Die Stadt hatte zum Kita-Gipfel geladen. So äußern sich Kita-Träger zu den Ergebnissen. Warum es keine schnelle Lösung geben wird. Eine Analyse.
Rund 800 Kita-Plätze in Gladbeck fehlen. Umgerechnet ist es gut ein Jahrgang, der keinen Platz in der Betreuung erhalten hat. Das sorgt für viel Verdruss bei den betroffenen Familien. Schon zweimal hat die Stadt daher einen Kita-Gipfel organisiert, zuletzt in der vergangenen Woche. Dabei wurde gemeinsam mit den Trägern beraten und überlegt, wie kurzfristig Plätze geschaffen werden könnten.
Eine Idee: Plätze doppelt belegen. Damit würde quasi auch für die Kinder ein Schichtbetrieb eingeführt. Ein Kind belegt den Platz vormittags, ein anderes nachmittags. Doch was in der Theorie einfach klingt, hat seine Tücken, erläutern die Kita-Träger im Gespräch mit der Lokalredaktion. In den Gesprächen wird deutlich: Wenn auf diesem Weg überhaupt zusätzliche Plätze entstehen, dann nur wenige.
Bei Doppelbelegungen müssen sich Familien ergänzen
Es fange schon damit an, dass dieses Modell nur bei der 25-Stunden-Betreuung passt. Und dann müsse es eben Familien geben, die sich ergänzen, sagt Maike Stiel, Geschäftsführerin der Falken, die in Gladbeck eine Kita an der Uhlandstraße betreiben und im Laufe des Kita-Jahres auch den Betrieb der derzeit im Bau befindlichen Kita an der Breukerstraße in Brauck übernehmen. Man müsse in einem solchen Fall Paare bilden, sagt die Falken-Frau.
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Das Problem, was Tanja Krakau, Geschäftsführerin der evangelischen Kirche in Gladbeck, sieht: Dort buchten Eltern nur äußerst selten das 25-Stunden-Modell. In der Regel entschieden die Familien sich für 35- oder 45-Stunden-Betreuung. Entsprechend rar seien die Möglichkeiten, Doppelbelegungen zu realisieren. Sie sagt deshalb: „Ich sehe dieses Modell als nicht sehr praktikabel für unseren Träger.“ Gleichwohl spreche grundsätzlich, wenn es personell und rechtlich möglich ist, nichts dagegen.
In solchen Runden darf es keine Denkverbote geben
Junikum, seit einiger Zeit Träger der Kita Oase und bald auch der Arche Noah, winkt aus dem Grund auch sofort ab. Man biete überhaupt keine 25-Stunden-Betreuung an, sagt der pädagogische Leiter Markus Hansen. In den Junikum-Kitas sei das frisch zubereitete, gemeinsame Mittagessen Teil des Konzepts. Entsprechend müssen Familien in den Kitas mindestens eine 35-Stunden-Betreuung buchen.
Und auch der Kita-Zweckverband, Träger der katholischen Kitas in der Stadt, ist beim Thema „Platz-Sharing“ zurückhaltend. „Wir gehen da im Moment nicht mit“, sagt Barbara Wagner, die für Gladbeck zuständige Gebietsleitung beim Zweckverband. Nichtsdestotrotz sei es gut, in solchen Runden in alle Richtungen zu denken, sich keinen Denkverboten zu unterwerfen und alles zu prüfen.
Kita-Zweckverband hat in Bochum Erfahrung mit 24-Stunden-Kita gesammelt
Am Ende stehe aber auch die Frage, ob ein Bedarf da sei. Also gibt es wirklich Familien, denen mit einer Betreuung am Nachmittag geholfen ist? Barbara Wagner verweist auf Erfahrungen, die der Zweckverband in Bochum mit einer 24-Stunden-Kita gemacht habe. Das Angebot sei inzwischen wieder eingestellt worden, weil es nicht nachgefragt wurde. „Aber es war gut, es auszuprobieren“, sagt sie im Rückblick.
Maike Stiel stellt klar, dass es für solche Doppelbelegungen auch ein gutes pädagogisches Konzept brauche. Denn die Kinder, die dann nachmittags kämen, hatten das gleiche Anrecht auf eine Struktur wie diejenigen, die vormittags die Kita besuchen. Dort beginnt der Tag etwa mit der gemeinsamen Morgenrunde.
Zumal alle Träger händeringend Personal suchen. Darauf weist Tanja Krakau hin. Bei allen Überlegungen brauche man eben zusätzliches Personal. „Wir stoßen da an unsere Grenzen“, sagt sie für die evangelische Kirche deutlich. Ähnlich äußert sich Markus Hansen: „Bei allen Angeboten ist es die größte Herausforderung, die Fachkräfte zu finden.“ Deshalb ist ein Ergebnis des Gipfels auch der Appell ans Land und die Forderung nach einer Ausbildungsoffensive sowie einer Reform des Kibiz-Gesetzes, um die Finanzierung der Träger zu sichern.
