Gladbeck. Förster Markus Herber gab im Umweltausschuss einen Zustandsbericht. Bäume leiden in Gladbeck unter Hitze, fallen Pilzen und Käfern zum Opfer.

Der Wald ist krank. Daran lässt Förster Markus Herber keinen Zweifel, als er den Mitgliedern des Umweltausschusses einen Bericht über die aktuelle Situation des Baumbestandes gibt. Eine andere Aussage hätte wohl auch jeden überrascht, der mit aufmerksamem Blick in der Natur unterwegs ist.

Gladbeck: Trockenheit und Alter machen die Bäume anfällig

Abgestorbene Äste, Pilz- und Käferbefall sowie Blätter, die bereits im Sommer herabgefallen sind und unter den Füßen rascheln – so sehen keine gesunden Bäume aus. Das sagten sich auch SPD und Grüne, die einen Sachstandsbericht beantragt hatten. Herber machte aus seiner allgemeinen Einschätzung – „Wir Förster sind mit dem Zustand nicht zufrieden“ – keinen Hehl. Der Klimawandel geht dem Wald gewaltig unter die Borke. Besonders leide die „Monokultur Fichte“. Diese „Patientin“ sei beispielsweise besonders anfällig für Borkenkäfer.

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Aufgrund wochenlanger Hitze und fehlenden Regens warfen die Bäume an der Buerschen Straße in Gladbeck im Sommer ihr Laub ab.
Aufgrund wochenlanger Hitze und fehlenden Regens warfen die Bäume an der Buerschen Straße in Gladbeck im Sommer ihr Laub ab. © Funke Foto Services GmbH | Joachim Kleine-Büning

„Die Fichte gibt’s in Gladbeck nicht“, ergo auch nicht das Problem, „dass wir sie verramschen müssen“. Denn das Holz bringe kein Geld ein. Wer allerdings Herbers Feststellung für die Lage vor Ort aufatmend als Entwarnung auffasste, sah sich schnell auf dem Holzweg. „Wir haben hier andere Probleme“, zerstörte der Fachmann vom Landesbetrieb Wald-und-Holz NRW die Hoffnungen mancher Ausschuss-Mitglieder. Stressfaktoren wie die anhaltende Hitze und Trockenheit vergangener Sommer sowie das Alter, das so mancher Baum auf der Rinde hat, machten sich bemerkbar. „Da gehen alte Buchen kaputt.“ Immerhin stehen im Wittringer Wald zum Teil 180 bis 200 Jahre alte Bäume, ihnen fehle es irgendwann an Vitalität.

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Hinzu kommen holzzersetzende Pilze wie der Zunderschwamm, die ihnen den Garaus machen. „Das ,Kleine weiße Stängelbecherchen’ rafft die Esche dahin“, führte Herber ein Beispiel an. Der hübsche Name lässt Laien kaum ahnen, dass der Pilz der Baumart den Tod bringt. Kennzeichen sind absterbende Triebe, brechende Äste. Eschen verwelken von der Krone her. Aber der Buche ergeht es nicht besser, sollte sie von Weißfäule befallen sein. „Der Baum sieht von außen gut aus, ist jedoch im Innern hohl“, so der Förster.

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Auch die Eichen bereiten ihm nach anhaltenden Trockenheitsperioden Sorgen: „Trotz des Regens gibt es keine Reserven im Boden.“ Erschreckend trocken sei das Erdbereich auch noch in einer Tiefe von zwei Metern.

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Baumarten und Hintergrund

Die Fichte ist im Waldbestand des Landes Nordrhein-Westfalen mit 36 Prozent am stärksten vertreten, so Förster Markus Herber. Der Anteil der zweitgrößten Gruppe, die der Buche, beträgt 16 Prozent. 15 Prozent entfallen auf die Eiche. Erst auf dem folgenden Platz kommt ein Nadelholzgewächs: die Kiefer mit acht Prozent.

Bei dem Gros der Bäume im Land handelt es sich um Laubbäume, die knapp über der Hälfte (52 Prozent) ausmachen. Folglich bleibt für Nadelbäume ein Anteil von 48 Prozent.

Nordrhein-Westfalen verfügt über rund 935.000 Hektar Wald, das entspricht 27 Prozent der Landesfläche. Der Waldzustandsbericht NRW besagt, dass nur jeder fünfte Baum keinerlei Schäden aufweist. Bei 42 Prozent wurde eine Kronenverlichtung festgestellt – das sind drei Prozent mehr als im Vorjahr.

Stehen kranke Bäume an Bürgersteigen und Spazierwegen, stelle sich die Frage nach einem potenziellen Sicherheitsrisiko. Schließlich könnten mitunter sieben, acht Meter lange, armstarke Äste, einfach so ohne Vorwarnung oder Sturmböen, herunterstürzen. Bei solch einer Gefahr gebe es nur eine einzige Antwort: Die Axt muss ‘ran. Herber: „Es tut einem weh, wenn man riesige Bäume fällen muss.“ 150 kranken Rotbuchen und Eichen schlug im Jahr 2019 nach einer Lebenszeit von durchschnittlich 145 Jahren im Wittringer Wald das letzte Stündlein.

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Aber was tun, damit es nicht in absehbarer Zeit zigfach heißt: „Mein Freund, der Baum, ist tot“? Ein Patentrezept hat Herber nicht in der Tasche. Gladbeck sei dank der Alleen grün und betreibe vorbildlich Aufforstung. Ein stabiler Mischwald mit Lärche, Tanne, Douglasie, Birke und Esskastanie, um nur einige Arten zu nennen, könne viel wert sein. Er empfahl ebenfalls, Bäume in der Innenstadt zu pflanzen, „wo es geht“. Das bringe zwar Kosten mit sich: „Aber darum kommen wir nicht herum.“ Nicht zu vergessen ein bewusster Umgang mit dem Material: „Wir sollten jedes Möbelstück, jede Holzbauweise überdenken.“

Wie gern hätte Herber eine Glaskugel, um sich – und den Baumbestand – auf zukünftige Bedingungen einstellen zu können! Pläne schmiedet er, der unter anderem auch als Berater der Stadt Gladbeck zur Seite steht, nicht. Er sagt: „Wir gucken, was das Klima macht, und reagieren.“ Wird es wieder ein Extrem-Sommer mit Temperaturen um die 40 Grad Celsius für unsere Breiten? Dann sind die Tage für manche, vielleicht jetzt schon angeschlagenen Bäume gezählt. Er wünscht sich deshalb: „Am besten soll es den ganzen Sommer über kühl und nass bleiben!“