Hildegard Doebner, die Mutter des Wittener Folks, wäre am 8. April 80 Jahre alt geworden.Viele alte Weggefährten, die heute bekannte Musiker sind, ehren sie mit einer Geburtstagsgala

Es war die Zeit, als man die Haare lang und bunte Strickpullover trug, Selbstgedrehte rauchte und erstmals aufs Hattinger Altstadtfest ging. Es waren die Siebziger und in Witten entstand etwas kleines Feines, was bald in ganz Deutschland einen Namen hatte: der legendäre Wittener Folkclub. Seine Gründerin würde im April 80.

Die Älteren kennen sie noch, "die Hilde", jene "kleine mollige dunkelhaarige Frau", wie einst der Liedermacher und Folkmusiker Ray Austin schrieb. Unendlich viele schöne Stunden habe er in ihrem Haus an der Steinstraße verbracht - womit Austin vielen Musikerkollegen aus dem Herzen sprechen dürfte. Hildegard Doebner galt als die Mutter des Folks.

1974 hob sie den Wittener Folkclub aus der Taufe. Was folgte, waren Festivals und Kneipenkonzerte mit Musikern, die heute Stars sind: Stefan Stoppok, ja sogar Grönemeyer kamen nach Witten. Die Einladungsliste zu ihrer Geburtstagsgala - Doebner wäre am 8. April 80 geworden - liest sich wie das "Who is who" der Folkszene: Le Clou und Liederjan sind dabei, wenn am 11. April in der Werkstadt gefeiert wird, Fred Ape und Guntmar Feuerstein, Bernie Conrads von der Autobahnband, natürlich Ray Austin, Frank Baier, Schnappsack, Friedemann. . . - alte Weggefährten, die unzählige Stunden mit Doebner verbracht haben.

Auch die Absagen sprechen Bände. "Das ist eine Hommage an den Wittener Folk-Club, dass so viele nicht in der Lage sind zu kommen", sagt Paul Wood, der zum Vorstand von "Wittenfolk" gehört, dem 2006 ins Leben gerufenen Nachfolger des Ende der 90er eingeschlafenen Wittener Folkclubs. Stoppok wäre zum Geburtstag am 8. April gekommen, kann wegen seiner Tournee aber nicht am Elften, Franz-Josef Degenhardt schickte Grußworte, weil er dann nicht im Lande ist, und Lydie Auvrey, die berühmte Musikerin am Akkordeon, ist ebenfalls verhindert.

Sie alle kannten und liebten Hildegard Doebner, die mit 72 Jahren viel zu früh gestorben ist. Die Witwe eines Bergmanns muss das Leben und die Menschen geliebt haben. Viele Musiker, die auf Tour waren, fanden an der Steinstraße eine Herberge und ihre Küche wurde zu einem fast heiligen Ort. Auch bei "Salvatore", dem Italiener, ließ sie sich und ihre Gäste gerne verwöhnen.

"Bei Hildegard war viel los", erinnert sich Wittenfolk-Vorstandsmitglied Lilo Dannert. Doebner hatte nicht nur ein Herz für Musiker, sie setzte sich auch für Flüchtlinge ein und engagierte sich politisch, erst in der SPD, später für die Grünen im Rat. "Als ich Hilde kennen lernte, war sie an einen Baum gekettet", sagt Paul Wood. Sie habe damals gegen den Bau des City-Centers protestiert. Hildegard Doebner wäre es vielleicht eine Genugtuung gewesen: Die Bausünde wird bald abgerissen.