Gladbeck. Die Unfallzahlen in Gladbeck sind sprunghaft und gegen den NRW-Trend gestiegen. Die Polizei ordnet die Zahlen ein und will beruhigen.

Die Zahl der Verkehrsunfälle in Gladbeck ist gestiegen – und hat damit ein Fünf-Jahreshoch erreicht. Das geht aus dem Verkehrsunfallbericht hervor, den die Polizei Recklinghausen am Mittwoch für das Jahr 2022 veröffentlicht hat. 2518, so oft schrieb die Polizei im vergangenen Jahr das Wort „Verkehrsunfall“ in ihre Berichte. Das sind deutlich mehr als in den Coronajahren 2020 und 2021, wenig verwunderlich allerdings.

Denn während der Pandemie gab es schlicht weniger Ziele, die mit Auto, Fahrrad oder E-Scooter angesteuert werden konnten. Allerdings: Auch im Vergleich zum Vor-Coronajahr 2019 hat es in Gladbeck öfter gekracht. Damals nämlich „nur“ 2341 Mal. Das ist gleich doppelt schlecht für die Stadt. Sowohl im Bereich des Polizeipräsidiums Recklinghausen als auch im gesamten Land NRW nämlich geht der Trend in die andere Richtung. Klar, mehr Unfälle als während Corona. Aber deutlich weniger als 2019. Nicht nur das: Innenminister Herbert Reul (CDU) betont, dass die Zahl der Verkehrsunfälle landesweit die niedrigste seit Beginn der Aufzeichnungen vor 69 Jahren sei.

Gladbeck ist Unfallhochburg im Kreis

Wie kritisch die Lage in Gladbeck tatsächlich ist, offenbart ein Blick auf die UHZ, die Unfallhäufigkeitszahl. Für die wird die Zahl der Unfälle mit 100.000 multipliziert und dann durch die Einwohnerzahl geteilt. Kurz gesagt: Die Zahl sagt aus, wie wahrscheinlich es ist, einen Unfall zu haben.

Diese Zahl liegt in Gladbeck bei 3342. Ein Fünf-Jahres-Hochin der Stadt, und auch weit höher als der Wert im gesamten Revier des Polizeipräsidiums Recklinghausen: Der liegt bei 3041. Mit Ausnahme der weit größeren Stadt Recklinghausen ist Gladbeck damit die statistische Unfallhochburg im Kreis.

Polizei beschwichtigt: Gladbeck nicht besonders gefährlich

Die Polizei will diese Zahlen auf Anfrage der Redaktion nicht schönreden. „Aber einordnen.“ Die Einsatzkräfte blicken bei ihrer Bewertung der Lage nämlich auf die VHZ, die Verunglücktenhäufigkeitszahl. Die errechnet sich wie die UHZ. Bloß, dass sie nur die Zahl der Verletzten und Getöteten betrachtet. „In der UHZ“, so die Polizei, „werden auch Dinge wie Parkrempler erfasst.“

Mit einer VHZ von 385 liegt Gladbeck im Kreis im Mittelfeld. Allerdings, nachdem die Stadt 2021 die niedrigste aller VHZ hatte. „Diese Kennzahl variiert stark“, erklärt die Polizei, „starke Schwankungen wie in Gladbeck zwischen 2021 und 2022 sind nicht ungewöhnlich. Gefährlich wird es erst, wenn sich ein konstanter Trend nach oben abzeichnet.“ Deswegen gibt es in Gladbeck auch keine speziellen Projekte, um auf den neuen Unfallbericht zu reagieren. „Wenn sich Unfallschwerpunkte ergeben, gucken wir natürlich genauer hin. Aber die VHZ ist erstmal kein Anlass für besondere Maßnahmen.“

E-Bikes und E-Scooter sind ein wachsendes Problem

Erfreulich immerhin: In Gladbeck gab es im vergangenen Jahr keine Verkehrstoten. Weniger erfreulich: Die Zahl der Schulwegunfälle ist auf zehn gestiegen, einer mehr als im Jahr 2019. Die Verkehrswende, hin zur Elektromobilität, hat sich auch in den Unfallbericht geschlichen. 2022 verunglückten 38 Fahrer auf Pedelecs, also E-Bikes. Eine Verdreifachung der Unfälle. Rasant geklettert ist auch die Menge der verunglückten E-Scooter-Fahrer, 14 waren es im vergangenen Jahr. Es ist jedoch zu erwarten, dass diese Zahl 2023 fällt – Miet-Roller gibt es in Gladbeck ja nicht mehr.

Verunglückte Kinder, und auch Fußgänger insgesamt, gab es 2022 weniger als vor der Pandemie. Unfälle mit schwerem Sachschaden sind auch unter das Vor-Corona-Niveau gefallen, die Unfälle mit Personenschaden und die insgesamt verunglückten Menschen hingegen haben den Wert von 2019 übertroffen.

Unfälle unter Drogen- und Alkoholeinfluss haben in Gladbeck zugenommen

Erschreckend ist ein Blick auf die sogenannten „Hauptunfallursachen“. Während überhöhte Geschwindigkeit als Ursache immerhin seltener vorgekommen ist, haben Alkohol und Drogen als Auslöser für Unglücke einen großen Sprung gemacht. 22 Mal wurden Unfallfahrer positiv getestet, im Gegensatz zu sieben und vier Mal während und 15 Mal vor der Pandemie.

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Die Polizei erklärt, dass das mit coronabedingtem Mangel an feucht-fröhlichen Veranstaltungen zusammenhängt. Trotzdem: Der Anstieg auf ein Level über dem vor der Pandemie ist bedenklich. Bedenklich außerdem, dass die Aufklärungsquote bei Unfällen mit Personenschäden auf 48 Prozent gesunken ist, 2019 lag die noch bei 80 Prozent. Immerhin: Die Aufklärungsquote insgesamt ist auf 39 Prozent gestiegen, mit Ausnahme von 2020 ein Höchstwert.

Was sind die Unfallschwerpunkte in Gladbeck?

Die Polizei hat für Gladbeck auch die Unfallschwerpunkte zusammengetragen. Die B224 nördlich und südlich der Phönixstraße ist einer davon, genauso beide Anschlussstellen der A2 an der Beisenstraße. Dort, wo die Beisenstraße die Bottroper Straße kreuzt, kracht es auch oft, an den Kreuzungen Konrad-Adenauer-Allee/Sandstraße und Wilhelmstraße/Schützenstraße ebenfalls.