Gladbeck. Einige Tageseltern in Gladbeck bangen wegen hoher Energiekosten um ihre Existenz. Das hätte dramatische Auswirkungen auf die Betreuungslage.
Kindertageseltern in Gladbeck schlagen Alarm: Aufgrund der gestiegenen Energiekosten sehen einige ihre Existenz in Gefahr. „Ich habe keine Möglichkeit, zu sparen. Man muss schauen, wann es sich noch rentiert, zu arbeiten“, so Kindertagesmutter Nicole Lasing-Duleba. Daher stellt sie nun eine klare Forderung an die Politik. Denn wenn Einrichtungen schließen müssten, stünden viele Kinder ohne Betreuungsplatz da.
Nicole Lasing-Duleba ist Regionalgruppensprecherin der Berufsvereinigung der Kindertagespflegepersonen e.V.. Gemeinsam mit weiteren Kindertageseltern aus dem Netzwerk NRW hat die Tagesmutter nun einen Brief verfasst, der in der kommenden Woche an die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses in Gladbeck geschickt werden soll. Darin haben sie eine klare Forderung formuliert: einen Zuschuss für Energie- und Heizkosten in Höhe von monatlich 50 Euro pro zu betreuendem Kind in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 30. April.
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Für die Kinderbetreuung sind feste Raumtemperaturen vorgeschrieben
Denn: Wer Kinder betreut, muss in den Räumen eine vorgeschriebene Temperatur einhalten. Für Zimmer, in denen sich Jungen und Mädchen überwiegend aufhalten, sind es 21 bis 22 Grad, in Schlafräumen 18 bis 19 Grad und im Wickelbereich, also zum Beispiel im Badezimmer, sind es 24 Grad. An den Heizkosten lasse sich also nicht sparen. „Sonst ist es zu kalt auf dem Boden, denn dort spielen die Kleinen ja meistens“, sagt auch Julia Schauenburg, die als Tagesmutter in Gladbeck-Ost fünf Kinder betreut.
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Lasing-Duleba kümmert sich um vier Jungen und Mädchen in ihrer eigenen Wohnung in Zweckel, aktuell zahlt die Gladbeckerin monatlich 150 Euro für Gas. „Nach dem 1. Dezember wird ein neuer Abschlag fällig, und die Ele hat ja bereits angekündigt, dass sich die Preise verdoppeln werden.“ Die Tagesmutter versucht zu sparen, wo es nur geht. Alle Elektrogeräte im Haus hätten etwa die beste Energieeffizienzklasse. Aber warmes Essen für die Kinder am Mittag zu streichen, das gehe nicht. Das sieht auch Julia Schauenburg so. Und: „Wir haben immer noch Pandemie, das darf man nicht vergessen.“ Also werden beispielsweise mehrmals am Tag bei den Kleinen die Hände gewaschen. „Sonst würde man an der Gesundheit der Kinder sparen, und das geht nicht“, so Schauenburg.
Tageseltern sind ein fester Bestandteil der Kinderbetreuung in Gladbeck
Lasing-Duleba sieht ein weiteres Problem: „Aufgrund von Corona sollen wir regelmäßig lüften, aber Heizen und Lüften passt nicht so gut zusammen – besonders nicht, wenn der Winter hart wird.“ Beide Tagesmütter berichten, dass sie viel Zeit mit den Jungen und Mädchen an der frischen Luft verbringen, das Heiz-Problem aber löse es nicht, denn die Heizung in dieser Zeit abzustellen, lohne nicht.
Julia Schauenburg hofft, dass die Politik eine Lösung zur Unterstützung der Tageseltern findet, denn: „Wir sind ein fester Bestandteil der Kindertagesbetreuung. Ohne uns hätte die Stadt Gladbeck ein noch viel größeres Problem bei der Betreuung.“ Ohnehin fehlen in Gladbeck etliche Kita-Plätze. „Sollten wir schließen müssen, stehen einige Kinder auf einmal auf der Straße“, sagt Lasing-Duleba. Aktuell werden 189 Gladbecker Jungen und Mädchen in der Kindertagespflege betreut (innerhalb und außerhalb von Gladbeck), heißt es auf Anfrage von der Stadtverwaltung. Es gibt 47 Tagespflegepersonen. „Das Nachfrageverhalten nach einem Kindertagespflegeplatz ist aufgrund der begrenzten Platzkapazitäten in den Einrichtungen entsprechend hoch“, so Stadtsprecher David Hennig.
Tageseltern bekommen einen festgelegten Betrag pro Kind
In Gladbeck bekommen Tageseltern pro Stunde für jedes Kind 5,80 Euro brutto gezahlt. „Wie wir mit dem Geld klarkommen, ist unser Problem“, sagt Tagesmutter Nicole Lasing-Duleba. Mit diesem Betrag seien Tageseltern in der Stadt jedoch schon gut aufgestellt, in Gelsenkirchen etwa würde dieser bei unter vier Euro liegen.
Tageseltern leisten Steuervorauszahlungen. Die von der Regierung bereitgestellten 300 Euro Energie-Geld seien in einem Monat verrechnet worden, in dem 300 Euro weniger Vorsteuern bezahlt werden mussten.
Tagesmutter denkt darüber nach, in ihren alten Beruf zurück zu kehren
Sorgen machen sowohl Schauenburg als auch Lasing-Duleba die anstehenden Nachzahlungen im kommenden Jahr. „Wenn es fortlaufend bei hohen Preisen bleibt, lohnt es sich nicht mehr, in eigenen Räumen zu arbeiten“, sagt Schauenburg, die zur Betreuung des Nachwuchses eine Wohnung angemietet hat. Seit 2017 ist die 46-Jährige selbstständig, aktuell müsse sie aber schon darüber nachdenken, in ihren alten Beruf als Erzieherin in eine Kindertageseinrichtung zurückzukehren. „Dabei liebe ich meinen Job als Tagesmutter.“
Auch Nicole Lasing-Duleba sieht viele offene Fragen: Wird der Gaspreis noch weiter anziehen, werden Tageseltern als Freiberufler auch von Steuerentlastungen profitieren? „Zurzeit befinden wir uns in einer Schockstarre.“ Es sei ein wichtiger Schritt, nun an die Politik heranzutreten. Eine Demonstration, wie zuletzt von Tagesmüttern in Herne organisiert, schließt sie aber dennoch nicht aus. „Wenn der Brief an die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, der Gelder bereitstellen kann, nicht fruchtet, müssen wir uns andere Schritte überlegen“, kündigt die 45-Jährige an.