Mülheim. Die Stadt Mülheim hat Bürger zur Info-Veranstaltung zum Bürgerentscheid über den Erhalt der VHS eingeladen. Die Emotionen kochten hoch.

Es dauerte keine 15 Minuten, bis die Stimmung kippte, bis die ersten Zwischenrufe aus dem Publikum laut wurden. Bei der Informationsveranstaltung der Stadt am Dienstagabend zum Bürgerentscheid am 6. Oktober, bei dem über die Zukunft der VHS abgestimmt wird, kochten die Emotionen hoch – nicht nur von Seiten der Bürgerinitiative für den Erhalt der VHS in der Müga.

Es waren die Gutachter der Assmann-Gruppe gekommen, der Oberbürgermeister, der Kämmerer, der Schuldezernent, um sich den Fragen der rund 200 Bürger zu stellen, um Unklarheiten aus dem Gutachten zu beseitigen.

Frage des Abends: Mit wie viel Geld kann die VHS wieder in Betrieb gehen?

Eine Frage, die von Beginn an im Raum stand und deren Beantwortung den Abschluss der zweieinhalbstündigen Veranstaltung bilden sollte, war: Warum kostet die Beseitigung der Brandschutzmängel zwei Millionen Euro, die gesamten Baukosten im Gutachten aber liegen bei 15,7 Millionen Euro? Und: Wie viel Geld müsste die Stadt in die Hand nehmen, damit die VHS wieder in Betrieb genommen werden könnte – um dann peu á peu weiter zu sanieren?

Kämmerer Frank Mendack war Zielscheibe zahlreicher Vorwürfe und Anfeindungen der Bürger.
Kämmerer Frank Mendack war Zielscheibe zahlreicher Vorwürfe und Anfeindungen der Bürger. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Zunächst legte Gutachter und Architekt Frank Kaldewei noch einmal die Fakten dar: 15,73 Millionen Euro ist die Summe der Gesamtmaßnahmen inklusive Mehrwertsteuer. Hinzu kommen drei Zulagen, die mit eingerechnet werden: Mögliche Baukostensteigerung bis Ende der Bauzeit (3,62 Millionen Euro), Risikorückstellung (3,1 Millionen Euro) sowie Eigenleistungen der Stadt (1,57 Millionen Euro) – ergibt eine Summe von 24 Millionen Euro. Die 30 Millionen Euro, die auf 30 Jahre gerechnet für die Sanierung der VHS an der Bergstraße insgesamt kalkuliert wurden, ergeben sich noch aus den Betriebskosten, die über den Zeitraum anfallen.

Mülheimer VHS hat mit 40 Jahren „ein stolzes Alter“ erreicht

„Ihnen gefallen diese Zahlen nicht“, sagte Kämmerer Frank Mendack, „mir gefallen sie auch nicht“ – eine Aussage, für die er höhnische Rufe aus dem Publikum erntete. „Meinen Sie, wir schließen die VHS gerne?“ Viele Bürger scheinen dieser Meinung zu sein, glauben, die VHS sei „kaputtgespart“ worden.

„Sind Versäumnisse entstanden?“, fragte ein Bürger. Kaldewei könne dies „nur begrenzt beurteilen“. „Ihr Gebäude hat mit 40 Jahren schon ein relativ stolzes Alter erreicht.“ Die Bausubstanz sei „in Ordnung“.

Veranstaltung in der sanierungsbedürftigen Gesamtschule Saarn

Die Stadt hatte die Veranstaltung in der höchstsanierungsbedürftigen Gesamtschule Saarn stattfinden lassen und so waren es die Emotionen der Lehrer und Schüler aus Saarn, die ebenfalls kochten. Denn, so betonen es Kämmerer Mendack und Schuldezernent Marc Buchholz immer wieder: Wenn nach dem Bürgerentscheid die VHS saniert werden soll, müssen andere Maßnahmen verschoben werden. Lediglich 15 Millionen Euro kann die Stadt aufgrund ihrer Nettonullverschuldungslinie jährlich in Bildung investieren.

VHS-Besucher beklagen Zustand an der Aktienstraße

Einige Bürger machten ihrem Unmut über den Zustand der VHS an der Aktienstraße Luft. Die Geräuschkulisse sei enorm, man könne die Fenster nicht öffnen – und das, obwohl oft ein fieser Geruch in den Räumen herrsche. „Es ist eine Schande für Mülheim, in diesem Gebäude die VHS unterzubringen“, sagte einer der Bürger.

Eine Dozentin berichtete, ihren Kurs abgebrochen zu haben, weil die Schüler nicht an der Aktienstraße unterrichtet werden wollten.

„Ist die VHS an der Aktienstraße ihr Geld wert?“, lautete eine der Fragen, die nicht beantwortet werden konnten. Allerdings, das hatte Marc Buchholz bereits bei der Präsentation des Gutachtens Ende Juni gesagt, ist die Stadt von der Funktionalität überzeugt: „Das Gebäude an der Aktienstraße ist ein Funktionsgebäude, das es der VHS ermöglicht, Kurse anzubieten.“

„Ich bin vor drei Jahren an diese Schule gekommen“, sagte der stellvertretende Schulleiter Michael Rölver, „und ich war entsetzt, dass eine Stadt eine Schule so vernachlässigen kann“. Die Schüler kämen in eine Schule, die menschenunwürdig sei, „ein lehrplanmäßiger Unterricht ist hier nicht möglich“. Die Politik spiele die Parteien gegeneinander aus, lauteten die Zwischenrufe: VHS-Befürworter, Lehrer, Schüler würden gegeneinander aufgebracht. Eine Lehrerin, seit 24 Jahren an der Gesamtschule beschäftigt, sagte: „In all der Zeit ist nichts passiert. Und jetzt konkurrieren wir mit der VHS um die Gelder.“

Gutachter rät von Teilsanierung dringend ab

Um das zu vermeiden, um sowohl in das eine als auch in der andere investieren zu können, kam immer wieder die Frage nach dem Brandschutz, nach der möglichen Wiederinbetriebnahme ohne immense Sanierungskosten. Und Architekt Kaldewei musste zugeben: Die Summe, die dafür nötig wäre, könne er nicht nennen, „weil das nicht Teil meines Untersuchungsauftrags war“. Aber er betonte: „Ich rate Ihnen dringend davon ab, in mehreren Schritten zu sanieren. Das ist wirtschaftlich nicht sinnvoll.“

Die Schließung der Mülheimer Volkshochschule