Gerade letzteres sei aus Sicht der Träger wichtig, betont Tanja Krakau, denn: „Lücken in der Finanzierung fallen auf uns als Träger zurück. Viele kommen da an ihre Grenzen.“ Vor dem Hintergrund sei es wichtig, immer wieder gemeinsam auf das Problem hinzuweisen. „Man darf da nicht müde werden.“
Für Gladbeck halten die Träger weitere Brückenangebot für realistisch
Doch zurück nach Gladbeck, zu den Problemen vor Ort. Was kann helfen, sie zumindest etwas abzumildern? Einig sind sich die Träger, im Rahmen des Kibiz Überbelegungen zu prüfen. So können in Gruppen bis zu zwei zusätzliche Plätze eingerichtet werden. Das tue man sowieso laufend, sagt Maike Stiel.
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Auch die Schaffung zusätzlicher Brückenangebote halten die Gladbecker Träger für realistisch. Hier können Kinder betreut werden, die sonst womöglich in die Schule kämen, ohne zuvor eine Kita besucht zu haben. Auch Kinder, die besondere Probleme haben, finden hier einen Platz. Vorteil: Diese Gruppen brauchen nicht unbedingt Kita-Räume, sie können auch in anderen Räumen, etwa einer OGS stattfinden. Die evangelische Kirche etwa nutze für die schon bestehenden Angebote Jugendräume, die vormittags sonst leer stehen, erklärt Tanja Krakau.
Multiprofessionelle Teams könnten Personalnot etwas lindern
Auch die Einrichtung von Waldgruppen könnte in diesem Fall – Personal vorausgesetzt – helfen. Da die Kinder den ganzen Tag über draußen sind, seien keine großen Bauten nötig. Eine solche Waldgruppe betreibt der Zweckverband unter anderem bereits in einer Essener Kita.
Beim Zweckverband befasse man sich außerdem bereits mit dem Thema multiprofessionelle Teams. Heißt im Klartext, dass in einem Team eben nicht nur Erzieherinnen oder selten auch Erzieher arbeiten. So habe man beispielsweise auch Erfahrungen mit Tanzpädagogen gemacht, sagt Barbara Wagner mit Blick auf den Fachkräftemangel. Zudem bildet der Zweckverband auch aus. Seit einiger Zeit ist Erzieher auch ein dreijähriger Ausbildungsberuf. Die angehenden Kräfte müssen also nicht zuvor zwei Jahre eine Fachschule besuchen. Eine Zeit, in der sie dann auch nicht bezahlt werden.
Gegen den Kitaplatzmangel in Gladbeck hilft nur der Bau von Kitas
Zudem hat Barbara Wagner innerhalb des Zweckverbands die Erfahrung gemacht, dass es in Gladbeck noch etwas leichter sei, Personal zu finden. Mitarbeiterinnen, die selbst eine Familie gründeten, zögen nicht selten an den Rand des Ruhrgebiets, berichtet sie. Für die seien Stellen in Gladbeck oder auch Bottrop dann attraktiv.
Auch wenn als Ergebnis des Kita-Gipfels nun keine großen Sprünge bei den Plätzen zu erwarten sind, so betonen doch alle Träger die gute und enge Zusammenarbeit mit der Stadt. Das sei ein „Pfund“, sagt Barbara Wagner. Das gelte auch für das gute Miteinander der Träger untereinander. Das sei auch nicht in allen Städten so üblich, berichtet sie. Ähnlich äußert sich Tanja Krakaus. Das Engagement der Bürgermeisterin und des Sozialdezernenten „geht deutlich über das in anderen Städten hinaus.“
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Und trotzdem: Um das Problem der fehlenden Kita-Plätze in den Griff zu bekommen, hilft allein der verstärkte Ausbau der Kitas. Das hat die Stadt in Angriff genommen, einige Kitas sind im Bau, an anderen Stellen gibt es Pläne und Investoren, die bereitstehen. Doch da gilt natürlich umso mehr: All das kostet Zeit. Bis 2028 sollen so im gesamte Stadtgebiet schrittweise 781 Plätze geschaffen werden. Allerdings: Nur etwa 400 davon sind dann wirklich als neu anzusehen, mit 380 werden die Plätze kompensiert, die durch Schließung und Abriss alter Kindertagesstätten wegfallen, so zuletzt die Darstellung im Jugendhilfeausschuss.