Witten. Obwohl es am Sonntag wieder regnet, ist der Ruhrpegel nach einem relativ schönen Samstag gesunken. Der Fluss trat aber bereits über seine Ufer.
Der Sonntag ist zwar wieder grau und regnerisch und auch der Montag soll nicht dolle werden. Trotzdem sinkt der Ruhrpegel. In Wetter – maßgeblich auch für Witten – steht er am Sonntagmittag bei 3,70 Meter und damit deutlich unter der kritischen Hochwassermarke (ab 5,15 Meter).
Der Fluss ist nach dem vielen Regen der vergangenen Woche aber schon deutlich über seine Ufer getreten. Jede Menge Wasser donnert beispielsweise an der Schleuse in Heven hinunter. Der Fuß- und Radweg ist jedoch nicht überflutet und damit frei für Spaziergänger und Fahrradfahrer.
Welche Ausmaße die Ruhr nach dem vielen Regen angenommen hat, lässt sich am Samstag eindrucksvoll auch vom Bergerdenkmal auf dem Hohenstein aus beobachten. Längst haben die Bäume unten an der Ruhr, in der Nähe des Kraftwerks Hohenstein, nasse Füße bekommen.
Sandsäcke schützen Wittener Biergarten vor Hochwasser im Januar
Der Campingplatz von Peter Steger an der Uferstraße steht nach den aktuellen Regenfällen aber nicht unter Wasser. „Der Pegel ist ja schon wieder 40 Zentimer gefallen“, sagt der Betreiber am Sonntag. Am Freitag stand er noch bei 4,65 Metern. Hochwasser hatte Steger in diesem Jahr aber schon, Mitte Januar. „Da stand das Wasser bis vor der Wirtschaft“ – und der Pegel bei 5,52 Meter. Mit Sandsäcken gelang es, das Lokal im Inneren zu schützen. Steger: „Das Wasser stand direkt vor der Tür.“
Schnell werden Erinnerungen an das Jahrhunderthochwasser im Juli 2021 wach, als der Campingplatz komplett abgesoffen war und Steger mit seiner Frau und zwei Campern nachts in einer dramatischen Rettungsaktion evakuiert wurde. „Seitdem sehe ich das Hochwasser mit ganz anderen Augen und Gefühlen“, sagt Steger. „Wenn du das Wasser einmal in der Wohnung gehabt hast und drei Monate ausquartiert warst, geht es jetzt um jeden Zentimeter, den der Pegel fällt.“
Wittener Campingplatzbetreiber: Abfluss der Talsperren hat sich verbessert
Seit der Sommer-Katastrophe 2021 fließe das Wasser aus den Talsperren im Sauerland etwas besser ab, glaubt Steger. „Die Verantwortlichen scheinen etwas gelernt zu haben. Sie lassen das Wasser früher ab, wenn sie ein großes Regengebiet sehen. So sind die Talsperren im Falle des Falles aufnahmefähiger.“ Steger hatte nach der Jahrhundertflut kritisiert, dass die Talsperren zu voll gelaufen waren und den starken Regen nicht mehr aufnehmen konnten. „Deshalb sind wir damals abgesoffen.“
Mit knapp 7,30 Metern wurde am 15. Juli 2021 die absolute Rekordmarke in Witten erreicht. Das waren noch 50 Zentimer mehr als beim großen Hochwasser am 4./5. Dezember 1960. Selbst wenn der Pegel in diesen Wochen noch mal steigen sollte, sieht Peter Steger keine große Gefahr für den Campingplatz. Die 25 Wohnwagen, die im Winter dort bleiben, „stehen so hoch, dass bei einem normalen Hochwasser nichts passieren kann“. Die neue Woche soll kalt und schön werden – mit Ausnahme des Montags, an dem es noch mal regnen soll.
Selbst jetzt – fast 20 Monate später – sind noch nicht alle Schäden der damaligen Jahrhundertflut behoben. „Die sanitären Anlagen müssen noch gestrichen werden“, nennt Peter Steger ein Beispiel. In einer nie dagewesenen Spendenaktion hatten sich Wittener Firmen an der Instandsetzung von Stegers überfluteter Wohnung beteiligt. Der Gesamtschaden für sein Haus samt Biergarten wurde auf 140.000 Euro geschätzt. Darin waren die übrigen Schäden auf dem Campingplatz noch gar nicht enthalten. „In allen 50 Wohnwagen stand damals das Wasser“, erinnert sich der geborene Wittener.
Aber längst richtet er seinen Blick wieder nach vorne. Die Gastronomie konnte frisch renoviert bereits im letzten Jahr wiedereröffnet werden, die Wege sind neu gemacht – und kein Camper hat gekündigt. Peter Steger freut sich auf die neue Saison, die nach Ostern beginnt. „Ohne meine Familie hätte ich das nie geschafft“, sagt Steger gerührt, der am Sonntag 78 Jahre alt geworden ist. Gefeiert wurde im kleinen Familienkreis – nicht bei den berühmten Würstchen mit Kartoffelsalat, sondern Schnitzelauflauf mit Nudeln und Käseplatte.