Mülheim. Das Hickhack um den Kiosk am Rathausmarkt hat die Stärkung des wichtigen Scharniers zwischen Radweg und City erschwert. Gibt’s einen Ausweg?

Das jahrelange Zaudern und Hickhack der Politik um Konzepte für den Rathausmarkt hat die Stadtentwicklung an diesem eigentlich attraktiven Scharnier zwischen Radschnellweg und Mülheimer Innenstadt enorm erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht: Denn der dem Verfall preisgegebene Kiosk ist nunmehr derart ruinös, dass die Stadt weder seine Sanierung finanzieren kann – noch den Abriss. Und nun wird es schwierig einen Investor zu finden, denn die Kosten sind enorm.

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Teure Pommesbude: Abriss wäre wohl günstiger als Sanierung

Wer macht es also jetzt, da CDU und Grüne die Bude als dringend zu erneuernden „Schandfleck“ gegenüber dem Schwarz-Grünen Rathaus ausgemacht haben?

Derjenige müsste kräftig ins Portmonee greifen, wie der Mülheimer Immobilienservice eindrucksvoll ausführte, denn der Kiosk ist keinesfalls auch nur annähernd in einem vermietbaren Zustand. Es wäre eine Schadstoffsanierung erforderlich, Dach und Fenster müssen erneuert werden, ebenso ist die Elektrik überaltert, die Heizungsanlage und eine Toilette müssten überhaupt erst installiert und die – offenbar voreilig – gekappten Leitungen für Wasser, Abwasser und Strom müssten wieder hergestellt werden.

Also Abriss und Neubau aus dem Stadtsäckel? Das sei seitens der Stadt nicht stemmbar und überdies eine freiwillige Leistung. Auch die Städtebauförderung könne man dafür nicht anzapfen, heißt es im Bericht des Immo-Service, „da die Umgestaltung des Rathausmarktes fördertechnisch abgeschlossen ist und eine neue Gesamtmaßnahme aus finanziellen Gründen nicht angemeldet werden konnte“.

Wie kommt der Kiosk aus der Finanzierung-Sackgasse?

Damit müsste ein möglicher Investor – wohlgemerkt für eine Pommesbude – das komplette Vorhaben übernehmen. „Aussichtslos“ schätzte die Verwaltung ein, „,da die Maßnahme durch den baulichen Aufwand als unrentierlich einzustufen ist“.

Für die Verwaltung kommt daher nur ein Szenario infrage: Ein Abriss und die einfache Herrichtung des Platzes auf Kosten der Stadt, wobei die Abluftanlage der Tiefgarage beibehalten werden muss. Allein die Kosten für diese Maßnahme schätzt die Stadt auf bis zu 50.000 Euro. Damit allerdings wäre die Fläche einfach nur so hergerichtet, dass man dort neu bauen könnte.

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Ein Kiosk etwa mit Außengastronomie, öffentlichen und Mitarbeiter-Toiletten kämen finanziell noch oben drauf. 2017 hatte man diese Arbeiten anhand eines Gestaltungsentwurfs bereits auf rund 100.000 Euro geschätzt, die ein Investor zu stemmen hätte – in Zeiten gestiegener Materialkosten lägen sie heute wohl höher.

Viel Potenzial: Mülheimer wünschen sich seit Jahren einen attraktiven Markt

Wie attraktiv ist das aber? Zumindest böte die besondere Nähe des Marktes zum stark genutzten Radweg, zur Ruhr und zur Innenstadt viel Potenzial, aus dem nüchternen Pflaster einen Verweilort zu machen. Und bei den Mülheimerinnen und Mülheimer steht ein schöner Rathausmarkt wenigstens seit einem Beteiligungsverfahren 2013 auf der Wunschliste. Jüngst hatte der von der Bürgerschaft frisch ins Leben gerufene Verschönerungs-Klub angeregt, mehr Grün dort anzulegen, den Markt wiederzubeleben und womöglich eine Brücke hoch zum Radweg zu spannen.

Der Ansatz von Schwarz-Grün geht bislang nicht annähernd so weit. Und im Planungsausschuss erteilte die Opposition der Idee der Koalition zunächst eine Abfuhr. Doch auch hier scheint es ein Umdenken zu geben: In der Bezirksvertretung 1 lenkte die SPD-Fraktion zumindest stückweise ein.

Opposition und Koalition ausnahmsweise einig: An einem Investor führt wohl kein Weg vorbei

Der Kiosk: Ein Abriss vom Abriss

Wie schön es werden sollte: 2013 hatte sich die Verwaltung mit externen Experten auf ein Gestaltungskonzept für den Rathausmarkt geeinigt. Bürger hatten sich mit Ideen und Wünschen zuvor daran beteiligt. Der Markt sollte „zur ersten Adresse“ werden, Stadtbühne für Märkte, Gastronomie und Veranstaltungen sein.

Es kam anders: Zunächst machte der Protest der Einzelhändler der Planung einen Strich durch die Rechnung. Obwohl es die Tiefgarage gab, forderte man auch oberhalb Parkplätze. Die Politik gab nach.

2017 beschloss man schließlich, den Kiosk abzureißen. Doch am Ende fehlte selbst dafür das Geld.

2018 schob die Politik einem Verwaltungsvorstoß zur Belebung des Kiosk einen Riegel vor, obwohl sich ein Investor gefunden hatte. Nun sollte der Kiosk 2019 abgerissen werden.

Doch auch 2019 fehlten die notwendigen Penunzen. So blieb es beim alten „Schandfleck“ am Markt.

Allerdings stellte SPD-Mann Oskar Obarowski die Bedingung, dass dort zum einen Ladestationen für E-Autos und -Fahrräder entstehen, wichtiger zum anderen noch, fünf Parkplätze zugunsten einer künftigen Außengastronomie entfallen – damit das Büdchen für einen Investor attraktiv werden kann.

Jetzt wird es zunächst im Planungsausschuss im September darum gehen, wie das Ziel der Wiederbelebung zu erreichen ist: Während die Verwaltung den Abriss selbst tragen und danach die Fläche in einem Wettbewerb auszuschreiben will, hoffen andere auf einen zahlungskräftigen Träger für das Gesamtpaket. Konsens ist politisch jedenfalls das, was Hansgeorg Schiemer (CDU) bereits in der BV1 ankündigte: „An einem Investor führt kein Weg vorbei.“