Mülheim. Das Entwicklungsvorhaben Mülheim-West soll 45 Hektar an der Ruhr städtebaulich umkrempeln. Wie es um das Mammutprojekt im Herzen der Stadt steht.

Lange war es ruhig um Mülheims im Vorjahr ausgerufenes Stadtentwicklungsprojekt „Mülheim-West“. Mit diesem sollen 45 Hektar Land entlang der Ruhr neu gestaltet werden – nicht nur, um zukunftsträchtige Arbeitsplätze zu schaffen. Jetzt verkünden die Stadtplaner Neuigkeiten.

Für den Planungsausschuss des Stadtrates hat die Verwaltung einen Zwischenbericht zum Mammutprojekt abgegeben, an dem neben der Stadt die Eigner der Friedrich-Wilhelms-Hütte, Thyssenkrupp Schulte, Thyssenkrupp Materials Services, Aldi Süd und die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) mit ihren Grundstücken beteiligt sind. Ihr gemeinsames Ziel hatten die Projektpartner im Mai 2021 öffentlich gemacht und in einer Absichtserklärung festgeschrieben.

Städtebaulicher Wettbewerb für Flächen entlang der Mülheimer Ruhr in Vorbereitung

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Zwischen den Ruhrbania-Baufeldern 3 und 4 in der Innenstadt und der Aldi-Zentrale in Styrum soll Brachland in eine Entwicklung gebracht werden. Ein Quartier besonderer Güte soll an der Ruhr entstehen. Beabsichtigt ist, „ein zukunftsträchtiges Quartier zu entwickeln, in dem sich vor allem Arbeiten, Produktion, Freizeit und Erholung, Kultur und Event sinnfällig verbinden und gegenseitig zu einer lebendigen und urbanen Mischung ergänzen“.

Starten wollen die Beteiligten dazu einen städtebaulichen Wettbewerb, wobei der Wettbewerbssieger folgend noch einmal beauftragt werden soll, seine Pläne konkreter auszuarbeiten, um am Ende ein städtebaulich tragfähiges Konzept stehen zu haben, das etwa auch gestalterischen, umweltökonomischen und verkehrlichen Erfordernissen Rechnung trägt.

Eine noch unbeantwortete Frage: Welche Flächen geben Unternehmen frei?

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Wie das Stadtplanungsamt berichtet, läuft zur Vorbereitung des Wettbewerbs ein kontinuierlicher Austausch zwischen allen Beteiligten – etwa auch zu der Frage, welche Flächen überhaupt für eine städtebauliche Entwicklung freigegeben werden können. Seit dem Vorjahr hat sich da manches getan. Etwa hat die Stadt ihr Vorkaufsrecht für das AOK-Grundstück auf dem Ruhrbania-Baufeld 3 nördlich des alten Bahnviaduktes (heute Radschnellweg) gezogen und das Grundstück für eine Ruhrbania-Fortschreibung gesichert.

Mülheims Ruhrbania-Baufelder 3 und 4 zwischen Radschnellweg und Konrad-Adenauer-Brücke, zwischen Ruhr und Friedrich-Ebert-Straße – mit (von links) AOK-Haus, Gesundheitshaus und altem Arbeitsamt.
Mülheims Ruhrbania-Baufelder 3 und 4 zwischen Radschnellweg und Konrad-Adenauer-Brücke, zwischen Ruhr und Friedrich-Ebert-Straße – mit (von links) AOK-Haus, Gesundheitshaus und altem Arbeitsamt. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Auch die Entwicklungen der vor nicht allzu langer Zeit wirtschaftlich arg unter Druck geratenen Friedrich-Wilhelms-Hütte werden für das Projekt „Mülheim-West“ eine maßgebliche Rolle spielen. Der Stahlguss brummt nicht zuletzt wegen der enormen Nachfrage aus der Rüstungsindustrie, so dass nach Jahren des Schrumpfens die Zeichen dort eher auf Expansion stehen.

