Mülheim. Die Stadt Mülheim hat kein Geld, um ihren Rathausmarkt endlich attraktiver zu gestalten. Jetzt macht ihr ein Projektentwickler ein Angebot.
Der Rathausmarkt ist alles andere als das, was Bürger sich einst bei den Ideen-Workshops zur Neugestaltung der Innenstadt gewünscht hatten. Halb verwaister Platz, halb unansehnlicher Parkplatz mit Kiosk-Ruine am Rande ist der Rathausmarkt weiter nicht das vor Jahren von Bürgern skizzierte „Wohnzimmer“ der Stadt, ein Ort mit Aufenthaltsqualität und Anziehungskraft. Ein Mülheimer Projektentwickler will das nun ändern und unterbreitet der Stadt ein Angebot.
Jener Projektentwickler ist Diplomingenieur Jürgen Rojahn, der mit seiner BRB Gesellschaft für Baumanagement und Invest-Controlling an der Hingbergstraße firmiert und nach eigenen Angaben seit 1989 deutschlandweit Projekte anstößt und verwirklicht – als eines seiner herausragenden Projekte nennt Rojahn das Einkaufszentrum Sachsenallee in Chemnitz mit 27.000 Quadratmetern Verkaufsfläche.
Erster Plan für Mülheims Rathausmarkt: ein neu gebautes Seniorenheim
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Für eine Aufwertung des Platzes am Historischen Rathaus engagiert sich der 74-Jährige auch aus rein privatem Antrieb. Aus seiner hoch gelegenen Wohnung im Ruhrquartier gegenüber blickt Rojahn tagtäglich auf den Rathausmarkt. Den „Schandfleck“, wie er ihn nennt, weil eine nachhaltige Belebung nicht gelungen sei.
Länger schon hat sich Rojahn Gedanken gemacht, was man vor Ort machen könnte. Im März 2020 sei er schon mal bei Baudezernent Peter Vermeulen vorstellig geworden mit Plänen für ein viergeschossiges Seniorenwohnheim, das er über die Parkplatzfläche zu setzen gedachte. Aus heutiger Sicht, sagt der Ingenieur, sei diese erste Idee nicht durchdacht gewesen. Sie habe nämlich den einen wesentlichen Mangel gehabt: Ein solches Bauprojekt hätte keinen Mehrwert auch für die Bürger gebracht.
Neues Konzept: Mieteinnahmen aus neuer Handelsimmobilie sollen Platzgestaltung refinanzieren
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Nun präsentiert Rojahn neue Pläne, die eben diesen Mehrwert bringen sollen – und die durchaus im Ansatz den Ideen Rechnung tragen, die Bürger vor fast einem Jahrzehnt für die Innenstadt zusammengetragen hatten: Ein Stück Markthalle steckt drin, der Wunsch für mehr Grün, Gastronomie und Aufenthaltsqualität ebenso.
So hat Rojahn ein Aufmaß vom Platz genommen und nun in seinem Büro Entwurfsskizzen für einen neuen Rathausmarkt hängen, der zur Hälfte ein begrünter Platz werden soll und zur Hälfte ein mit Einzelhandelsflächen überbauter Parkplatz. Auf diese Weise glaubt Rojahn der Stadt ein attraktives Angebot zu machen: Weil sie selbst wegen ihrer Überschuldung kaum viel Geld in die Hand nehmen könnte, soll ein privates Invest den Rathausmarkt zu einem Anziehungspunkt machen. Die Mieteinnahmen auf der Handelsfläche sollen die Kosten für die neue Platzgestaltung und deren Unterhaltung decken.
1000 Quadratmeter vor dem Historischen Rathaus sollen zur „grünen Oase“ werden
Rund 1000 Quadratmeter Platzfläche vor dem Historischen Rathaus (Eingang zum Standesamt) will Rojahn zur „grünen Oase“ machen. Wegen der Tiefgarage unter dem Platz plant er mit Baumkübeln, mit Sträuchern und kleineren Pflanzen. Das Areal sollen farbig gestaltete Wege durchkreuzen, die Richtung Rathaus-Eingang gerichtet sind. Dort soll eine begrünte, verglaste Stahlkonstruktion den Eingang zum Standesamt markieren.
An der Tiefgaragen-Ausfahrt will Rojahn zudem eine Videowand installiert sehen, auf der heimische Unternehmen und Vereine für sich werben, aber auch Sportveranstaltungen und Filme übertragen werden können. Inmitten des Platzes plant er mit einer Kinder-Spielfläche samt Wasserfontänen.
17 kleine Einzelhandelsflächen und Restaurant sollen Platz finden in einem Neubau
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Rund 1,6 Millionen Euro zuzüglich der späteren Unterhaltungskosten kalkuliert der Ingenieur für die „grüne Oase“. Gegenfinanziert werden soll dies über einen Neubau, der sich über die neu zu ordnende Parkfläche für dann 31 Stellplätze im Norden des Platzes erstrecken soll. Rojahn schweben in dem Bau, der mit farbigen Spitzdächern zu einem Blickfang werden soll, Flächen für kleine Händler vor – trotz der Vielzahl an Leerständen in der Innenstadt. 17 kleinere Flächen hat Rojahn hierfür auf 1000 bis 1100 Quadratmetern eingeplant; dazu ein großflächiges Restaurant mit Ausrichtung zur Friedrich-Ebert-Straße.
Es soll Aufzüge in die Tiefgarage geben, ebenso öffentliche Toiletten. Eine Treppenanlage soll das Handels- und Gastro-Obergeschoss mit dem Platz hin zum Rathaus verbinden. Noch ein Clou schwebt Rojahn auf der anderen Seite vor: Dort soll das Gebäude über eine die Bahnstraße überspannende Brücke an den Radschnellweg angebunden werden.
Eine der ungeklärten Fragen: Würde das land Fördermittel zurückfordern?
So können Bürger sich informieren
Ausdrücklich lädt Projektentwickler Jürgen Rojahn interessierte Bürgerinnen und Bürger ein, sich von ihm die Pläne vorstellen zu lassen. Kontakt: 301 64 23.
Rojahns Firma BRB hat nach eigenen Angaben bis heute Projekte in einem Gesamtvolumen von 665 Millionen Euro gesteuert und/oder entwickelt. Zu den Projekten zählen demnach etwa die Landeszentralbank Potsdam, das Theatro Tabaluga Oberhausen, das Einkaufszentrum Sachsenallee in Chemnitz oder der Hochhausturm „The Princess of Dü“ in Düsseldorf.
Es sind noch unbeantwortete Fragen zu klären, etwa: Wie wären die neuen Lasten über der Tiefgarage statisch zu bewerkstelligen? Gutachter müssen her, die Kosten dafür glaubt Rojahn über Spender eintreiben zu können. Noch eine Frage dürfte sein: Wird das Land, das die Neugestaltung des Rathausmarktes vor wenigen Jahren erst mit öffentlichen Mitteln gefördert hat, eine erneute Umgestaltung mittragen, ohne Fördermittel zurückzufordern?
Rojahn hofft, dass Planungsamtsleiter Felix Blasch, dem er seine Pläne vor knapp zwei Monaten vorgestellt habe, diese Anfang 2022 in die politische Debatte einbringt. Der Projektentwickler sagt, er selbst und drei, vier weitere Mülheimer stünden als Investoren parat, wenn die Stadt sich darauf einlasse, ihnen den Rathausmarkt in Erbbaupacht zu überlassen. Die Frage nun sei nur: „Will die Stadt das?“
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