Gladbeck. Ob beim Friseur, im Tiefbau oder in der Pflege: In vielen Branchen fehlt Personal. Firmen in Gladbeck wollen gezielt mit jungen Menschen reden.

Der Fachkräftemangel beschäftigt aktuell nahezu alle Branchen; Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden, ist für viele Unternehmen eine echte Herausforderung geworden. Der Mangel bringt die Firmen zunehmend unter Druck. Auch beim Verein zur Förderung der Gladbecker Wirtschaft (VGW) ist das Thema „sehr, sehr akut“, wie Geschäftsführerin Elisabeth Kolberg sagt. „Jedes Unternehmen kennt das Problem.“ Daher möchte der VGW nun mit jungen Menschen direkt ins Gespräch kommen.

Für die nächste Mitgliederversammlung am 15. April im Heisenberg-Gymnasium plant der Verein eine Podiumsdiskussion mit Jugendlichen, darunter Schülerinnen und Schülern. „Wir möchten von den jungen Menschen erfahren, was deren Erwartungen sind, um dafür das Bewusstsein bei den Arbeitgebern zu stärken.“

Auch der demografische Wandel ist ein Problem für viele Betriebe

Denn, so die Hoffnung, wenn es gelingt, Auszubildende in die Betriebe zu bekommen, erhöhe das die Chancen, dass diese hinterher zu Fachkräften werden. „So können die Leute aufgebaut werden, und sie haben direkt eine Bindung an den Betrieb“, sagt die VGW-Geschäftsführerin.

Elisabeth Kolberg ist Geschäftsführerin des Vereins zur Förderung der Gladbecker Wirtschaft (VGW) und weiß: Der Fachkräftemangel ist in allen Unternehmen ein Problem.
Elisabeth Kolberg ist Geschäftsführerin des Vereins zur Förderung der Gladbecker Wirtschaft (VGW) und weiß: Der Fachkräftemangel ist in allen Unternehmen ein Problem. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Sie weiß, dass es bereits einige Unternehmen gebe, die „große Pakete schnüren“, um Personal zu finden. Dazu gehören etwa zusätzliche Urlaubstage, eine höhere Bezahlung oder ein Dienstwagen.

Der VGW zählt knapp 90 Mitglieder, die rund 6000 Arbeitsplätze in der Stadt repräsentieren. Bei jeder Vorstandssitzung sei der Fachkräftemangel zuletzt Thema gewesen. Es sei generell schwierig, Fachkräfte zu gewinnen. Hinzu komme der demografische Wandel. Kolberg: „Das, was nachkommt, ist weniger als das, was in Rente geht. Das passt vom Verhältnis nicht mehr.“

Familienbetrieb aus Gladbeck setzte wegen schlechter Bewerbungen ein Jahr mit der Ausbildung aus

Ein Ansatz könne da sein, junge Menschen in die Betriebe zu holen. Aber: „Die Jugendlichen ticken heute anders. Ich erlebe häufig, dass sie nicht mehr so belastbar sind. Und wenn es ihnen zu viel wird, kommen sie einfach nicht wieder“, berichtet Elisabeth Kolberg. Es sei mitunter schwierig, junge Menschen dauerhaft zu motivieren.

Diese Probleme kennt auch Carolina Volk, Geschäftsführerin des Familienbetriebs Völker Tiefbau. Es gebe enorme Probleme, Lehrstellen zu besetzen. Im vergangenen Jahr seien die Kandidaten so schlecht gewesen, dass sie keine einzige Ausbildungsstelle neu besetzt habe. Auch wenn sie für den neuen Ausbildungsstart im August schon zwei aussichtsreiche Kandidaten hat, das Problem bleibt: Immer wieder stellt sie bei Einstellungstests fest, dass selbst simple Rechenaufgaben oftmals nicht zu lösen seien. „Die Schulbildung wird immer schlechter, gleichzeitig sind die Anforderungen der IHK bei den Prüfungen hoch.“

Viele Jugendliche schaffen es nicht einmal durch die Probezeit

Das Unternehmen aber ist auf die Auszubildenden angewiesen. Denn in den kommenden fünf bis zehn Jahren werden einige Mitarbeiter in Rente gehen und Fachkräfte gewinnt Völker Tiefbau am liebsten über den Nachwuchsaufbau. „Wir waren lange in der positiven Situation, dass die Menschen aufgrund einer langen Betriebszugehörigkeit bis zur Rente gerne bei uns gearbeitet haben“, so Volk. Wie die Lage aber in ein paar Jahren sei, wenn guter Nachwuchs ausbleibt, sei ungewiss.

Viele der Auszubildenden schafften es noch nicht einmal durch die Probezeit, so ihre Erfahrung. Denn oft kämen sie nicht pünktlich oder meldeten sich bei Krankheit nicht ab. Und: „Wir bekommen zudem deutlich weniger Bewerbungen als noch vor ein paar Jahren.“

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