Gladbeck. Mittlerweile ist die fast 17-jährige Hündin Mathilda in „Rente“. Ihr Leben verbrachte sie damit, Menschen bei der Therapie zu helfen.
- Golden Retriever-Hündin Mathilda war fast ihr ganzes Leben als Therapiehündin an der Seite von Sprachtherapeutin Deborah Perry.
- Mit ihren fast 17 Jahren ist sie mittlerweile in „Rente“.
- Perry berichtet von dem Leben der außergewöhnlichen Hündin.
Seelenruhig und mit einem Blick, der zum Dahinschmelzen ist, liegt die Golden Retriever-Hündin Mathilda in ihrem Körbchen. Sie wartet darauf, dass jemand kommt, um sie zu streicheln oder um ihr ein Leckerli zu geben. Denn aus eigener Kraft schafft es die 16 Jahre und 9 Monate alte Hundedame kaum noch aufzustehen. Mit ihren fast 17 Jahren ist sie bereits im „Rentenalter für Hunde“.
Und das könnte man wörtlich verstehen. Denn sie war fast ihr ganzes Leben lang Therapiehündin in der Gladbecker Novotergum-Praxis für Logopädie, Ergotherapie und Physiotherapie. Vor etwa drei Jahren ist Mathilda in „Rente“ gegangen, wie ihre Besitzerin und Sprachtherapeutin Deborah Perry erzählt.
Golden Retriever: Aus dem verspielten Welpen wurde Therapiehündin mit „reiner Seele“
Das erste Mal kam sie mit in die Praxis als sie noch ein kleiner Welpe war, erinnert sich Perry. Ihre bereits verstorbene ältere Halbschwester Nelly war damals bereits als Therapiehündin Teil des Teams. Gemeinsam begleiteten und unterstützten die beiden Hundedamen zahlreiche Menschen während ihrer Therapie. So haben sie mit Perry Demenz-Gruppen bei der Awo begleitet, waren auf Hausbesuchen und haben sogar sterbende Menschen auf ihrer letzten Reise unterstützt. „Wir haben Mathilda auf das Bett der sterbenden Person gesetzt, damit sie noch ein letztes Mal das Gefühl von Wärme bekommt“, sagt Perry.
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Dass aus Mathilda eine so tolle Therapiehündin wird, hätte sie anfangs nicht gedacht. „Als Welpe war sie immer für Blödsinn zu haben“, sagt die Therapeutin lachend. Bei einem Besuch einer Demenz-Gruppe sei sie einmal in das Zimmer eines Bewohners verschwunden. Als sie zurückkam, habe sie dessen Gebiss gestohlen und trug es munter in ihrem im Maul mit sich, erinnert sich Perry mit einem Schmunzeln. Jetzt habe sie eine „reine Seele“.
Kontakt zur Hündin hilft bei Therapie: „Hunde urteilen nicht“
Als Therapiehündin bereitete sie den Patientinnen und Patienten der Novotergum-Praxis viel Freude. Die 33-jährige Mandy kommt seit einigen Jahren zur Sprachtherapie in die Praxis und kennt Mathilda schon als Welpen. „Mandy ist mit Mathilda gewachsen“, sagt Perry. Der Kontakt zur Hündin helfe ihr bei der Therapie. Da wird Mathilda zum Beginn einer Sitzung erstmal ordentlich mit Streicheleinheiten und Leckerlies verwöhnt.
In der Sprachtherapie sei es für viele oftmals einfacher, mit Hunden als mit Menschen zu sprechen. Denn es koste weniger Überwindung. „Hunde urteilen nicht, sie mobben nicht. Hunde finden alle Menschen toll“, erklärt Perry. Daher sei Mathilda für Patienten eine Art Eisbrecher.
Das macht Therapiehündin während ihrer „Rente“
Damit die Therapien aber für die Hündin selbst nicht zur Reizüberflutung werden, achtet Perry ganz genau auf die Signale, die sie ihr sendet. „Wir haben einen Schutzauftrag gegenüber der Hunde“, sagt sie. In der Therapiehund-Ausbildung werde daher in erster Linie der Mensch unterrichtet, ein Team mit dem Hund zu werden. Mit dem, was das Tier anbietet, könne dann gearbeitet werden.
Auch wenn Mathildas Zeiten als Therapiehündin inzwischen zurückliegen, ist sie immer noch in der Praxis an der Friedrichstraße 14 anzutreffen. Meistens liegt sie auf dem Teppich vor der Eingangtür und begrüßt die Patienten. „Sie ist sozusagen unsere zweite Empfangsdame“, sagt Lena Derksen, die als Team-Assistenz im Sekretariat arbeitet. Seit der „Hunderente“ kümmert sie sich um Mathilda, wenn ihre Besitzerin auf Hausbesuchen ist.
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Da die Golden Retriever-Hündin bereits ein hohes Alter erreicht hat, ist sie auf die Hilfen von Derksen und ihrer Besitzerin Perry angewiesen. Die Hündin leidet seit etwa einem Jahr unter Demenz. „Manchmal ist sie verwirrt oder hat vergessen, dass die bereits gefressen hat“, erklärt Perry. In diesem Jahr hat sie außerdem einen Kreuzband- und Meniskusriss bekommen.
Hündin Mathilda leidet unter Demenz
„Da wollten wir sie erst gehen lassen. Aber sie hat uns ganz klar signalisiert, dass sie noch nicht gehen möchte.“ Das habe auch der Tierarzt festgestellt. Also hat Mathilda eine Bandage bekommen, mit der sie es tatsächlich schaffte, wieder laufen zu können. Seitdem – so vermutet es ihre Besitzerin – sei die Hündin etwas dementer geworden.
Im März wird Mathilda 17 Jahre alt – ein hohes Alter für einen Hund. Wenn Deborah Perry auf das Leben der Hündin zurückblickt ist sie sich sicher, dass sie als Therapiehündin glücklich war. Jetzt ist Perry dankbar für jeden Tag, an dem Mathilda noch an ihrer Seite ist und den Patienten der Praxis durch ihre bloße Anwesenheit Freude bereitet. Und das zeigt sie ihr auch: „Ich sage ihr jeden Abend Danke für alles.“