Oberhausen. Er leidet an aggressiver Multiple Sklerose. Trotzdem lebt Bauer Basti im Oberhausener Dreigestirn auf. An Karneval sagte er gleich zweimal Ja.

Den Dreschflegel hält er fest in der Hand. Die Pfauenfedern thronen auf dem bulligen Hut auf seinem Kopf. Die Hände schwenkt er von links nach rechts – ein lautes „Helauuu!“ schallt durch den Narrensaal in Oberhausen . Das alles geschieht in dieser Session rund 250-mal, wenn Sebastian Eisenhut sich im Dreigestirn der Karnevalsgemeinschaft „Dampf drauf“ in Bauer Basti verwandelt. Dabei reißt den begeisterten Karnevalisten eine schwere Krankheit vor vier Jahren urplötzlich aus seinem gewohnten Leben.

An die ersten Anzeichen erinnert sich Sebastian Eisenhut noch genau. „Nach dem Aufwachen fühlte sich mein Arm taub an“, sagt der 24-Jährige. Er dachte an einen eingeschlafenen Arm. Doch die Beschwerden häufen sich. Sein Hausarzt überweist ihn zum Neurologen, der sofort ins Krankenhaus. Diagnose: Multiple Sklerose , eine aggressive Nervenkrankheit.

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Seine Ausbildung zur Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice muss er abbrechen. „Die Ärztin sagte klipp und klar, bis hierhin und nicht weiter“, erinnert sich Eisenhut. In den folgenden Jahren dauert es, bis die medikamentöse Einstellung funktioniert. Die Nebenwirkungen machen ihm zu schaffen. An Arbeit ist nicht zu denken.

Nicht hinter der Krankheit verstecken

„Multiple Sklerose ist die Krankheit der 1000 Gesichter“, sagt der junge Karnevalist. Bei ihm schlägt die tückische Krankheit zwischenzeitlich auf die Augen, er sieht Doppelbilder, und auf die Beine, die sich taub anfühlen. Er legt sich einen eigenen Rollstuhl zu.

Mit Prinz, Jungfrau und Paginnen als Dreigestirn der Karnevalsgemeinschaft „Dampf drauf“ in Oberhausen unterwegs: Bauer Basti.
Mit Prinz, Jungfrau und Paginnen als Dreigestirn der Karnevalsgemeinschaft „Dampf drauf“ in Oberhausen unterwegs: Bauer Basti. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Irgendwann klingelt das Telefon. Sein Freund Chris Höppner lädt ihn zu einem Getränk ein. Beide kennen sich aus Kindertagen. „Unerwartet hat er mich gefragt, ob ich ein Teil des Dreigestirns werden möchte“, sagt der Bauer. Ein Traum einer jeden Karnevalslaufbahn. Die erste Reaktion: „Da muss ich erst meine Verlobte fragen!“

Basti heiratet seine Verlobte Laura

Eisenhut muss lachen. Frau Laura sagt: Ja! Erst zum Job im Prinzenteam und dann zu ihm. Beide heiraten im vergangenen November, kurz nach dem Start der Karnevalssession.

Der Krankheitsverlauf lässt die närrische Großaufgabe zu. Sebastian Eisenhut möchte sich nicht hinter der Krankheit verstecken. Prinz Chris Höppner: „Keiner weiß, wie der Krankheitsverlauf weitergeht.“ Er klopft dabei auf den Tisch. „Ich wollte Basti die vielleicht letzte Chance geben, in einem Prinzenteam dabei zu sein und diese schöne Zeit mitzuerleben.“ Heilbar ist Multiple Sklerose nicht. Aber Medikamente können helfen, das Fortschreiten aufzuhalten.

Notfalls mit dem Rollstuhl auf die Bühne

Wenn der 24-Jährige durch die Säle zieht, sehen Prinz Chris Höppner, Jungfrau Robin Ferschen und die Paginnen Kaddi Kleinebrink und Isabell Lück dem Bauern mittlerweile ganz gut an, wenn er eine kurze Auszeit vom Helau-Marathon benötigt. „Bisher hat es gut geklappt. Aber kleine Pausen muss ich mir nehmen, sonst sacken meine Beine ein.“

Mit Begeisterung im Karneval dabei – Sebastian Eisenhut (24).
Mit Begeisterung im Karneval dabei – Sebastian Eisenhut (24). © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Die Sitzschale im Prinzenbus verschafft nötige Ruhe. Ein Stellplatz für den Rollstuhl ist für den Fall der Fälle vorhanden. Mit dem Prinz ist vorher verabredet: „Wenn ich den Rollstuhl benötige, dann geht es mit dem Rollstuhl auf die Bühne.“

Bisher dominieren die schönen Erlebnisse in den Sälen und sozialen Einrichtungen. Wenn die Töne eines Pulsschlags über die Lautsprecher zu hören sind, dann wissen die Oberhausener Narren Bescheid.

Das Dreigestirn marschiert mit seiner Einmarsch-Hymne „Wolkeplatz“ der Kölsch-Rocker Miljö ein. „Der Puls er kocht, der Herzschlag steigt, das jüngste Dreigestirn es allen zeigt!“ Das Motto der Session verwenden sie als Collage aus Herz, Pulsschlag und der Silhouette des Gasometers häufig. Auf den Schiffchen auf dem Kopf, auf den Uniformen der Mädels – und auf einem besonderen Orden.

Erlöse eines Sonderordens für die Forschung

Vom Tänzer zum Oberleutnant

Die Karnevalssession hat Sebastian Eisenhut viele neue Freundschaften beschert. Dabei verbringt der 24-Jährige fast sein komplettes Leben im Oberhausener Karneval.

Im Alter von vier Jahren tanzte er bei KG Grün-Rot Wagaschei, mit elf Jahren machte er als Fahnenschwenker bei der Ehrengarde weiter. Dort ist er mittlerweile zum Oberleutnant ernannt worden und pflegt zusätzlich eine passive Mitgliedschaft bei der II. KG Zomkhosi.

Das Dreigestirn hat 100 Dauerorden angefertigt, die für 100 Euro verkauft werden. Der Erlös geht an eine Stiftung, damit weitere Behandlungsmethoden gegen Multiple Sklerose erforscht werden können. Mit Erfolg – alle jecken Plaketten sind schon weg. „Als der Orden bei unserer Kürung vorgestellt wurde, hatte ich Tränen in den Augen“, erinnert sich Sebastian Eisenhut an den rührenden Moment. Der grandiose Einmarsch in einen Saal, das Spalier aus klatschenden Narren sei jedesmal ein Erlebnis.

Mittlerweile kann er wieder arbeiten. Die Kurbel hat ihm einen Job als Altenpflegehelfer bei der Demenz-WG im DRK-Wohnheim an der Gustavstraße vermittelt. Dort übernimmt er die Nachtschichten. „Wenn man beschäftigt ist, hilft es, damit abends vor dem Einschlafen nicht der Kopf rattert.“

Die schöne Session füllt ihn voll aus. Anderen Erkrankten möchte er mit seiner Zeit im Dreigestirn einen positiven Gedankenanstoß geben: „Man sollte nicht den Mut verlieren – und versuchen, das zu machen, was einem gefällt. Im Team sind alle offen mit der Krankheit umgegangen. Man sollte sie nicht verstecken, sondern lernen damit umzugehen.“

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