Gladbeck. Angesichts desaströser Zahlen soll sich in der Gladbecker Kita-Landschaft einiges ändern. Welche Baumaßnahmen anstehen und was die Politik plant.

871 Kinder in Gladbeck haben keinen Betreuungsplatz in einer Kita, 54 wurden in diesem Jahr ganz ohne Kita-Besuch eingeschult. Das ist die traurige Ausgangslage, mit der sich der Jugendhilfeausschuss am Dienstag beschäftigen musste. Wie die Stadtverwaltung dieser verheerenden Lage Herr werden will, erklärte der Erste Beigeordnete Rainer Weichelt.

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Kurz gesagt: Bis 2028 sollen 835 neue Kita-Plätze in Gladbeck entstehen, 651 für Kinder über drei Jahren und 184 für Kinder unter drei Jahren. Dafür plant die Stadt zwölf Baumaßnahmen (siehe Grafik), eine neue, 13. Maßnahme wurde in der Sitzung des Ausschusses vorgestellt: In Zweckel soll eine Kita mit 55 Plätzen entstehen, angepeilt ist die Eröffnung 2025 oder 2026. Zum Grundstück wollte sich die Verwaltung noch nicht äußern. Würde die Lage des Grundstücks öffentlich, könnte womöglich der Preis steigen.

Fünf Gladbecker Kindergärten werden neu gebaut

Jene 835 Plätze sind aber keine „reale Zahl“. Fünf Kindergärten bekommen Ersatzbauten, die ursprünglichen Gebäude werden also stillgelegt, die Kinder ziehen in die neuen Gebäude. Konkret betrifft das den Lukaskindergarten in Butendorf, den Kindergarten St. Martin in Rentfort-Nord, den Kindergarten Christus-König in Schultendorf, den Kindergarten Herz Jesu in Zweckel und den Kindergarten St. Johannes in Gladbeck Ost (Mitte II).

Übrig bleiben 399 tatsächlich neue Plätze, 262 für Ü3-Kinder und 137 für U3-Kinder. Funktioniert alles wie geplant – und behält die aktuelle Prognose zur Bevölkerungsentwicklung recht – würden in Gladbeck im Jahr 2026 dann lediglich 10 Plätze (Ü3) und 91 Plätze (U3) fehlen. Verwaltung und Ausschussmitglieder jedenfalls waren sich einig, dass man gegen den Bedarf der vergangenen Jahre „nicht anbauen konnte“ – und dass man gerade finanziell viel investiert habe, um den Bedarf zu decken.

Ratsherren: Sorge um „soziale Verkümmerung“ bei Kindern ohne Kita-Platz

In der anschließenden Diskussion sorgten sich die Ratsherren Norbert Dyhringer (SPD) und Michael Wichert (CDU) besonders um jene Kinder, denen im kommenden Jahr die Einschulung droht, ohne jemals eine Kita besucht zu haben. Wichert, selber Erzieher, sprach von der „sozialen Verkümmerung“ während der Corona-Lockdowns und von der Bedeutung der Spielgruppen für Kinder.

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Gemeinsam, und mit tatkräftiger Unterstützung von Rainer Weichelt, einigten sich die beiden auf einen Antrag an Bürgermeisterin Bettina Weist: Sie soll je einen Brief an NRW-Jugendministerin Josefine Paul (Grüne) und den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) schreiben, mit einer dringlichen Bitte: die zeitbegrenzte Lockerung von Vorgaben in Kitas.

Wie NRW und LWL die Gladbecker Kita-Situation entschärfen sollen

Denn in manchen Einrichtungen bestünden Kapazitäten, Kinder, die 2024 schulpflichtig werden, noch mit einem Betreuungsplatz zu versorgen, erklärte Weichelt, die Vorgaben von höherer Stelle erlaubten bloß manchmal nicht mehr. „Ich erinnere mich an einen Fall, da stand ein Schrank in einem Raum, deswegen durften dort nicht so viele Kinder schlafen, wie gepasst hätten.“ Nun also die Idee: Wenn Ministerium und LWL die Daumenschrauben lockern und den Einrichtungen mehr Plätze genehmigten, könnten die unversorgten Kinder zumindest ein knappes Jahr Kindergarten erleben, bevor sie in die Schule kommen.

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Rainer Weichelt formulierte schon einmal einen Antrag vor, gemeinsam mit Dyhringer, Wichert und Dietmar Chudaska (Bürgervertreter für die Grünen). Dass die Ausschussmitglieder mit ihrer Idee beim Ersten Beigeordneten einen Nerv getroffen hatten, daraus machte er keinen Hehl. Mit Blick auf die Regelungen von Land und LWL sprach er von einer „zu hohen Regelungsdichte in unserem Land“, und legte noch ein wenig nach: „Das sind Idiotien, da verstehen Sie die Welt nicht mehr.“