Gladbeck. Die Stadt Gladbeck will der Initiative „Stadtverträglicher Verkehr“ beitreten. Warum im Planungsausschuss darüber kontrovers diskutiert wurde.

Tempo 30 auf allen Straßen in Gladbeck? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Planungs- und Umweltausschuss, als es darum ging, ob die Stadt der Städteinitiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beitreten soll. CDU und FDP witterten darin allerdings nichts anderes, als dass künftig auf sämtlichen Hauptverkehrsstraßen in Gladbeck Tempo 30 gelten könnte.

Tatsächlich sieht die Initiative auch die „Steuerung insbesondere des motorisierten Verkehrs über die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit“ vor, um über eine stadt- und umweltverträgliche Mobilität das Ziel einer „lebenswerten, attraktiven und zukunftsfähigen Stadt“ zu erreichen. Die Verwaltung empfiehlt den Beitritt, auch als „Bekenntnis zur notwendigen Mobilitäts- und Verkehrswende“. Stadtbaurat Dr. Volker Kreuzer sagte, es gehe im Wesentlichen darum, den Verkehr in der Stadt verträglicher abzuwickeln – wozu auch die Absenkung des Tempos gehöre. „Man muss abwägen, was einem wichtig ist.“

FDP: Das läuft ein Tempolimit auf den Hauptverkehrsstraßen in Gladbeck hinaus

CDU und FDP fürchten um die Attraktivität Gladbecks, wenn es zu Temporeduzierungen auf den Hauptstraßen kommt.
CDU und FDP fürchten um die Attraktivität Gladbecks, wenn es zu Temporeduzierungen auf den Hauptstraßen kommt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Für FDP-Vertreterin Christine Dohmann läuft „das auf nichts anderes als auf ein Tempolimit mit Höchstgeschwindigkeit 30 auf den Hauptverkehrsstraßen hinaus“, da in Gladbeck, worauf auch die Verwaltung hinwies, bereits in den meisten Wohnquartieren seit Jahren Tempo 30 gelte. Es blieben nur die Hauptstraßen zur Temporeduzierung. Das sei aber insbesondere auswärtigen Besuchern Gladbecks, die auch den Einzelhandel in der Stadt aufsuchten, nur schwer zu erklären.

CDU-Ratsherr und Parteichef Dietmar Drosdzol sprach von einem „völlig falschen Weg“, durch den Beitritt zur Initiative entstehe leichter ein Spielraum, „um Straßen in Zonen mit Tempo 30 umzuwandeln“. Das könne seine Partei nicht mittragen. SPD-Ratsherr und Parteichef Jens Bennarend entgegnete, der Beitritt zur Initiative bedeute keine Temporeduzierung an sich, sondern die Übertragung von Verantwortung auf die Kommunen. „Statt bundeseinheitlicher Regeln kann jede Stadt individuell verfahren.“

SPD: Mit der Beitritt zu der Initiative ist kein flächendeckendes Tempo 30 verbunden

SPD-Ratsherr Dustin Tix wies darauf hin, dass mit einem Beitritt Gladbecks zur Initiative nicht die flächendeckende Einführung von Tempo 30 im Stadtgebiet verbunden sei. „Das steht da gar nicht drin.“ Auch die SPD sei nicht für ein generelles Tempo 30, zumal das nicht mit den Taktungen des ÖPNV zusammenpasse. Grünen-Ratsherr Andreas Rullmann begrüßte grundsätzlich den geplanten Beitritt Gladbecks in die Initiative als „sehr vernünftige Sache“. Größere Rücksichtnahmen im Verkehr brächten vor allem Fußgängern und Radfahrern Vorteile.

Tatsächlich, so die Verwaltung, fehle oft genug Handlungsspielraum durch die stark auf den Autoverkehr fokussierte Straßenverkehrsordnung, das erschwere in der alltäglichen Praxis Maßnahmen zugunsten von Anwohnern, Fußgängern, Radfahrern und Verkehrsteilnehmern, die eine besondere Schutzbedürftigkeit hätten. Die neue Stadtinitiative sieht als Basis dazu eine abgesenkte Regelgeschwindigkeit. Sie regt daher an, Städten und Gemeinden einen straßenverkehrsrechtlichen Rahmen zu ermöglichen, der es ihnen erlaubt, dass sie selbst Tempo 30 dort anordnen, wo sie es für sinnvoll erachten – auch auf Hauptverkehrsstraßen.

Am Ende votierte der Ausschuss gegen die Stimmen von CDU, FDP und AfD mit 9:5 Stimmen für den Beitritt zu kommunalen Initiative stadtverträglicher Verkehr. Das letzte Wort hat am 9. Dezember der Rat, mit dessen Zustimmung nach dem Votum im Ausschuss aber gerechnet wird.

Für die Menschen in den Städten

Die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ strebt lebendigere, attraktivere öffentliche Räume an, gerade Straßen und Plätze mit ihren vielfältigen Funktionen seien das „Gesicht der Städte“, prägten Lebensqualität und Urbanität, heißt es.Daher sei ein „stadtverträgliches Geschwindigkeitsniveau“ ein wesentliches Instrument, um das Ziel, Mobilität und Erreichbarkeit, aber auch Teilhabe und Aufenthalt zu erreichen. Durch Tempo 30 würden Straßen sicherer und leiser, die Luft sauberer, ihre Funktion als multifunktionaler Raum gestärkt.Die Leistungsfähigkeit würde nicht eingeschränkt, dagegen die Aufenthaltsqualität erhöht. Ohnehin sei Tempo 30 vielfach in den Städten die Regel und nicht die Ausnahme. „Tempo 30 ist eine Maßnahme für die Städte und ihre Menschen und nicht eine gegen den Autoverkehr.“