Gladbeck. Anwohner sind frustriert und verärgert. Sie sehen keine Verbesserung der Lage am Problem-Hochhaus Steinstraße 72 in Gladbeck. Was sie erleben.
Gut Ding will Weile haben, so heißt es doch so schön im Volksmund. Indes: Wie lang soll eine Verbesserung denn dauern? Der Anwohnerschaft im Umkreis der Problem-Immobilie Steinstraße 72 in Gladbeck reißt allmählich der Geduldsfaden. Der Frust ob der anhaltend belastenden Zustände in und um das Hochhaus war im Ausschuss für Sicherheit, Ordnung und Feuerwehr am Montag spürbar. Unerhörte Missstände kamen – wieder einmal – aufs Tapet.
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Ordnungsamtschef Gregor Wirgs wusste zu berichten, dass „jahreszeitlich bedingt die Zahl der Beschwerden zurückgegangen ist“. Seit 1. September seien sieben Kontrollen aufgrund von Klagen aus der Bevölkerung durchgeführt worden. Zum Vergleich: „Zwischen Juni und August waren es 31 Meldungen und Kontrollen.“ Der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) sei mehrfach täglich vor Ort, um die Lage im Blick zu haben.
Gladbecker aus der Nachbarschaft berichten von fliegenden Möbeln, Türenknallen und Müll
Sieben eingeleitete Bußgeldverfahren – es geht um 100 bis 250 Euro – wegen Ruhestörung und polizeiliche Feststellungen (in vier Fällen) weist die aktuelle Statistik aus. Zudem habe es zwei „Abschleppmaßnahmen auf der Parkfläche vor der Immobilie“ gegeben. Zur Bilanz gehören ferner 25 anlassbezogene Melderechtskontrollen sowie 14 festgestellte und geahndete Parkverstöße.
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Eine „Abordnung“ aus der Nachbarschaft verlangte im Ausschuss Antworten auf vielerlei Fragen. Eine davon lautete: „Welche Kosten sind der Stadt Gladbeck für die Reinigungsarbeiten des Geländes im Zuge der Büroeröffnung im Hochhaus entstanden?“ Antwort: 769,88 Euro netto, die allerdings vom Landesförderprogramm Südosteuropa übernommen worden seien.
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Habe die Stadt als Teileigentümerin schon Kontakt mit dem Hausmeister aufgenommen, um unter anderem eine Durchsetzung der Hausordnung zu klären? „Nein“, so die Verwaltung. Sie wolle die kommende Eigentümerversammlung abwarten. Geplant sei, die Einsetzung eines Sicherheitsdienstes zu beantragen. Dezernentin Linda Wagner hofft, „dass wir eine Mehrheit der Eigentümer überzeugen können“.
Wenig beeindruckt zeigten sich die Anwohner von diesen Informationen. An Nachmittagen werde es laut im Hochhaus und drumherum: „Türenknallen, orientalische Beschallung, Kinder, die in der Dunkelheit draußen sind.“ Ein bisschen besser als im Sommer sei es jetzt: „Das liegt am Wetter, es wird weniger gegrillt.“ Eine Anwohnerin stellte fest: „Da zurzeit im Haus die Heizung nicht funktioniert, bleiben die Türen zu. Das macht’s etwas leiser.“ Aber, so ein Nachbar: „Neuerdings müssen wir mit der Polizei diskutieren, was laut ist, im Vergleich zum Sommer sei es doch leise.“
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Durch aufgehängte Teppiche auf den Laubengängen vermittle die Immobilieeinen verwahrlosten Eindruck. Die „Raserei“ auf der Steinstraße bereitet den Anwohnern ebenfalls Kopfschmerzen.
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Nicht zu rütteln ist an der Bewertung, dass es hochgefährlich ist, aus den Obergeschossen Möbel, Schrankteile und Sofas zu werfen. Da riet auch Jürgen Häusler, Leitender Kriminaldirektor im Polizeipräsidium Recklinghausen, diese Vorfälle unbedingt anzuzeigen: „Schränke aus einem Haus zu schmeißen, das ist eine schwerwiegende Straftat.“ Peter Rademacher (CDU) sprach von „akuter Lebensgefahr“. Frustrierte Replik aus der Anwohnerschaft: Was soll das bringen? Diese Verfahren würden doch immer eingestellt. Häusler hielt dem Vorwurf entgegen: Die Polizei ermittelt; für Einstellungen ist die Justiz verantwortlich.
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Video-Überwachung, um die Täter dingfest machen zu können, kam ebenfalls zur Sprache. Doch Häusler entgegnete, dafür müssten hohe rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein.
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Dauerproblem Müll: Den entsorgt laut Wirgs der Hausmeisterdienst. „Leider ist die Nachhaltigkeit nicht so gegeben“, räumte der Amtsleiter ein. Volker Musiol (SPD) regte eine Kampagne mit Dolmetschern zur Müllvermeidung an. Die Verwaltung setzt bereits mehrsprachige Info-Blätter ein. Wirgs: „Das Problem ist die hohe Fluktuation in dem Gebäude.“
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Thomas Weijers (Grüne) schlug vor, Kontakt zu Städten mit ähnlichen Problemen, zum Beispiel Dortmund (Nordstadt) und Duisburg-Rheinhausen, aufzunehmen. Vielleicht könne Gladbeck von Erfahrungen anderenorts profitieren. „Tatsächlich haben wir vor, uns im Januar mit einem Kollegen aus Duisburg auszutauschen“, kündigte Wirgs an.
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Während die Verwaltung Geduld beschwor – „Wir brauchen einen langen Atem“ –, stellte Marco Gräber (AfD) fest: An der Situation „hat sich nichts verändert“. Eine Äußerung, die Anwohner mit einem „So ist es!“ quittierten.