Mülheim. Schnelles Internet dank Breitbandausbau: Da manche Mülheimer Schulen erst spät angeschlossen werden, sehen sie massive Wettbewerbsnachteile.
In den kommenden Jahren sollen alle Mülheimer Schulen ans Glasfasernetz angeschlossen werden – und somit endlich Zugang zu schnellem Internet bekommen. Die Ausbaupläne des städtischen Energiedienstleisters Medl und der parallel agierenden Telekom sehen vor, dass zunächst Haushalte und Einrichtungen in Stadtmitte angebunden werden sowie in Broich, Saarn und Mintard. Einige Schulen werden also deutlich früher bedient als andere. Im Bildungsausschuss wurde nun erstmals ein konkreter Plan vorgelegt – für manchen war er schlicht „frustrierend“.
Ausschussmitglied Mathias Kocks etwa sprach von „Wettbewerbsverzerrung“. Die Willy-Brandt-Schule, an der er stellvertretender Schulleiter ist, muss sich laut städtischer Liste nämlich noch lang gedulden. Schlimmstenfalls sogar bis Juni 2025. Das ist bitter für Schüler und Schülerinnen: Denn zum Beispiel die Gesamtschule Saarn geht wohl schon 2023 an den Start. Kocks kritisierte zudem „den riesengroßen Unterschied der Mülheimer Schulen bei der digitalen Ausstattung“.
Laut Stadt dürfen die Schulen durchaus darauf hoffen, früher dranzukommen
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Die Liste, die die stellvertretende Leiterin des Amtes für Digitalisierung, Geodaten und IT dem Ausschuss nun vorlegte, nennt für jede Schule den allerspätesten Ausbauzeitpunkt. Laut Juliane Neubner dürfen die Schulgemeinden aber durchaus hoffen, früher dranzukommen.
Die Medl ist stadtweit mit dem Ausbau beschäftigt, die Telekom nur in der Innenstadt. An der Martin-von-Tours-Schule, der Trooststraßenschule und der Zunftmeisterstraße, am Berufskolleg Stadtmitte inklusive Standort Von-Bock-Straße, an der Realschule Stadtmitte sowie den Gymnasien Luisenschule und Otto-Pankok-Schule liefern sich die Unternehmen eine Art Kopf-an-Kopf-Rennen. Laut Juliane Neuber wird diejenige Firma den Zuschlag bekommen, die ihre Dienste als erste anbietet. Von der Telekom allerdings sei bislang nur bekannt, wann der Anschluss liegt und nicht, wann das System tatsächlich aktiviert wird.
Einige Schulen könnten schon im Frühjahr 2023 dran sein, andere erst im Sommer 2025
Die Medl dagegen spricht durchgängig von Inbetriebnahme und unterscheidet drei Kategorien: „Bis zum Start des Netzbetriebes in 2023“, was schon im Frühjahr oder im Sommer kommenden Jahres der Fall sein könnte, „Bis Ende 2023“ sowie „Bis Juni 2025“. Als erste ans Glasfasernetz angeschlossen werden demnach die Grundschule am Klostermarkt, die Pestalozzi-Grundschule, das Berufskolleg Lehnerstraße, die Förderschule Rembergschule, die Gesamtschule Saarn, das Gymnasium und die Realschule Broich sowie das Gymnasium Karl-Ziegler-Schule.
Bis Ende 2023 sollen die Martin-von-Tours-Grundschule, die Trooststraßen-Grundschule und die Grundschule an der Zunftmeisterstraße folgen sowie das Berufskolleg Stadtmitte samt Von-Bock-Straße, die Gymnasien Luisenschule und Otto-Pankok-Schule sowie die Realschule Stadtmitte.
Alle anderen Schulen sollen bis spätestens Mitte 2025 ans Netz gehen.
Grüne: „Wir sind froh, dass wir nun wissen, wann an welcher Schule was passiert“
Der Ausschuss hatte immer wieder auf einen solchen konkreten Plan gedrängt – auch um auf Nachfragen von Schulen und Familien angemessen reagieren zu können. Franziska Krumwiede-Steiner (Grüne) freute sich, „dass wir nun zum ersten Mal wissen, wann an welcher Schule was passiert“.
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Bezirksschülersprecher Samuel Bielak, der die Gustav-Heinemann-Schule in Dümpten besucht, und seine Kollegin Luisa Reichwein, die Schülerin des Heißener Gymnasiums ist, erfuhren im Ausschuss, dass ihre beiden Schulen zu jenen gehören, die womöglich erst Mitte 2025 angeschlossen werden. „Wir sind entsetzt darüber, dass die Schulen im sozial schwache Norden durch diese Planung deutlich geschwächt und die im sozial stärkeren Süden gestärkt wurden“, so Bielak im Gespräch mit dieser Zeitung. „Unsere Bildung darf nicht abhängig sein von den wirtschaftlichen Interessen eines Unternehmens.“ Man müsse ernsthaft um die Wettbewerbsfähigkeit derjenigen Schulen fürchten, die spät ans Netz gehen. „Da überlegt man sich als Eltern doch zweimal, ob man das Kind zu einer solchen Schule schickt.“
Mache Schulen hinken in puncto Ausstattung deutlich hinterher
Das Thema Digitalisierung ist ein weites: So war im Ausschuss auch die Rede davon, wie es gelingen kann, dass die Schulen ähnlich digital arbeiten – trotz Geräte ganz unterschiedlicher Hersteller und verschiedener Betriebssysteme. Mache Schulen hinken in puncto Ausstattung auch deutlich hinterher. Aktuell wartet man in Juliane Neubners Amt noch immer auf die Lieferung von rund 4500 Tablets aus der zweiten Ausstattungsoffensive des Landes NRW und der EU, die eigentlich längst hätten ankommen sollen.
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Schon im Frühjahr 2021 waren knapp 5000 Tablets an Mülheims Schulen verteilt worden. Vor allem Kinder und Jugendliche, die zu Hause unzureichend technisch ausgestattet waren, kamen zum Zuge. Dieses Mal werden Kinder und Jugendliche profitieren, die Schulen mit besonderen sozialen Herausforderungen besuchen. Es sind dies: die Rembergschule, die Wilhelm-Busch-Schule, die Schule am Hexbachtal, die Gesamtschule Saarn, die Realschule Stadtmitte, die GGS Styrum, die Astrid-Lindgren-Schule, die Martin-von-Tours-Grundschule, die GGS am Dichterviertel, die Pestalozzi-Schule und die Grundschule an der Zunftmeisterstraße. Unterstützt werden auch die Berufskollegs Lehnerstraße und Stadtmitte.
Alsbald werden 60 Prozent der Schüler mit öffentlich finanzierten Tablets versorgt sein
Mit Auslieferung dieser Geräte werden knapp 60 Prozent aller Mülheimer Schüler und Schülerinnen mit digitalen Endgeräten aus öffentlicher Hand versorgt sein. Für die Kinder und Jugendlichen, die weiterhin leer ausgehen, wollen Neubner und ihr Team absehbar Lösungen finden. Wie so oft, sei die Finanzierung das Problem, „aber vielleicht gibt’s ja Nachfolgeprojekte vom Land“. Für die Übergangszeit bemühe man sich um alternative Wege wie tragbare Hotspots, deren Nutzung für die Schüler unentgeltlich ist.