Gladbeck. Mit dem Frühling startet auch die Fahrrad-Saison. Der Boom während der Pandemie ist passé. Gladbecker Händler kennen aktuelle Trends.

Wenn der Frühling naht, steigen bei höheren Temperaturen viele Menschen in Gladbeck wieder um vom Auto aufs Fahrrad. Dann starten für die Händler in der Branche die verkaufsstarken Monate. Die Fachleute wissen, was bei der Kundschaft begehrt ist.

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Durch Leasing-Angebote über den Arbeitgeber und eine sich stetig entwickelnde Motorisierung werden Elektrofahrräder auch für sportlich weniger Interessierte zu einer echten Alternative, um durch dichten Stadtverkehr zu kommen. Für das Ehepaar Happe, Eigentümer von Zweirad Happe, gehe die Hauptverkaufssaison mittlerweile von März bis Oktober. „Durch die milden Herbste fahren unsere Kunden länger mit dem Fahrrad. Lediglich im Winter verschwinden die meisten Räder im Keller“, so Kathrin Happe. Sie fügt hinzu: „Da wir neben dem Verkauf auch die Wartung und Reparatur übernehmen, haben wir die meiste Zeit gut zu tun.“

E-Bike preislich auf Niveau eines Gebrauchtwagens

In ihrem Fahrradhandel fänden Kunden neben Stadträdern auch Trackingbikes, also Hybride, die für Stadt- und Überlandfahrten geeignet sind. Außerdem seien Kinderfahrräder, Mountainbikes und sogar auf Nachfrage Lastenräder Teil des Sortiments. „Die Elektrofahrräder machen momentan 80 Prozent der Verkäufe aus. Praktisch jedes Modell hat auch eine motorisierte Variante. Sogar Kinderräder ab 24-Zoll-Reifen gibt es als E-Bike“, sagt Happe.

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Die Preise für Elektrofahrräder seien inflationsbedingt geklettert. Aber auch die technische Entwicklung und gestiegene Produktqualität trügen ihren Anteil bei. Happe: „Der Preissockel für E-Bikes liegt bei 1500 Euro. Ein gutes Modell kostet zwischen 4000 und 5000 Euro. Nach oben hin sind je nach Ausstattung genau wie bei Autos keine Grenzen gesetzt.“ Hinzu kommen Haltungskosten wie Versicherungen oder eine jährliche Inspektion, die zum Beispiel von Arbeitgebern in Leasingverträgen vorausgesetzt werde.

Die meisten verkauften Fahrradmodelle besitzen einen Elektromotor.
Die meisten verkauften Fahrradmodelle besitzen einen Elektromotor. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Fahrradverkäufe sind auf den Wert von 2019 zurückgefallen“

Der Hochbetrieb aus den Jahren 2020, 2021 und 2022 sei allerdings verebbt. Kathrin Happe berichtet: „Zu Pandemiezeiten, als kaum jemand in den Urlaub gefahren ist, legten sich viele Kunden neue Fahrräder zu, um zumindest ein bisschen rumzukommen. Das Urlaubsgeld wurde in ein neues E-Bike investiert.“ Nun seien die Verkaufszahlen etwas eingebrochen und auf ein früheres Niveau zurückgefallen.

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Die rückläufigen Verkaufszahlen seien für viele Geschäftsleute in der Branche ein großes Problem. „Da Händler die Räder oft ein Jahr im Voraus ordern, haben sich einige für dieses Jahr kräftig verkalkuliert. Wer mit hohen oder sogar steigenden Verkaufszahlen rechnete, steht jetzt vor Lagern voll mit teuren Fahrrädern, die nicht gekauft werden, aber bezahlt werden müssen“, so Happe.

Als Einzelhandel seien sie gegenüber den großen Ketten und dem Onlinevertrieb im Nachteil. „Bei der Order einer geringen Stückzahl sind die Lieferkosten pro Rad sehr hoch. Deshalb sind wir Teil einer Einkaufsgemeinschaft aus 700 bis 800 Händlern, die zusammen von Firmen aus der ganzen Welt bestellen und so die Lieferkosten deutlich senken können“, erläutert Happe.

