Mülheim. . Ein Konzept für Nutzung des alten Kiosks fehlt auch drei Jahre nach dem umfangreichen Ideenfindungsprozess noch.
Eine Bürgerbeteiligung – und was davon übrig bleibt. Genau dies werden diejenigen Mülheimer sicher im kommenden Jahr im Blick haben, wenn sie zum ersten Mal den neu gestalteten Rathausmarkt ansteuern. Eine einladende, vergrößerte Treppenanlage vor dem Rathaus – aus statischen Gründen nicht möglich. Deutlich mehr Grün? Tiefgarage und Versorgungsleitungen sprechen dagegen.
Und was wird aus dem kleinen Platzcafé mit Sonnendeck am alten Kiosk-Standort? Die Pflasterarbeiten werden sich erst einmal um den Kiosk herumschlängeln, ohne dass sich an dem alten Bau, in dem nebenbei die Entlüftung der Tiefgarage untergebracht ist, etwas tut. Dabei war einmal viel Euphorie im Spiel.
Im aktuellen Bau-Budget ist Kiosk-Umbau nicht vorgesehen
Rückblende, Ende September 2014: Drei Jahre sind vergangen, seit die breit angelegte Bürgerbeteiligung (Charrette) zur Innenstadtgestaltung gestartet ist. Nun steht Frank Schellberg, Geschäftsführer der Paritätischen Initiative für Arbeit (PIA), in gelöster Stimmung vor dem alten Kiosk. Untermalt von Jazzklängen präsentiert er mit Animationen, was sicher einmal werden solle. Er frohlockt, schon in allerkürzester Zeit mit einer provisorischen Bewirtschaftung des Kioskes Geschmack zu machen auf jenes Café mit öffentlicher Toilette am Fuße der Bahnbögen. Mantaplatte soll’s geben. Vor allem aber auch gesunde Küche mit regionalen Produkten. Noch vor dem Jahreswechsel zu 2015.
Es passierte: nichts. Laut Schellberg, weil die Stromversorgung zum Kiosk gekappt war. Jüngst im Innenstadtbeirat soll SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering der Kragen geplatzt sein, als Schellberg erneut einen Streif am Horizont skizziert haben soll. Der Mülheimer Wohnungsbau stehe bereit, um in das neue Café zu investieren und die PIA zur Pächterin zu nehmen. Wiechering hatte sich auch umgetan, hatte bei der Wohnungsgenossenschaft nachgehakt. Dort hieß es: Nichts sei abgemacht.
Planungsamtschef Liebich: „Ohne vernünftiges Betreiberkonzept fange ich erst gar nicht an zu planen“
Auf Nachfrage schloss MWB-Geschäftsführer Jürgen Steinmetz ein derartiges Engagement zwar nicht aus, betonte aber, dass Gespräche mit der PIA lange her seien – und man seitdem nichts mehr gehört habe. Eine MWB-Investition wäre auch an ein tragfähiges Konzept eines Pächters gebunden. „Ohne vernünftiges Betreiberkonzept, das sage ich klipp und klar, fange ich erst gar nicht an zu planen“, sagt Planungsamtschef Jürgen Liebich. Gefunden werden müsse etwas, was das Angebot im Umfeld ergänze und wirtschaftlich Zukunft habe. So hinkt die Wirklichkeit an dieser Stelle den Wünschen der Bürger noch einiges hinterher.
PIA-Chef Schellberg selbst mag die Hoffnung nicht aufgeben: „Wir sind weiter in der Planung, wir stehen bereit.“ Die Politik müsse erst einmal entscheiden, ob sie dort tatsächlich ein Café oder einen Imbiss mit Kiosk-Nahversorgung haben wolle, im umgebauten alten Kiosk oder in einem Neubau. So ein Betrieb, wirbt Schellberg für Unterstützung, könne auch als soziale Kontrolle für den Platz Bedeutung haben. „Wenn man will, dass da was hinkommt“, sagt Schellberg, „kriegt man es auch hin.“
Im aktuellen Baubudget von mehreren Hunderttausend Euro ist der Kiosk-Umbau ohnehin nicht drin. Klar ist: Ein Bauwerk an dieser Stelle wird es geben müssen, allein schon wegen der Entlüftung für die Tiefgaragen, aber auch, weil eine öffentliche Toilette hier Platz finden soll.
Innenstadt-Händler hoffen auf Aufwertung
Beim WAZ-Lesercafé, bei dem in der vergangenen Woche Leser und Redakteure in der Evangelischen Ladenkirche über Innenstadt-Themen diskutierten, kam auch die künftige Ausgestaltung des Rathausmarktes zu Sprache. Der Geschäftsführer der Werbegemeinschaft Innenstadt, Hermann-Josef Pogge, sagte in diesem Zusammenhang: „Die WGI möchte den Kiosk nicht an dem Ort haben.“ Genauso wenig sei man an weiteren Parkplätzen in Richtung Kiosk interessiert. Und, da ist sich Pogge mit vielen Beteiligten einig: Die Sammelcontainer am Fuße des Platzes sollten einen neuen Standort finden.
Die Mitglieder der WGI setzen in die angedachte Wiederbelebung des Rathausmarktes als Multifunktionsfläche für Wochen- und Themenmärkte sowie für Feste und Konzerte große Hoffnungen. Gleichzeitig sehe man es gerne, so Hermann-Josef Pogge, wenn die Möglichkeit geschaffen würde, unter den angrenzenden Bahnbögen „kleinteiligen Einzelhandel“ zu etablieren. Die Flächen sind aktuell aber als Ersatzflächen für die wegfallenden Parkplätze auf dem Rathausmarkt eingeplant.