Gladbeck. Inflation, Krieg, Armut: Roger Kreft vom Gladbecker Bündnis für Courage sieht den sozialen Frieden gefährdet. Das sind Lösungsansätze.
Corona-Pandemie mit all ihren Einschränkungen, der fortdauernde Krieg in der Ukraine, Flüchtlinge, Inflation, Energiekrise: Die Zeiten sind kompliziert und für viele Menschen in Gladbeck kaum zu stemmen. Dieses Paket mit Problemen macht etwas mit der Gemeinschaft. Fachleute aus der Wissenschaft sehen eine zunehmende Spaltung der Bevölkerung. Nicht nur dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinanderklafft, auch Gesinnungen und Interessen zerreißen die Gesellschaft. Eine Entwicklung, die Roger Kreft vom Gladbecker Bündnis für Courage zutiefst beunruhigt und umtreibt. Doch er kann sich Auswege vorstellen.
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Kreft will nicht übertreiben, wenn er sagt: „Die Demokratie in der Welt ist gefährdet. Kriege, Hungersnöte, Corona hinterlassen Spuren. Das merkt man in Gladbeck vielleicht nicht so.“ Dabei ließen sich bereits seit längerem Anzeichen nicht von der Hand weisen. „Man spürt Unruhe in der Gesellschaft“, bekräftigt Kreft.
Gladbecker Courage-Mitglied stellt fest: „Die soziale Unwucht wächst!“
Und das aus nachvollziehen Gründen, setzt der einstige Gladbecker Spitzen-Gewerkschafter hinzu. Er zählt Symptome auf: „Die Armut ist unter Frauen am höchsten, die Kinderarmut steigt, arme Menschen werden abgeschnitten von Bildung und kultureller Teilhabe, Rentner leiden schwer unter steigenden Kosten.“
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Kopfzerbrechen bereitet Kreft, dass die negative Entwicklung immer schneller und stärker voranschreite – auch wenn die Pandemie kaum noch als Bedrohung empfunden werde. Aber Nachwirkungen und andere Schwierigkeiten setzen den Menschen zu, meint er. „Selbst in der Mittelschicht im Ruhrgebiet ist die Sorge da: Wo können und müssen wir sparen, um beispielsweise Strom und Gas bezahlen zu können“, so das Courage-Mitglied. Der Krieg in der Ukraine habe die Preise angeheizt, „die soziale Unwucht wächst“.
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![Roger Kreft vom „Gladbecker Bündnis für Courage“ warnt: Die Stimmung in der Bevölkerung ist angesichts vieler Krisen und Probleme explosiv. Roger Kreft vom „Gladbecker Bündnis für Courage“ warnt: Die Stimmung in der Bevölkerung ist angesichts vieler Krisen und Probleme explosiv.](https://img.sparknews.funkemedien.de/237811055/237811055_1678002432_v16_9_1200.jpeg)
Der ideale Nährboden für Rechtsextreme, meint Roger Kreft. „Sie sagen den Menschen: ,Wir sind für Euch da!’ und gefährden unsere Demokratie. Ich sehe die Gefahr, dass sie uns um die Ohren fliegt“, warnt der Gladbecker. Die Rechte versuche, aus der Not in der Bevölkerung Kapital zu schlagen, gieße Öl ins Feuer und schüre Rassismus. Kreft stellt fest: „Aggressionen, Unmut und Unzufrieden in der Gesellschaft nehmen zu. Gladbeck ist nach Gelsenkirchen immer noch eine Hochburg der Rechten. Alles, was ich im Jahr 2013 gesagt habe, ist eingetroffen. Erschreckend. Dagegen muss angekämpft werden.“
Blick in den Werdegang
Roger Kreft erblickte in Herne das Licht der Welt, wuchs in Wanne auf. In den 1970er Jahren kam er nach Gladbeck, wo er im Jahre 1977 heiratete.
Als technischer Angestellter im Bergbau war Kreft Betriebsratsvorsitzender. Er engagierte sich in der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) und war DGB-Vorsitzender.
Er spricht für diejenigen in Gladbeck, die dem Fortschreiten dieses Phänomens entgegentreten: „Wir zeigen klare Kante gegen die AfD.“ Auf der Straße, aber auch in Schulen. Das Bündnis für Courage ist bemüht, die Jugend bei Themen wie Rassismus mitzunehmen und in Projekte einzubinden, beispielsweise bei der Verlegung von Stolpersteinen: Wissen und Aufklärung contra Vorurteile, Gewalt und Demokratie-Feindlichkeit.
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Das ist ein Ansatz, um die explosive Stimmung in der Gesellschaft auf so vielen Problemfeldern vor einem Ausbruch bewahren zu helfen. Doch es krankt laut Kreft an allen Ecken und Enden, da tut handfeste Hilfe not. Was unternehmen, wenn das Portemonnaie leer ist und noch ganz viel Monat übrig? Wer füllt den Kühlschrank, bezahlt die Dinge des Alltags?
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„Meine persönliche Haltung ist: Superreiche, die von der Corona-Krise und vom Krieg profitiert und Gewinne gemacht haben“, sollten zur Kasse gebeten werden, um Probleme abzufedern. Für Kreft ist nicht daran zu rütteln: „Reichtum muss umverteilt werden.“ Der 67-Jährige spricht sich für eine Vermögenssteuer aus – und endlich für eine Kindergrundsicherung. Denn in der akuten brenzligen Situation „hilft kein Gießkannen-Prinzip“, Unterstützungspakete der Regierungen wirkten wie ein „Tropfen auf den heißen Stein“. Es ist in Roger Krefts Augen höchste Zeit zu überlegen: „Wir müssen unbedingt den Schwachen helfen. Und wer steht dafür gerade?“ Seine Antwort: „Wer die breiteren Schultern hat, muss mehr tragen als andere!“
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