Pflege und Reparatur sind aufstrebende Geschäftsfelder

Der Inhaber des Fahrradfachgeschäftes „Zweirad-Center Kleine-Gung“, Markus Mischke, verkauft keine Fahrräder mehr. Stattdessen hat er sich vollkommen auf die Reparatur und Wartung der Elektroräder spezialisiert, die in seinem Geschäft mittlerweile einen Anteil von deutlich mehr als 50 Prozent ausmachen. Denn der Inspektions- und Wartungsaufwand sei im Vergleich zu nicht motorisierten „Biorädern“ deutlich höher.

Markus Mischke, Inhaber des Fachgeschäftes „Zweirad-Center Kleine-Gung“ in Gladbeck, ist auf die Wartung und Reparatur von E-Bikes spezialisiert.
Markus Mischke, Inhaber des Fachgeschäftes „Zweirad-Center Kleine-Gung“ in Gladbeck, ist auf die Wartung und Reparatur von E-Bikes spezialisiert. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Da jedes E-Bike aus zwei Komponenten, dem eigentlichen Fahrrad und dem Elektromotor, besteht, die immer von unterschiedlichen Anbietern produziert werden, muss Mischke ein breites Portfolio abdecken. „Jeder Motoren- oder Fahrradhersteller hat seine eigenen Ersatzteile und Software. Den Großteil der Arbeit machen Softwareupdates aus, durch die das E-Bike neue Features erhalten oder die Motorenleistung verbessert werden soll“, so Mischke.

Leasingangebote lassen die Branche wachsen

Der Fachmann ist von der Leasingmethode bei E-Bikes überzeugt: „Viele Arbeitgeber bieten ihrer Belegschaft Elektrofahrräder als Dienstfahrzeug an. Denn als Alternative zum Auto haben sich E-Bikes fest etabliert.“ So werde der Markt der Elektroräder auch für Kunden attraktiv, die nicht auf einen Schlag 4000 oder 5000 Euro auf den Tisch legen können.

Es gibt mit dem Fahrrad weder Staus noch ein Parkplatzproblem
Markus Mischke - Inhaber des Fahrradfachgeschäftes „Zweirad-Center Kleine-Gung“ in Gladbeck

Zunächst gehörten die Pedelecs, Fachbegriff für durch pedalgesteuerte Motoren angetriebene Räder, den Firmen. „In der Regel verleihen sie das Fahrrad an den Arbeitnehmer gegen einen kleinen Teil des Lohns. Nach einigen Jahren können die Mitarbeiter das Elektrofahrrad dann für etwa 70 oder 80 Prozent des Originalpreises ganz kaufen“, weiß Mischke. Die Vereinbarungen und Leasingangebote seien je nach Arbeitgeber unterschiedlich.

„Jeder sollte dem Fahrrad mal eine Chance geben“

Bei einem Arbeitsweg von 15 bis 20 Kilometern biete das Pedelec gegenüber dem Auto viele Vorteile. „Es gibt mit dem Fahrrad weder Staus noch ein Parkplatzproblem. Je nach Modell kann man mühelos 25 Stundenkilometer fahren“, so Mischke. Mit führerscheinpflichtigen S-Pedelecs, die eine Straßenzulassung benötigen und eine Helmpflicht beinhalten, sei auch eine Geschwindigkeit von 45 Stundenkilometern möglich. Moderne Akkus hätten außerdem eine Reichweite von 100 bis 180 Kilometern.

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Ursprünglich in den 80ern entwickelt, um körperlich beeinträchtigten Menschen das Fahrrad fahren zu ermöglichen, seien die motorisierten Räder heutzutage voll im Mainstream angekommen. „Ein Auto zu besitzen und zu unterhalten; ist sehr teuer geworden. Die hohen Spritpreise und Gebühren auf den überfüllten Parkplätzen gelten aber eben nicht für das Fahrrad“, argumentiert Mischke.

Hinzu komme, dass das Ruhrgebiet vergleichsweise gut für Drahtesel-Fans ausgebaut sei. Auf den Radwegen durch Wiesen und Wälder entdecke selbst ein Stadt-Urgestein noch neue und schöne Ecken. Die sportliche Betätigung und die frische Luft halten Radler im Alltag zusätzlich fit.