Gladbeck. „Flirren ist menschlich“ heißt die aktuelle Ausstellung in der Neuen Galerie. Was die beiden Künstler aus Berlin und München in Gladbeck zeigen.
Sie lebt in München, er in Berlin – und aufeinandergetroffen sind Viola Relle und Stefan Müller nun erstmals in Gladbeck. Gemeinsam stellen sie in der Neuen Galerie aus, sozusagen verkuppelt von Luisa Schlotterbeck, der Künstlerischen Leiterin. Für sie ist’s eine Premiere: Zum ersten Mal hat sie eine Ausstellung mit zwei Kunstschaffenden kuratiert.
Davor habe sie bisher zurückgeschreckt, sagt sie. Häufig wirkten solche Duo-Ausstellungen erzwungen, es werde etwas zusammengebracht, was gar nicht zusammengehöre. Diesen Eindruck hat sie bei Viola Relle und Stefan Müller überhaupt nicht. „Das geht wahnsinnig toll zusammen.“ Und das finden auch die Bildhauerin und der Maler, die in dieser Woche die Ausstellung gemeinsam mit Luisa Schlotterbeck aufgebaut haben. Müller „bespielt“ mit seinen Bildern die grauen Betonwände, Relles Skulpturen stehen auf der weiträumigen Fläche in der Neuen Galerie – und das alles unter der Überschrift „Flirren ist menschlich“.
Viola Relle arbeitet viel mit Ton, Maler Stefan Müller zeigt in Gladbeck zwei neue Arbeiten
Für die Ausstellung in Gladbeck haben sich Relle und Müller ins Zeug gelegt. Der Berliner zeigt zwei neue Arbeiten, die Münchenerin hat im vergangenen Dreivierteljahr fünf Skulpturen geschaffen, die nun erstmals der Öffentlichkeit präsentiert werden. Die 31-Jährige, in Budapest geboren, sah sich quasi gezwungen, denn ihr Fundus gab nicht genug her für eine Ausstellung. In der Vergangenheit hat sie eng mit Raphael Weilguni zusammengearbeitet, nunmehr ist sie als Solokünstlerin aktiv. Die Kuratorin, sagt Viola Relle, habe ihr freie Hand gelassen bei dem, was für die Ausstellung in Gladbeck entsteht.
Viola Relle greift in der Regel auf Ton zurück, den sie ganz unterschiedlich bearbeitet – mal wird er glasiert, mal bemalt, mal zu kleinen Seen mit Wasser geformt. Die Skulpturen erinnern teils an Darstellungen des menschlichen Körpers und gewähren Einblick ins Innere, wo es flimmert und flirrt. Kleine Mosaike finden sich auf den Arbeiten, mit den Fingern hat Viola Relle Muster in den Ton gearbeitet. Überall gibt’s für den Betrachter etwas zu entdecken. Luisa Schlotterbeck spricht von einer „Ästhetik des Unvollendeten“.
Stefan Müllers Arbeiten beschäftigen sich mit dem Schweizer Schriftsteller Robert Walser
Wie transportiert man solche Kunstwerke von München nach Gladbeck? Ganz einfach. Weil ihr nur ein kleinerer Brennofen zur Verfügung stand, setzen sich die großen Skulpturen aus einzelnen Stücken zusammen – wie ein dreidimensionales Puzzle, das vor Ort in der Galerie wieder zusammengesetzt worden ist und nun in der Neuen Galerie nur noch den richtigen Standort finden musste.
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Da hat’s Stefan Müller mit dem Transport seiner großformatigen Bilder schon etwas schwieriger. Der Künstler, 1971 in Frankfurt geboren, hat für die Ausstellung in Gladbeck zwei Arbeiten angefertigt, die den Schweizer Schriftsteller Robert Walser zeigen – einmal bei einem Schneespaziergang, die der Literat geliebt hat. Bei einer dieser Winterwanderungen kam Walser 1956 durch einen Herzschlag ums Leben – Müller thematisiert das in seiner zweiten Arbeit. Wie ist er auf diese Idee gekommen? Diese Frage werde ihm oft gestellt, sagt Müller, und er antworte dann stets: „Ich habe keine Idee.“
Beide Künstler haben Verbindungen ins Ruhrgebiet
Die Idee entstehe erst bei der Arbeit. Er habe Leinwand und Pinsel und natürlich ein „Vokabular“ für die Kunst. Und damit gehe er ans Werk. Für ihn sei das Schaffen wie ein „Kopfsprung ins Wasser“ – mit Angst, Unwissenheit und ganz viel Leidenschaft. Der Berliner: „Der Zufall ist mein Freund.“ Stefan Müllers Malerei ist abstrakt und überzeuge, so Luisa Schlotterbeck, „durch ihre Zärtlichkeit und die Visualisierung der Unbedingtheit von Malerei“.
Wie ist es, von den großen Kunstmetropolen München und Berlin in die Provinz nach Gladbeck zu kommen? Wie ein Nachhausekommen, antwortet Stefan Müller, dessen Großmutter – oder Omma, wie der Künstler sagt – aus Dortmund stammt. Auch Viola Relle ist das Ruhrgebiet vertraut. Sie hat mit einem Stipendium von Urbane Künste Ruhr einige Monate in Duisburg gelebt und gearbeitet. Regelmäßig Ausstellungen sind für die beiden ein wichtiger Antrieb in der künstlerischen Arbeit. Stefan Müller: „Das ist cool, auf der Bühne zu stehen. Das ist cool, wenn die Leute einem auf die Schulter klopfen.“ Und schlechte Kritik sei immer noch besser als überhaupt keine Resonanz auf die Arbeit.
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Die Ausstellung wird am Freitag, 23. Februar, um 19.30 Uhr eröffnet. Zur Einführung spricht Britta Peters, Künstlerische Leiterin von Urbane Künste Ruhr. Bis zum 21. April ist die Ausstellung in der Neuen Galerie, Bottroper Straße 17, zu sehen – immer mittwochs bis sonntags von 15 bis 20 Uhr. Zur Ausstellung, sagt Galerie-Leiterin Luisa Schlotterbeck, erscheinen Editionen.