Gladbeck. In Gladbeck haben Fahrrad-Fachbetriebe alle Hände voll zu tun. In Zeiten des Coronavirus’ packt viele Menschen die Lust zu radeln.

Die Corona-Pandemie hat ein Phänomen ordentlich in Fahrt gebracht: Viele Menschen besinnen sich ihres Fahrrads oder schaffen sich einen Drahtesel neu an. Der Fachhandel stellt fest: In Zeiten, in denen so viele Freizeitbeschäftigungen – unter Auflagen – gestoppt sind, wird das Radeln zum weit verbreiteten Vergnügen.

Gladbeck: Was bleibt denn außer Laufen, wenn sportliche Aktivitäten gestrichen sind? Radeln!

Für Markus Mischke, Inhaber des Zweirad-Centers Kleine-Gung, liegt der zentrale Beweggrund auf der Hand: Was hätten die Menschen denn sonst anderes in ihrer Freizeit außer Laufen tun können, um mal vor die Tür an die frische Luft zu dürfen? Wo doch sämtliche Vereinsangebote und Kurse aufgrund der Corona-Schutzvorgaben flach fielen. Fußball- und Tennisplätze sowie andere Sportanlagen die rote Karte bekamen, Schwimmbäder dicht gemacht werden mussten. Da habe sich doch so manch’ einer an sein altes Schätzchen erinnert, das in der hintersten Ecke der Garage dauergeparkt war. „Man merkt verstärkt, dass die Leute ein Fahrrad aus dem Keller geholt haben, das zehn Jahre kein Licht mehr gesehen hat“, sagt Mischke.

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Doch diese Stahlrösser, manche hätten Jahrzehnte auf der Kette, seien doch meistens trotz ihres Alters „zu 99 Prozent fahrbereit“. Poröse Reifen, hier und da ein bisschen Rost oder andere Macken – nichts, was sich nicht beheben ließe.

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Mischke, seit 35 Jahren im Geschäft, lässt höchstens drei Kunden gleichzeitig in seinen Laden an der Sandstraße. Allein mit einer Aushilfe geht er zu Werke, um die Drahtesel wieder in Schwung zu bekommen. Wenn alles rund läuft innerhalb von 24 Stunden, so der Zweiradmechanikermeister. „Müssen wir allerdings auf die Lieferung eines Schlauchs oder auf ein Ersatzteil warten“, könne es etwas länger dauern. Doch in maximal zwei bis drei Tagen haben die Kunden meistens ihr flottgemachtes Velo zurück.

Ein Familienausflug auf dem Sattel, ziellos durch die Gegend radeln, dabei die Natur genießen – das sei doch im Laufe der Zeit etwas aus der Mode gekommen, bedauert Mischke, Jahrgang 1968. Der Experte hat beobachtet: Die Ausnahme-Situation aufgrund des Coronavirus’ ließ das (fast vergessene) Freizeitvergnügen wieder Fahrt aufnehmen: Wer der Radel-Lust frönt, kann gemeinsam mit anderen etwas unternehmen, ohne sich zu nahe zu kommen.

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Absteigende Tendenz?

Wenn wieder andere sportliche Betätigungen, die zwangsweise im Zuge der Coronavirus-Auflagen aus dem Rennen genommen wurden, an den Start gehen, könnte die Radel-Lust abnehmen. Damit rechnet jedenfalls Fachmann Markus Mischke.

Geöffnete Fitness-Studios und weitere Angebote seien eine Alternative zum Fahrradfahren und Laufen. Ein Run auf Drahtesel mache sich ohnehin „ein bisschen regional unterschiedlich“ stark bemerkbar.

Kollege Jörg Lindemann bemerkt ebenfalls: „Viele haben noch ein Fahrrad im Keller, das sie uns zum Restaurieren bringen.“ Doch häufig gingen die Wünsche und Aufträge über eine Reparatur hinaus. „Die Kunden wollen ihre Fahrräder zu Elektrorädern umgerüstet haben“, berichtet der Fachmann vom Radsportservice Lindemann. Das sei günstiger, als sich ein nagelneues Gefährt anzuschaffen. Lindemann sagt: „90 Prozent kaufen ein Elektrofahrrad oder lassen es umbauen.“

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„Alle Hände voll zu tun“ hat der Familienbetrieb der Happes. Allerdings bremsen auch die wirtschaftlichen Umstände in Corona-Zeiten die Arbeit bisweilen. Katrin Happe: „Beim Material gibt es manchmal Lieferschwierigkeiten, denn ohne Asien läuft auch in diesem Bereich nichts.“ Deswegen stünden manche Bikes in der Warteschleife. „Für Räder aus den 70er, 80er Jahren gibt es gar keine Ersatzteile mehr“, so die Expertin.

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Geduld sollten auch Pedalritter aufbringen, die ein bestimmtes Modell kaufen möchten. „Da muss man vier, acht, zwölf Wochen warten“, so Katrin Happe. Manches sei sogar ausverkauft. Doch wenn Reparaturarbeiten und Neuanschaffungen das Ziel erreicht haben, dann können die Gladbecker nach Herzenslust ins Rollen kommen. Katrin Happe: „Der Frühlingsurlaub ist geplatzt, auch die Sommerferien sind in der Schwebe. Da unternehmen die Menschen eben mehr Radtouren.“