimat. In zehn launigen Porträts, in Spaziergängen und Dönekes stellt der 55-Jährige Witten und die Wittener vor. Nostalgisch, humorvoll und voller Melancholie. „Ja, das ist vergleichbar mit der ersten großen Liebe“, sagt er. „Da wird man ja auch wehmütig, wenn man sich wiedersieht.“
Wiedersehen gab es in letzter Zeit viele. Häufig hat Daniel in den letzten beiden Jahren Freunde und Familie im Revier besucht. Dabei wuchs in ihm die Idee, seine Erinnerungen an die Stadt in Worte zu fassen. „Ich wollte den Menschen hier und ihrem einzigartigen Humor damit ein Denkmal setzen.“
Eine Woche lang für viele Besuche in Witten
Und so nahm er sich Ende letzten Jahres eine Woche Urlaub, um ein paar Wittener zu interviewen. Drei Porträts waren geplant, zehn sind es schließlich geworden. Innige Begegnungen und persönliche Einblicke: Mark Daniel spricht mit Lilo Dannert über ihre Erinnerungen an die Folkmutter Hilde Doebner, schwärmt bei Peter Steger von Campingplatz und Kartoffelsalat, plaudert bei Currywurst und Pommes mit Detlev Berkenberg von Eddi’s Durst- und Wurstexpress und schaut Earny Dussin in seinem Musikladen über die Schulter. Der Journalist lässt sie alle selbst zu Wort kommen und erzählt zugleich die Geschichten dieser Männer und Frauen, die die Stadt geprägt haben.
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Außerdem zieht Mark Daniel in seinen literarischen Spaziergängen durch die Stadt, erzählt Anekdoten aus durchzechten Nächten und erinnert an längst geschlossene und immer noch beliebte Kneipen – an den D-Zug, ans Dixie und Klimbim, ans Monopol und die Erbsensuppe im La Nonna.
Spätestens bei seiner Beschreibung der Stadt wird klar, dass er Witten durchaus nicht durch eine rosarote Brille betrachtet. „Die schönen Altbauten mitten im architektonischen Nachkriegs-Elend sind an der Hand eines Faultiers abzuzählen – es hat drei Finger. (...) Aber das Flair des Freibads in Annen oder der Kemnader See, Leute, die können es locker mit karibischen Sandstränden aufnehmen! Zumindest bei Nacht“, heißt es da etwa spöttisch. Und sein Blick auf die City vom Bahnhof aus liest sich so: „Eine Kurzmagistrale aus in hässliche Betonhäuser gegossener Hoffnungslosigkeit, die großkotzig Berliner Straße heißt und zur Stadtgalerie führt.“
Autor schwärmt von toller Zeit bei der WAZ
Seine Liebe zur Heimat ist offenbar eine abgeklärte. „Nein, Witten ist keine wirklich schöne Stadt“, gibt der Wahl-Leipziger zu. „Aber so cool.“ Und schon gerät er wieder ins Schwärmen. Vom „genialen Wiesenviertel mit seinem feinen Charme“, von seiner „tollen Zeit bei der WAZ“, für die er als freier Mitarbeiter gearbeitet hat und all den Kollegen, die ihn sehr geprägt haben. Dem Fotografen Hans-Dieter „Thommy“ Thomas ist sogar eins der Dönekes gewidmet, auch Davide Bentivoglio, Werner Liesenhoff und Barbara Zabka werden erwähnt.
Lesung in der Werkstadt
Das knapp 200 Seiten starke Buch wird ab dem 19. Mai für 9,90 Euro im Buchhandel erhältlich sein. Wer schon eher ein Exemplar kaufen möchte, kann sich direkt an Mark Daniel wenden: www.markdaniel.de
Die offizielle Buchvorstellung findet am Samstag, 20. Mai, um 19 Uhr in der Werkstadt statt. Dann wird Mark Daniel aus „Witten – ker, wat schön! lesen, dazu gibt es zwischen den Kapiteln Gitarrenmusik von Dirk Kiffmeier, mit dem der Autor seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden ist: Schon Anfang der 90er-Jahre haben die beiden in der Werkstadt zusammen Theater gespielt.
Die Besucher erwartet ein in Kapitel gegossenes, generationsübergreifendes Klassentreffen mit ganz viel Nostalgie. Tickets gibt’s im Vorverkauf für 10 Euro. Übrigens: Es gibt auch ein Lied zum Buch. Der Song „Witten - ker wat schön!“ ist auf Youtube zu hören.
Keine Frage: Wer in Witten aufgewachsen ist oder wenigstens eine Zeit lang hier gelebt hat, der wird in diesem Buch auf alte Bekannte treffen. Auf unvergessene – auch ziemlich fiese – Lehrer vom Ruhr-Gymnasium, auf Kneipenwirte, Musiker, Tanzlehrer und Schallplattenverkäufer. Auf Erinnerungen ans alte Café Leye, an Horten und die legendäre Herbeder Band BOP. Deswegen dürfte „Witten - ker, wat schön!“ wohl vor allem was für Wittener sein, oder? „Ja, für alle Wittener – aber auch für mich selbst“, sagt Daniel. „Es war für mich einfach ein Herzensprojekt.“
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Mit den gut 200 Seiten könne man auf Erinnerungsreise gehen, die Stadt aber auch noch einmal ganz neu entdecken, meint der Autor. Und wer weiß – vielleicht kommen ja auch noch Nicht-Wittener auf den Geschmack. Bei einer Lesung auf der Leipziger Buchmesse wird Mark Daniel jedenfalls zwei Kapitel aus seinem jüngsten Buch vorstellen.