Bietet die Vallourec-Fläche Perspektiven für eine Verlagerung der Industrie?

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Im Stadtrat machen einige Politiker kein Geheimnis aus ihrer leisen Hoffnung, die Hütte könnte ihr Filetgrundstück an der Ruhr womöglich ganz räumen, um nach dem absehbaren Produktions-Aus von Stahlrohr-Produzent Vallourec Ende 2023 dessen Areal an der Schnittstelle von Styrum zu Dümpten neues industrielles Leben einzuhauchen. Ein diesbezügliches Interesse offiziell bestätigen wollte die Geschäftsführung der Hütte zuletzt nicht.

Auch Thyssenkrupp hatte sich im Frühjahr 2021 dafür offen gezeigt, die zehn Hektar an der Ruhr langfristig womöglich ganz aufzugeben. Die Voraussetzung dafür nannte seinerzeit Thyssenkrupp-Geschäftsführer Detlef Schotte: Ein passender, gerne weiterhin zentral in der Rhein-Ruhr-Region gelegener Alternativstandort müsse her. Auch hierfür könnte das Vallourec-Areal eine Perspektive aufzuzeigen.

Vor der Auslobung des Wettbewerbs soll eine Verkehrsanalyse her

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Das alles ist freilich noch Zukunftsmusik, spielt aber sicher rein in die laufenden Vorbereitungen für die Auslobung eines städtebaulichen Wettbewerbs zur Entwicklung am östlichen Ruhrufer. Aktuell prüfe einer der Projektpartner auch noch, inwieweit eine Altlastenproblematik weitergehende Untersuchungen nötig mache, heißt es seitens der Stadt. Untere und Obere Denkmalbehörde nähmen sich derweil die Bestandsgebäude vor, um sie hinsichtlich ihrer Denkmalwürdigkeit zu bewerten. Auch soll im Vorfeld des Wettbewerbs noch eine Machbarkeitsstudie Fragen zur verkehrlichen Erschließung des Areals klären. Bekanntlich will die Ratsmehrheit aus CDU und Grünen eine Güterbahnverbindung zur Hafenbahn auf der anderen Ruhrseite geprüft sehen.

Die Vergabe für jene Machbarkeitsstudie ist laut Stadtverwaltung noch in Vorbereitung. So wird die Wettbewerbsauslobung noch auf sich warten lassen. Ende 2022 oder Anfang 2023 erst soll die Politik einer Auslobung ihren Segen geben. Ursprünglich geplant war der Wettbewerbsstart noch für dieses Jahr. Was auch noch zu regeln ist: Wer trägt zu welchen Anteilen die Kosten des Verfahrens? Einen Vertragsentwurf dazu gebe es bereits, heißt es seitens der Stadt, ohne konkreter zu werden. Dieser Entwurf sei nun „in der Abstimmung“.

Im Frühjahr 2023 soll erster städtebaulicher Entwurf für „Mülheim-West“ vorliegen

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Um einen ersten Entwurf für einen „hochwertigen urbanen Gewerbestandort mit überörtlicher Strahlkraft“ in den Händen zu haben, soll ein Preisgericht aber schon im Frühjahr 2023 einen Wettbewerbssieger küren. Geht es nach den im Vorjahr formulierten Wünschen, soll der Siegerentwurf dann eine Entwicklung an der Ruhr skizziert haben, die Forschung und Entwicklung, Dienstleistungen, Verwaltung, Produktion, Kultur, Event, Gastronomie, Freizeit und Sport auf den 45 Hektar an der Ruhr möglich macht. Punktuell soll auch Wohnen möglich werden, soweit es nicht der gewerblich-industriellen Nutzung vor Ort zuwiderläuft, wie es seinerzeit hieß. Und auch der Lückenschluss für den Ruhrtalradweg rechts der Ruhr war als Wunsch formuliert worden.