Gladbeck. Fachleute der Stadtverwaltung registrieren einen Aufschwung des Fahrradverkehrs. Daraus resultieren Anreize, neue Ideen auszuprobieren

Eine Zählstelle für Radler existiert in Gladbeck zwar nicht, aber Karsten Fuchte und Paula Stegert, Fachleute in der Stadtverwaltung, erkennen es mit bloßem Auge: Während der Coronavirus-Pandemie haben viele Menschen den Drahtesel für sich (wieder) entdeckt. Die Krise eröffnet aus Experten-Sicht für den Fahrradverkehr die Chance, neue Wege einzuschlagen.

"Auch wenn wir keine objektiven Zählstände haben, lässt sich sagen, dass Radfahrer in der Corona-Krise gut unterwegs sind", stellt Fuchte, Leiter des städtischen Amtes für Stadtplanung und Bauaufsicht, fest. Eines sei augenfällig: Gerade in dieser Zeit komme dem Freizeitnetz eine hohe Bedeutung zu. Besonders Parkanlagen und das Gebiet um die Mottbruchhalde seien stark frequentiert.

Gladbecker erwarten eine nachhaltige Stärkung des Fahrradverkehrs

Fuchte berichtet: "Bei der Fahrrad-Waschstraße im vergangenen Oktober haben wir knapp 100 Besucher nach ihrer Erwartung befragt: Wird der Radverkehr durch Corona nachhaltig gestärkt?" 80 Prozent antworteten laut Fachmann mit "ja". Kein repräsentatives Ergebnis, doch ein Schlaglicht.

Paula Stegert, Radverkehrsexpertin in der Stadtverwaltung Gladbeck, hat beobachtet: "Auf klassischen Pendlerwegen trifft man immer häufiger Radler. Auf Freizeitwegen wird es insbesondere an Wochenenden voll, zum Beispiel in Richtung Kirchhellen." Sie "würde die Pandemie als Chance sehen", Verbesserungen für Drahtesel-Nutzer zu erreichen. Ihre Devise: Je komfortabler die Fahrradwege, desto attraktiver für die Menschen die Option, vom Auto aufs Velo umzusteigen. Darin stimmt sie mit Vera Bücker vom ADFC überein.

Temporäre Spielstraßen könnten eine Option sein

Und wie diese sehen Fuchte und Stegert Pop-up-Radwege im Aufschwung. Wobei es keineswegs genüge, einfach auf vierspurigen Straßen Fahrbahnen, die bislang dem motorisierten Verkehr zu Verfügung standen, durch Gegenstände wie Blumenkübel abzutrennen. "Das ist ein spannendes Projekt, das nicht neu ist, aber nun hochgeht", so Fuchte. Allerdings: "Es ist ganz komplex und nicht so einfach umzusetzen." Sicher, die Situation auf der Wilhelmstraße, die als Möglichkeit für Pop-up-Wege im Gespräch ist, ließe sich aus Radlersicht bestimmt verbessern. Aber der "ständige Wechsel von Geradeaus- und Abbiegespuren" bremst nach Fuchtes Ausführungen die Umsetzung. "Da kann man nicht einfach eine Fahrbahn sperren." Ähnlich kompliziert stelle sich die Lage an der Sand- bzw. Schützenstraße dar.

Erstes Treffen des Workshops zur Umgestaltung der Burschen Straße musste verschoben werden

Fuchte: "Vielleicht wäre ein Pop-up-Weg auf einem Teilstück der Buerschen Straße, ab Buer bis Kreuzung Erlenstraße, das bislang noch nicht umgebaut ist, möglich." Apropos Buersche Straße, an deren Gegebenheiten Vera Bücker im Namen der Radler Kritik übt: Das Thema sei vorgezogen worden, so Fuchte. Er berichtet: "Die Verwaltung hat von der Politik den Auftrag bekommen, einen Workshop zu organisieren, um zu einer hochwertigen Lösung zu gelangen. Wir wollten uns im Januar treffen." Aufgrund des neuerlichen Lockdowns musste dieser Termin jedoch verschoben werden.

+++ Damit Sie keine Nachrichten aus Gladbeck verpassen: Abonnieren Sie unseren WAZ-Newsletter. +++

Fahrt aufnehmen könnten "im Zuge von Corona temporäre Spielstraßen", meint Stegert. Darunter ist die zeitweise Sperrung von Straßen für den motorisierten Verkehr zu verstehen. Die Initiative ergreifen in der Regel nachbarschaftliche Gruppen, die einen entsprechenden Antrag stellen. Die Expertin räumt ein: "Das ist juristisch nicht ganz einfach." Ob dieses Projekt auf Resonanz in Gladbeck stößt? Das sei interessant zu erfahren, meint die Expertin.

Auf der Agenda stehen die Realisierung von Fahrradstraßen und die Optimierung von Kreuzungen

Maßnahmen wie der Umbau der Wiesmannstraße, der "recht zeitnah" an den Start gehen soll, Realisierung von Fahrradstraßen (ein Konzept soll im Frühjahr vorgestellt werden), Optimierung von Kreuzungen - beispielsweise an der Möller-/Schützenstraße -und nicht zuletzt der geplante Radschnellweg Mittleres Ruhrgebiet könnten nach Fuchtes Einschätzung das Interesse am Radeln weiter auf Touren bringen. In seinem Amt stehen zwei Diensträder - ein E-bike und ein Fahrrad - parat. Fuchte: "Es macht Spaß, zu den Terminen zu radeln."

Lesen Sie mehr aus Gladbeck hier.

Weitere Informationen zum Thema: https://www.waz.de/staedte/gladbeck/gladbecks-fahrradverkehr-koennte-aus-der-krise-profitieren-id231275734.html